Facelifting einer Wohnikone: Aus Hammer II wird matt-Q

0

Allen Architektur-Aficionados ist die Überbauung „Hammer II“ im Kleinbasel ein Begriff. Die Architekten Diener & Diener liessen auf die postmodern-angehauchten Wohnbauten „Hammer I“ in unmittelbarer Nachbarschaft Anfang der 1980er-Jahre eine reflektierte, stärker funktionalistisch orientierte Architektur des „Weiterbauens“ folgen. Der Wohnkomplex sei „aus der Auseinandersetzung mit der Geschichte des Ortes, mit Gestalt und Ausdruck von Industrieanlagen“ entwickelt worden, beschreiben die Architekten ihre Haltung.

Visualisierung matt-Q © GRIBI Vermarktung AG

Visualisierung von Aussen matt-Q © GRIBI Vermarktung AG

Neuer Name, neues Image?
Nun steht das Geviert am Riehenring vor einem Reset. Umfassend wurde renoviert und saniert – und bald neu vermietet. „Ab Oktober 2019 werden die ersten frisch renovierten Wohnungen in unterschiedlichen Grössen und ab Januar 2020 Büroräumlichkeiten mit flexiblen Raumaufteilungen vermietet“, schreibt die Gribi Vermarktungs AG. Auch einen neuen, marketingtechnisch optimierten Namen erhielt die Überbauung: Aus Hammer II wurde matt-Q. Was sich wie der Name eines erfolglosen Rappers aus Südchicago anhört, steht für das reichlich unspektakuläre Credo „Mittem im Leben – Wohnen und Arbeiten im Matthäusquartier“.

Grundriss matt-Q © GRIBI Vermarktung AG

Grundriss einer 5-Zimmer-Whnung im matt-Q © GRIBI Vermarktung AG

Monatsmiete von CHF 2’930
Matt-Q? Sieht so Gentrifizierung aus? Die künftigen Bewohner leben „inmitten eines aufstrebenden Quartiers“ mit hohem Hipster-Faktor und Tattoostudio um die Ecke. Eine 5-Zimmer-Wohnung gibt es bei der Neuvermietung für CHF 2930 im Monat. Die 119,2 Quadratmeter Wohnfläche sind «ideal für eine Familie» zugeschnitten. Die Frage sei erlaubt: Ist der stolze Preis an dieser Lage familiengerecht? Man hört es „hello expats, good morning dinks“ rufen. „In der Nachbarschaft ist zudem die Swiss International School beheimatet“, lobt die Vermarktungswebseite die Vorzüge der Lage am Riehenring.

Visualisierung matt-Q © GRIBI Vermarktung AG

Gebogene Wand mit Stütze: Innenvisualisierung matt-Q © GRIBI Vermarktung AG

Grundrisse à la Diener
Die Grundrisse aus Diener’scher Feder wurden im Orginalzustand belassen. Das ist gut so, denn sie haben grosse Qualität. Die schräg gestellte Küchenzeile, die den Wohnbereich geschickt gliedert, wurde genauso belassen, wie die freistehende Stütze, die ganz im Sinne von Perret eine Zonierung zwischen Vorplatz und Wohnzimmer schafft. Oder die drei wohlproportionierten, gut möblierbaren Schlafzimmer à je 14.9 Quadratmeter, die sich zum lärmabgewandten Hof hin orientieren. „Die Räume sind grosszügig gestaltet und lassen viel Spielraum für individuelle Möblierungswünsche“, heisst das in der Vermarktungssprache. Der einzige Kritikpunkt künftiger Mieter betrifft wohl den Balkon, der nicht mit dem Wohnraum verbunden ist. Wie wir wissen, sind Balkone nicht das Lieblingsthema von Diener, deshalb lassen wir das so stehen.

Visualisierung matt-Q © GRIBI Vermarktung AG

Stabparkett im Parallel-Verband als Bodenbelag © GRIBI Vermarktung AG

Marketinggerecht glossy
Die Visualisierungen der renovierten Wohnungen kommen marektinggerecht glossy, aber auch ziemlich langweilig daher. Been there, done that. Das Stabparkett in Parallel-Verband erinnert an das originale Parkett, ist jedoch vom Format her etwas grösser gewählt. Die Wände sind weiss wie eh und je. Eigenartigerweise kommt die Stütze auf der Visualisierung grau daher, obwohl sie ursprünglich ebenfalls weiss gestrichen war. Eine neue Küchenzeile und ein saniertes Bad komplettieren den „modernen Ausbaustandard“.

Fazit
Es ist den Projektentwicklern hoch anzurechnen, dass die ausgeklügelten Diener-Grundrisse im Originalzustand belassen wurden. Ob die Wohnungen tatsächlich wie angepriesen «ideal für Familien»  sind, wird der Markt weisen. Der Blick auf die hohen Mietzinse lässt zweifeln. Die Renditevorgaben der Eigentümerin aus Zürich, der Avadis Anlagestiftung, waren wohl nicht ganz familiengerecht. Es handelt sich auch nicht um gemeinnützigen Wohnungsbau. Der entsteht anderswo in Basel. Zum Glück.

Text: Lukas Gruntz / Architektur Basel


INFO

Weitere Infos zur Vermietung > www.matt-q.ch

Comments are closed.