Historische Baukultur hat in der Hotellerie vielerorts einen schweren Stand: Oft sind wertvolle Bauwerke durch wirtschaftlichen Druck und mangelnde Nachfolgelösungen gefährdet. Durch unsorgfältige Umbauten drohen sie ihre Ursprünglichkeit zu verlieren. Das Gegenteil ist vor den Toren Basels gelungen: Das historische Waldhaus im Hardwald lädt seit Februar dieses Jahres wieder zum Besuch ein. Nach fünfzehn Monaten umfassender Sanierung strahlt es in neuem Glanz. ARS Architektur suchte den Dialog zwischen reicher Vergangenheit und zeitgenössischem Design. Die Grenzen zwischen Alt und Neu wurden verwischt. Dabei ist ein fröhliches Haus am Ufer des Rheins entstanden.
Sanierung und Erweiterung eines regionalen Kulturguts
Das Waldhaus, das vier Jahrzehnte lang ununterbrochen gepachtet wurde, unterzog sich einer spannenden Verwandlung, um den heutigen Ansprüchen von Gastronomie und Hotellerie gerecht zu werden. Dabei stand nicht nur die Erneuerung der in die Jahre gekommenen Bausubstanz und veralteten Technik im Fokus, sondern auch die Wiederbelebung des einzigartigen Charmes dieses «Kulturguts». Das Waldhaus hat eine lebendige und reiche Vergangenheit. Das Haupthaus wurde 1905 von E. Bratteler-Neukomm (1911-1940) erbaut. In den folgenden 30 Jahren wurde erweitert mit Nebengebäube, Gartenanlage, Terrasse, Toilettenanlagen und Vergrösserung des Saals. Nach einem Brand im Nebengebäude 1971 folgten bis 1990 mehrere Sanierungen.
Dialog zwischen alt und neu: Die Inneneinrichtung spielt in Form- und Farbgebung auf zeitgenössiche Weise mit Elementen aus der Gründungszeit des Waldhauses Anfang des letzten Jahrhunderts.
Der finanzielle Aufwand war beträchtlich: Die Gesamtkosten für das Projekt beliefen sich auf 11.6 Millionen. Die geplante Projektdauer betrug rund zwei Jahre, wobei die Umbauzeit ungefähr ein Jahr in Anspruch nahm – von November 2021 bis Dezember 2022. Die Bürgergemeinde Stadt Basel agiert als Eigentümer und Bauherr des Projekts, während die Wyniger Gruppe als Pächter wirkt.
Der Umbau verlief nicht ganz reibungslos: Das Projekt stand vor einigen Herausforderungen in den Bereichen Statik und Tragstruktur, Haustechnik, behördliche Auflagen, Budget, Einflüsse der Pandemie und Überraschungen eines alten Hauses. An verschiedenen Orten kamen durchrostete Stützen und morsche Balken zum Vorschein.
Aus dem Dörnröschenschlaf erwacht
Im Erdgeschoss wurden gezielte Öffnungen und Sichtbezüge geschaffen, welche die Flexibilität der Räume und ihre Multifunktionalität unterstreichen. Dies ermöglicht sowohl Verbindungen als auch Abtrennungsmöglichkeiten, wobei Innen- und Außenbereiche miteinander in Dialog treten. Diese Gestaltung eröffnet Raum für eine erweiterte Angebotspalette, darunter Räumlichkeiten für Gruppen, Konferenzen, Festlichkeiten sowie einen Aussenbereich, eine Buvette, eine Bar und eine einladende Lobby. Das Waldhaus entwickelt neue Geschäftsfelder, die sich auf Gastronomie, Events, Seminare und Hotellerie konzentrieren. Die Infrastruktur wurde vollständig erneuert, um heutigen Anforderungen gerecht zu werden.
Transformation und Erweiterung
Die Kapazität der Hotellerie wurde von acht auf zwanzig Zimmer erweitert, um eine komplette Festgesellschaft im «Waldhaus» beherbergen zu können. Die Zimmer im Nebengebäude verfügen über private Außenbereiche und bieten die Flexibilität, durch interne Verbindungen als Familienzimmer genutzt zu werden. Wie das gesamte Gebäude sind auch die Zimmer bis ins kleinste Detail gestaltet und eingerichtet. Durch dezente Farben, insbesondere Grüntöne, wirken sie zeitlos. Die Schlichtheit tut bei all der überbordenden Geschichte des Hauses und den vielen Details gut. Einzig über die Wahl der Deckenleuchten lässt sich streiten.
Es ging ans Eingemachte: Die Veränderungen im Waldhaus waren mehr als blosse Renovierungsarbeiten. Sie würdigen die Vergangenheit und setzen gleichzeitig auf die Zukunft. Das Waldhaus wurde nicht nur modernisiert, sondern erstrahlt in neuem Glanz, während sein charmanter «Kulturgut»-Status intakt geblieben ist. Ohne die Zukunft zu kennen, wagen wir zu behaupten: Das Waldhaus ist bestens gewappnet für die kommenden Jahre.
Text: Laurence Ziegler / Architektur Basel