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best architects? «Gradmesser der architektonischen Entwicklung im Spitzensegment»

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Im Instagram-Feed sind sie grad ziemlich präsent. Die mit dem Label «Best architects» ausgezeichneten Projekte des neusten Jahrgangs «25». Voller Stolz präsentieren die prämierten Büros ihre Bauten. Hier geht es schliesslich um die selbsternannte «Auszeichnung der Avantgarde der Architekturszene». In unserem heutigen Artikel wollen wir wissen, was hinter dem omnipräsenten Award steckt.

bestarchitects.deFindige Werbeagentur
«Der ‘best architects award’ zählt zu den renommiertesten Architekturauszeichnungen und ist Gradmesser der architektonischen Entwicklung im Spitzensegment», lesen wir auf der Webseite des Awards. Das fängt schon mal gut an. Bescheidenheit tönt anders. Und weiter: «Die Auszeichnung ‘best architects’ gilt seit ihrem Bestehen als Gütesiegel für herausragende architektonische Leistung. Sie positioniert die prämierten Architekten und Architekturbüros an der Spitze der internationalen Architekturszene.» So geht das. Hinter dem hochtrabenden Marketingsprech steckt – welch Überraschung! – eine findige Werbeagentur. Sie heisst zinnobergruen und hat ihren Sitz im deutschen Monheim am Rhein. Sie erschuf das Label «best architects» im Jahre 2006 mit der Absicht, eine Art Jahrbuch der Architektur in den deutschsprachigen Ländern zu publizieren.

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Early-Bird-Rabatt

Die Prämierung gibt es nicht umsonst. Werbung ist selten gratis. Zuerst bezahlt man als Architekturbüro eine Gebühr zur Einreichung seines Projekts. Wer dies frühzeitig tut, profitiert von einem «Early-Bird-Rabatt», wie wir auf der Webseite erfahren. Die Terminologie erinnert eher an eine Buchungsseite von EasyJet – als an ein «Gütesiegel für herausragende architektonische Leistung». Die Anmelde- und Publikationsgebühr wurden über die Jahre stets angehoben. 2024 betrug sie über 2’500 Euro für die Reproduktions- und Bearbeitungskosten. Bei 83 ausgezeichneten Werken kamen also rund 200’000 Euro an Gebühren zusammen. Die Publikation ist jeweils für rund 90 Franken im Fachhandel erhältlich, was weitere Einnahmen generiert. Das Geschäftsmodell ist durchdacht.

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Schweizer Dominanz

Obwohl der Award aus Deutschland stammt, ist der Fakt interessant, dass mehrheitlich Architekturbüros aus der Schweiz teilnehmen. Im Zeitraum von 2006 bis 2023 befanden sich von insgesamt 1’373 prämierten Projekten 93 Prozent in Ländern des deutschen Sprachraums, davon 27 Prozent in Deutschland, 14 Prozent in Österreich und 51 Prozent in der Schweiz. In Anbetracht der Grösse des Landes – im Vergleich zum nördlichen Nachbarn – ist das überraschend. Vielleicht spricht es für die hohe Qualität des Schweizer Architekturschaffens oder für die finanziellen Möglichkeiten der hiesigen Büros. Auffällig ist ebenfalls die Abwesenheit von vielen jungen Architekturbüros – Ausnahmen sind Mentha Walther oder Kollektiv Marudo – und das Fehlen der ganz grossen Namen, wie Herzog & de Meuron. Aber auch Esch Sintzel, die mit ihrer Umnutzung des ehemaligen Weinlagers in Basel so ziemlich jeden Preis abgeräumt haben, sucht man auf der «best architects»-Gewinnerliste vergebens.

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Mit Leidenschaft, aber ohne Relevanz?

Die Qualität der ausgezeichneten Bauten ist gut. Und trotzdem: Die gekürte Auswahl ist in keiner Weise repräsentativ. Die finanzielle Hürde für Teilnahme und Publikation sorgt dafür, dass sich viele Büros erst gar nicht bewerben. Das schmälert die inhaltliche Relevanz des Awards. Es ist augenfällig: mit dem Gold-Label ’25 wurden hauptsächlich Neubauten bedacht. «Die eingereichten Arbeiten wurden fast ausnahmslos mit viel Leidenschaft entwickelt und zeichnen sich durch einen sensiblen Umgang mit dem Kontext aus», lautet das generische Fazit der Jury. Die Fragen des Bauens in Zeiten der Klimakrise sind im «best architects»-Diskurs wenig präsent. Ob sich die «prämierten Architekten und Architekturbüros an der Spitze der internationalen Architekturszene» positionieren, bleibt ebenso fraglich. Ein cleveres Marketinginstrument – und ein gutes Geschäftsmodell – ist der Award allemal. Da besteht kein Zweifel. Ob er hingegen tatsächlich die «architektonischen Entwicklung im Spitzensegment» widerspiegelt, bleibt eine andere Frage.

Text: Lukas Gruntz / Architektur Basel


Quellen:
https://bestarchitects.de/de/home.php
https://www.db-bauzeitung.de/news/best-architects-25/
https://de.wikipedia.org/wiki/Best_Architects

 

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