Ein Perle in der Asphaltwüste: Landgut Wolfbrunnen | Baselbieter Baukultur #91

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Aller Liebe zum Trotz – Lausen verdient, mal abgesehen vom kleinräumigen und verwinkelten Dorfkern und der reformierten Kirche keinen Schönheitspreis. Was den Schreibenden zu dieser Aussage drängt, ist keineswegs eine persönliche Abneigung, sondern viel mehr ein intensiver Spaziergang durchs Dorf. Hin und wieder allerdings stösst man dabei auf interessante Architekturen. Neben dem Tonwerk am Bahnhof oder der ehemaligen Mühle im Dorfkern führt uns das Landgut Wolfbrunnen ans andere Ende des Bannes.

Landgut Wolfbrunnen, Lausen (bearbeitet), Grundlagen Luftbild © Bundesamt für Landestopografie swisstopo

Landgut Wolfbrunnen, Lausen (bearbeitet), Grundlagen Luftbild © Bundesamt für Landestopografie swisstopo

Als sich der Liestaler Jakob Brüderlin 1769 das Landgut bauen liess, stand es noch alleine auf weiter Flur. Lausen selbst bestand damals – nimmt man ältere Landkarten zur Hand – aus ein paar wenigen Gebäuden. Auch spätere Karten, bereits mit eingezeichnetem Verlauf der Bahnstrecke, zeigen eine langsame Entwicklung bis ca. 1920. Ab diesem Zeitpunkt breitet sich das Dorf stetig bis zur Liestaler Gemeindegrenze aus. Heute sind die Übergänge fliessend. Ein Augenschein vor Ort zeigt: Das Landgut Wolfbrunnen ist gefühlt ein letztes Überbleibsel Grün inmitten von Strassen und asphaltierten Parkplatzanlagen von Discountern, von denen es in Lausen gleich mehrere gibt.

Asphalt wo man hinschaut... © Simon Heiniger / Architektur Basel

Asphalt wo man hinschaut… © Simon Heiniger / Architektur Basel

Um 1824 liess der Bretzwiler Abel Merian eine Scheune anbauen. Ob es sich dabei um den südöstlichen Anbau handelt, der heute noch steht, ist nicht klar. Möglich wäre es aber. 1959 baute das Basler Büro Suter und Suter im westlichen Garten einen Pavillon. Die Fassade des Gebäudes scheint heute, soweit von der Strasse aus erkennbar, leider nicht in bestem Zustand zu sein.

Der Hauptbau liegt direkt an der Strasse © Simon Heiniger / Architektur Basel

Der Hauptbau liegt direkt an der Strasse © Simon Heiniger / Architektur Basel

Der Hauptbau gibt sich in französischem Barockstil. Die Strassenfassade ist streng fünfachsig gegliedert. Der Zugang erfolgt via Vorgarten über einen mittigen Eingang. Ebenso gegliedert ist die Rückseite zum Garten. Die beiden Stirnseiten hingegen sind unterschiedlich. Während die dem Dorf zugewandte Ostfassade über einen mit einem Steildach eingedeckten Annexbau verfügt, so gibt es auf dem Annexbau an der Westfassade die Möglichkeit zum Sonnenbad auf einer Terrasse. Das Mansardwalmdach als oberer Abschluss ist ebenfalls nicht von schlechten Eltern.

Ansicht von Westen STABL_PA_6412_01_01_186, Fotoarchiv der Firma Lüdin AG, Liestal, Staatsarchiv Basel-Landschaft, Foto: Karl Lüdin

Ansicht von Westen STABL_PA_6412_01_01_186, Fotoarchiv der Firma Lüdin AG, Liestal, Staatsarchiv Basel-Landschaft, Foto: Karl Lüdin

Die Denkmalpflege Baselland schätzt die Gebäude als kommunal schützenswert ein, erwähnt insbesondere die Kombination aus Grünfläche, Hauptbau und Pavillon. Etwas unverständlich scheint die Einschätzung der angebauten Scheune. Die Denkmalpflege beschreibt deren Platzierung höchstens als «wenig vorteilhaft» und verkennt dabei den Fakt, dass gerade diese direkt angebaute Scheune das Ensemble regional verankert. So verhalten sich beispielsweise die an den Hofbauten angrenzenden Ökonomiegebäude beim Schloss Ebenrain in Sissach ähnlich, auch wenn dort – anders als beim Landgut Wolfbrunnen – der Hauptbau von massiven Bauteilen freigespielt ist. Entfernte man die Scheune in Lausen, so würde das Landgut seine Ensemblewirkung gegenüber der rauen Umgebung verlieren.

Text: Simon Heiniger / Architektur Basel


Landgut Wolfbrunnen
Adresse: Hauptstrasse 2-4, 4415 Lausen
Architektur Hauptgebäude/Scheune: unbekannt
Architektur Pavillon: Suter und Suter
Baujahr Hauptgebäude: 1769
Baujahr Scheune: 1824
Baujahr Pavillon: 1959
Heutige Nutzung: Stiftung und Wohnheim


Fotos:
– © Simon Heiniger / Architektur Basel
– Karl Lüdin (Fotografie Staatsarchiv)
Karten/Luftbild:
Bundesamt für Landestopografie swisstopo
Quellen:
– Affolter, C. im Auftrag der Denkmalpflege BL (2008), Bauinventar Kanton Basel-Landschaft BIB, Gemeinde Lausen
– Staatsarchiv Kanton Basel-Landschaft, Online-Archivkatalog

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