PETITION GAV ARCHITEKTUR

Arbeitsamt Basel III – ein Baustellenbesuch

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Nachdem wir das Arbeitsamt Basel aus baukultureller Sicht betrachtet haben, begeben wir uns im letzten Teil der Serie auf die Baustelle. Das Gebäude wird derzeit von TrinklerStulaAchille Architekten zum zweiten Mal grundsaniert und sie haben uns die Sanierungs- und Umbaumassnahmen vor Ort gezeigt und erklärt.

Um die ursprünglichen Entwurfsideen zu verstehen, sowie die Systemumstellung der 80er Jahre nachzuvollziehen, studierten die Architekten die Geschichte des Gebäudes. Weil sich in der Zwischenzeit vor allem die Arbeitswelt gewandelt hat und Bauvorschriften geändert wurden, werden einige Grundstrukturen abermals umgestellt. Grundsätzlich versuchen die Architekten die Originalsubstanz und möglichst viele ursprüngliche Elemente zu erhalten, diese, wenn nötig zu rekonstruieren oder weiterzubauen, und stehen für die Eruierung der jeweils angemessenen Methode in engem Kontakt mit der Kantonalen Denkmalpflege. Dabei wird die materielle und farbliche Gestaltung mehr an die 30er als an die 80er Jahre angelehnt sein.

Die Eingangssituation bleibt bestehen. Lediglich die Glasbausteine werden entfernt, damit sich die grosszügige Halle den Besuchenden direkt erschliesst. © Armin Schärer : Architektur Basel

Die Eingangssituation bleibt bestehen. Lediglich die Glasbausteine werden entfernt, damit sich die grosszügige Halle den Besuchenden direkt erschliesst. © Armin Schärer : Architektur Basel

Die Eingangssituation wird nicht wesentlich verändert. Der Zugang zum Gebäude erfolgt weiterhin von der Utengasse und auch der in den 80er Jahren verlegte Naturstein-Boden wird während der Bauphase geschützt und bleibt bestehen. Wo nötig, wird dieser ergänzt.

Die Halle erhält hingegen zum dritten Mal einen neuen Charakter. In offener Struktur wird hier der Empfang und Wartebereich organisiert, als Möbel werden Erstanmeldungs- und Besprechungskojen eingestellt. Im hinteren Teil wird eine offene Wendeltreppe in Ortbeton eingegossen, die das Sockelgeschoss, wo sich die Arbeitsplätze der Berater befinden werden, mit der Halle verbindet.

Im hinteren Teil der Halle wird eine neue Wendeltreppe in Ortbeton eingegossen. Das Oberlicht wird von unten mit einer Isolierverglasung ertüchtigt. © Armin Schärer : Architektur Basel

Im hinteren Teil der Halle wird eine neue Wendeltreppe in Ortbeton eingegossen. Das Oberlicht wird von unten mit einer Isolierverglasung ertüchtigt. © Armin Schärer : Architektur Basel

Als schützenswert wird die Stahlkonstruktion des raumprägenden Oberlichtes erachtet, weshalb diese nicht ertüchtigt und auch die Oberfläche nicht verändert werden darf. Weil in einer bautechnischen Analyse aber festgestellt wurde, dass die unteren Gläser in den 80er Jahren ausgetauscht wurden und nicht mehr im Original erhalten sind, dürfen diese ersetzt werden. In der unteren Ebene wird deshalb eine Isolierverglasung eingesetzt, in der Zwischenebene wird mit dem Einfügen von Nachströmöffnungen eine technische Ertüchtigung ausgeführt.

Wo die Mitarbeitenden zuvor in Einzelbüros arbeiteten, befinden sich heute Flex-Arbeitsplätze in Grossraumbüros. Und die beeindruckende Raumwirkung kommt endlich zur Geltung. © Armin Schärer : Architektur Basel

Wo die Mitarbeitenden zuvor in Einzelbüros arbeiteten, befinden sich heute Flex-Arbeitsplätze in Grossraumbüros. Und die beeindruckende Raumwirkung kommt endlich zur Geltung. © Armin Schärer : Architektur Basel

Da die Trennwände in der Rundung entlang der Fassade nicht geschützt waren, konnten diese entfernt und die kleinteilige Bürostruktur aufgelöst werden. Somit können Grossraumbüros geschaffen werden, mit denen die heute geforderte Flexibilität generiert werden kann. So entstehen zukünftig ausschliesslich Flex-Arbeitsplätze, 180 an der Zahl. Selbst die Amtsleiterin wird keinen festen Arbeitsplatz haben – dafür aber in einem Büro mit beeindruckender Raumwirkung arbeiten.
Auch wenn es für diese eigentlich keinen Bedarf gäbe, bleiben die vielen Öffnungen und Durchgänge bestehen. Ebenso die Einbauschränke entlang der inneren Rundfassade, weil auch diese aufwendige Schreinerarbeit noch immer im Original erhalten ist.

Die Fassade wird weder von innen, noch von aussen verändert. An Musterfenstern wurde die Technik und Glasfarbe getestet und die noch original erhaltenen Fenster werden mit einem relativ aufwendigen Verfahren ertüchtigt. Die Flügel werden ausgebaut, eine Isolierverglasung eingebracht, Entlastungsschlitze eingefräst, und wieder eingebaut. Auch die Beschläge können erhalten und wieder angebracht werden. Um den sommerlichen Wärmeschutz zu gewährleisten, wird die Fassade wieder mit Fallarmmarkisen ausgerüstet, die gestalterisch dem einstigen Sonnenschutz der 30er Jahre entsprechen, heute aber elektrisch gesteuert werden.

