„Hesch je e scheene Bau do gseh?“

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Der grosse Hitzesommer blieb Basel bisher erspart. Und wem es doch einmal etwas zu warm wurde, dem bot der Rhein die perfekte Abkühlung – oder ein Bier aus der Braubude. Hitzig ging es die Tage einzig auf unserer Facebook-Seite zu, als wir unsere Leserschaft mit dem Stadtmodell-Bild des geplanten Hochhausclusters auf dem Rosental-Areal konfrontierten. Unser Post provozierte über sechzig Kommentare. „Rosental Mitte“ scheint die Gemüter zu erhitzen.

Rosental Mitte: Hochhauscluster und Öffnung des Areals © Bau- und Verkehrsdepartement Basel-Stadt

„Statt Bäume werden Häuser gepflanzt»
Die Frage nach dem Grünraum, den Bäumen, stand dabei für viele im Zentrum. Silvia Kämpfer fragte: „Und wo ist die Begrünung?“ Und Esther Behne bemerkte kritisch: „Statt Bäume werden Häuser gepflanzt, das heisst die Sommer in der Stadt werden zu Glutöfen.“ Ihr sei ein Ausflug in eine italienische Stadt, zum Beispiel ins wundervolle Siena, ans Herz gelegt, wo man in der Altstadt kaum einen Baum findet. Thomas Schaad konterte: „In Basel hat es mehr als genug Bäume. Wir brauchen Häuser, da ja kaum jemand in Bäumen leben und arbeiten möchte.“ Wobei Vreni Gramelsbacher seinen Gedanken humorvoll weiterspann: „Wär doch mal eine schöne Aussicht, das Büro im Baumhaus…“ Auch der WWF sieht die Pläne kritisch. Jost Müller verwies auf seine Stellungnahme: „Ökologisch werden keine höheren Ziele gesteckt. Verdichtungen werfen immer die Frage von kompensatorischen Frei- bzw. Grünflächen auf. Diese Problematik wird nicht angegangen. Im Gegenteil: Vorgesehen ist sogar die Verbauung der aktuell freien Fläche auf dem heutigen Syngenta-Areal. Was wir ablehnen.“

Hochhauscluster «Rosental Mitte» im Basler Stadtmodell © Architektur Basel

Hochhäuser! «Wer braucht die noch?»
In der aktuellen wirtschaftlichen Krisensituation wurde von einigen LeserInnen zudem die Frage nach der Notwendigkeit von zusätzlichen Büroflächen gestellt – wobei gesagt werden muss, dass die Pläne für «Rosental Mitte» noch vor der Coronakrise erarbeitet wurden. Nachdem Novartis diese Woche bekanntgab, auch in Zukunft Homeoffice zuzulassen, stellt sich tatsächlich die Frage, wieviel Büroraum in Basel künftig gebraucht wird – und ob das Hochhaus dafür die richtige Typologie ist. Peter Anisch fasste es folgendermassen zusammen: „Nach den Erfahrungen aus den letzten Monaten und den zu erwartenden Veränderungen hinsichtlich Homeoffice, wer braucht die noch?“ Und Glai Basler meinte etwas überspitzt: „Für was? Der halbe Novartis-Campus wird bald leer stehen.“

Visualisierung Riehenteichanlage © Herzog & de Meuron

Hochhausfans versus Architektenhasser
Wie so oft, kam es auch bei dieser Diskussion zum Clash zwischen den beiden Fraktionen der Hochhausfans auf der einen Seite und den Architektenhassern auf der anderen Seite. Thomas Schaad gehört definitiv zu ersteren: „Mir gefällt es sehr. Es kann in Basel kaum genug Hochhäuser geben.“ Auch Mambo Müller begrüsste die vertikale Verdichtung: „Endlich wird in die Höhe gebaut. Und nicht mehr so blöde 4-stöckige Platzverschwender.“ „Endlich! Aber bitte etwas Richtiges! Der Hüslibrei ist nicht mehr zum aushalten“, doppelte Daniel Stanislaus Martel nach. Weniger begeistert zeigte sich hingegen Susanne A. Kudielka: „Ein Hoch-Tief-Nebeneinander (oder Durcheinander?), das mich jetzt nicht wirklich überzeugt.“ Radikal hingegen der Vorschlag von André Rickenbacher: „Ich würde von den Roche-Türmen bis zum Bad. Bahnhof alle Häuser abreissen und nur noch Hochhäuser bauen. Dann würde es auch einheitlich gut aussehen. Jetzt ist es zum kotzen.“ Und wie so oft kam auch der Basler Minderwertigkeitskomplex zum Vorschein: „Toll! Basel wagt etwas! Da könnte sich Zürich mal was von abschauen“, befand Beat Raeber. Worauf Caspar Schärer trocken konterte: „Toll! Hauptsache man bleibt im Vergleich mit Zürich. Daraus lässt sich genug Energie für ein ganzes Leben ziehen.“ Wer den Kommentar von André Rickenbacher las, kam zum Schluss, dass sich auch aus dem Hass auf Architekten Energie für ein ganzes Leben ziehen lässt: „Das sind Ar(s)chitekte bzw. sie nenne sich so! Aigentlich sind‘s Baupfuscher oder Verschändler! Hesch je e scheene Bau do gseh?“

Status quo versus Visison © Bau- und Verkehrsdepartement Basel-Stadt

Text: Lukas Gruntz / Architektur Basel

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