Sanierung Eisenbahnersiedlung: «Wir zeigen Immobilienbesitzern auf, dass es auch anders geht»

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Die Eisenbahnersiedlung am Tellplatz ist auch ein Stück Wirtschaftsgeschichte: Vor 125  Jahren baute die Schweizerische Centralbahn acht Häuser für ihre Eisenbähnler. Die inzwischen genossenschaftlich verwalteten Wohnungen waren von Beginn an preisgünstig. Seit Anfang April 2019 wird die Genossenschaftssiedlung von Nussbaumer Trüssel Architekten umfassend saniert. Das Dach, die Bäder, die Küchen, die Leitungen und die Wohnungstüren werden ersetzt oder erneuert, Brandschutz- und Erd­bebensicherheitsmassnahmen ergriffen. Zudem erhalten die 48 Wohnungen einen Balkon. In den Dachgeschossen entstehen sechs neue Studios. Trotz den umfassenden Baumassnahmen wurde keinem einzigen der rund 100 Bewohner gekündigt. Wie das geht, wollten wir im Gespräch von Genossenschaftspräsident Jörg Vitelli erfahren.

Das Dachgeschoss wird komplett neu ausgebaut © Gewona Nord-West

Architektur Basel: Welche baukulturelle Bedeutung hat die Siedlung am Tellplatz?
Jörg Vitelli: «Die Häuser am Tellplatz wurden 1892 als SBB-Arbeiter-Siedlung erbaut und sind heute in der Schutzzone. Sie prägen den Tellplatz wie kein anderer Bau. Deshalb gehört es zur Verpflichtung der Gewona Nord-West, zu diesem baulichen Erbe Sorge zu tragen.»

Inwiefern wurden denkmalpflegerische Fragen in die Projektentwicklung integriert?
«Unsere Baukommission hatte von Anfang an Kontakt mit der Denkmalpflege. Das hatte uns sehr geholfen bei der Gestaltung und Anordnung der neuen Balkone auf der Hofseite. Aber auch bei den anderen Arbeiten, wie dem Fensterersatz oder dem Abbruch der Kamine, haben wir die Anliegen der Denkmalpflege ins Projekt eingearbeitet.»

Über den Dächern des Tellplatz © Gewona Nord-West

Welche Massnahmen umfassen die Sanierungsarbeiten?
«Es ist eine umfassende Sanierung: Von der Gebäudehülle, welche die Dachisolation, den Anbau der neuen Balkone umfasst, zur Innensanierung, wo neue Küchen, ein neues WC/Bad, neue Wohnungstüren eingebaut werden. Dazu kommt der Ersatz sämtlicher Elektro- und Sanitär-Leitungen.  Mit der Reduktion der Mansarden im Dachstock von sechs auf dir konnten wir zudem ein schönes Studio einbauen.»

Deckendurchbruch im Bereich des Bads © Gewona Nord-West

Alle MieterInnen können Ihre Wohnungen behalten.  
«Ja. Und das trotz intensiver und aufwändiger Bauarbeiten…»

Wie gelingt das?
«Die Mieterinnen und Mieter mussten für zwei Monate ausziehen. Allen wurde eine Rochadewohnung angeboten. Wir halfen Ihnen zudem beim Zügeln, da es viele langjährige Mieterinnen hat.»

Montage der Balkone auf der Hofseite © Gewona Nord-West

Inwiefern hat das Projekt Vorbildcharakter für andere Genossenschaften oder für private Immobilieneigentümer?
«Mit unserer Sanierung zeigen wir auf, dass es möglich ist, umfassende Wohnungsrenovationen ohne Leerkündigungen durchzuführen. Alle Mieterinnen und Mieter wurden kostenlose Zügelhilfen angeboten. Sie zahlten zudem in den zwei Monate während der Rochade keinen Mietzins. Unsere Genossenschaft zeigt am Beispiel Tellpatz, dass auch tiefgreifende Sanierungen im bewohnten Zustand durchgeführt werden können. Wir zeigen Immobilienbesitzern auf, dass es auch anders geht.»

Blick in ein bezugsbereites Wohnstudio unter dem Dach © Gewona Nord-West


Weitere Infos zum Projekt > https://www.gewona.ch/tellplatz

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