Für die überflüssig gewordene Nische gegenüber dem rückgebauten Lift entwerfen die Architekten eine Teeküche. © Armin Schärer : Architektur Basel

Für die überflüssig gewordene Nische gegenüber dem rückgebauten Lift entwerfen die Architekten eine Teeküche. © Armin Schärer : Architektur Basel

Im Kopfbau wurde in den 80er Jahren ein grosser Lift eingebaut, der weiterhin bestehen bleibt und weshalb der zu klein gewordene Lift, der den Korridor in der Rundung unterteilte, rückgebaut werden konnte. Ohne Verengung wurde die runde Aussparung in der Wand gegenüber überflüssig und konnte neu gedacht werden. Für diese entwerfen die Architekten eine Teeküche, die zukünftig als Treffpunkt zwischen den Grossraumbüros fungiert.

Bevor wir uns auf das Dach begeben, werfen wir noch einen Blick in das Sockelgeschoss, wo sich entlang der runden Fassade die Arbeitsplätze der Berater befinden werden. Da das Untergeschoss auf der Rückseite des Gebäudes zum Erdgeschoss an der Rheingasse wird, sind diese natürlich belichtet und stellen vollwertige Arbeitsplätze dar. Über die neue Wendeltreppe wird das Geschoss zudem geöffnet und, wenn auch durch eine Brandschutzverglasung getrennt, direkt mit dem Erdgeschoss verbunden. Um die Wendeltreppe werden die Locker für die Mitarbeitenden angeordnet, die dort ihren tragbaren Arbeitsplatz verstauen können. Im Kern sind die in ihrem Ausmass nicht ganz unerheblichen Technikräume untergebracht, denn auch wenn die Digitalisierung laut Architekten wenig Einfluss auf die Planung hatte, laufen hier einige hundert Meter LAN-Kabel zusammen. Dahinter werden sich die Garderoben für die Mitarbeitenden und der Velokeller befinden.

Weil die Sanitärräume in den 80er Jahren bereits saniert wurden, waren diese nicht mehr im Original erhalten und werden neu gestaltet. © Armin Schärer : Architektur Basel

Weil die Sanitärräume in den 80er Jahren bereits saniert wurden, waren diese nicht mehr im Original erhalten und werden neu gestaltet. © Armin Schärer : Architektur Basel

Auf dem Weg nach oben erläutern die Architekten die technische Sanierung, bei der die Erdbeben- und Brandschutzertüchtigung die grossen Themen sind. Da auch die veraltete Haustechnik komplett ausgetauscht wird, fallen die Sanierungsmassnahmen relativ umfangreich aus. Zur Erdbebenertüchtigung wurden pro Geschoss zwei Wandscheiben eingefügt, die die Raumschicht entlang der runden Fassade nun dritteln. Die Elektroleitungen werden weiterhin in den bestehenden Bodenkanälen verzogen. Auch die im Original erhaltenen Heizkörper werden belassen, lediglich die Oberfläche wird neu behandelt und die Heizverteilung Aufputz geführt. Die übrigen Haustechnik-Leitungen werden später grösstenteils in einer abgehängten Decke verzogen, weshalb der Brandschutz der Stahl-Hourdisdecken vorab mit einem Spritzverfahren aufgebracht wird.

Der Grundriss der ehemaligen Abwartswohnung ist am Boden noch immer ablesbar. © Armin Schärer : Architektur Basel

Der Grundriss der ehemaligen Abwartswohnung ist am Boden noch immer ablesbar. © Armin Schärer : Architektur Basel

Und schliesslich sind wir auf dem Dach angekommen, wo sich völlig unerwartet ein konventionelles Haus auf dem doch unkonventionellen Gebäude befindet. Unter dem Krüppelwalmdach lag die Abwartswohnung, die trotz der Umnutzung in den 80er Jahren zu Büroräumen, in ihrer Struktur noch erkennbar ist. Da dieses im Erdbebenfall nicht standhalten würde und die Ertüchtigungsmassnahmen unverhältnismässig wären, haben die Architekten die Tragstruktur und den Raum umgedacht und eine neue Nutzung vorgeschlagen. Eine Cafeteria, die als Gemeinschaftsraum mit Aussenterrasse einen grossen Zugewinn für die Mitarbeitenden darstellen wird, da es bisher keinen Raum für gemeinsame Mittagspausen gab. Hierfür werden die bestehenden Stahlträger entfernt und eine Stahlkonstruktion als in sich geschlossenes System eingebaut. Die bestehende Dachterrasse wurde minimal vergrössert und weil diese aus denkmalpflegerischen Gründen von der Strasse nicht sichtbar sein darf, muss das Geländer zurückversetzt angebracht werden. Die gleiche Anforderung gilt für die neue PV-Anlage, die auf dem komplett sanierten Dach flach montiert wird.

Von der Dachterrasse werden die Mitarbeitenden zukünftig eine grandiose Aussicht auf den Rheinsprung haben. © Armin Schärer : Architektur Basel

Von der Dachterrasse werden die Mitarbeitenden zukünftig eine grandiose Aussicht auf den Rheinsprung haben. © Armin Schärer : Architektur Basel

So beenden wir unseren Baustellenbesuch mit einer grandiosen Aussicht auf den Rheinsprung und bedanken uns recht herzlich bei TrinklerStulaAchille Architekten.

 

Text: Johanna Bindas, Architektur Basel

 


Generalplaner: Trinkler Stula Achille Architekten
Bauherrschaft: Hochbauamt Basel-Stadt
Realisierung: 2022 – 2025
Baukosten: 16 Millionen, Ausstattung: 2 Millionen

 

 

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