Das S AM wagt den Blick nach Brüssel: Vom 19. Oktober 2024 bis 16. März 2025 zeigt es die Ausstellung «Soft Power – Stadtmachen nach Brüssler Art», die in Zusammenarbeit mit dem Bouwmeester Maître Architecte (BMA) und mit Unterstützung der Region Brüssel entstanden ist. Wir haben am Steinenberg vorbeigeschaut.
Die Ausstellung «Soft Power – Stadtmachen nach Brüssler Art» untersucht die Entwicklung Belgiens zum international anerkannten Hotspot der zeitgenössischen Architektur und des Städtebaus. Die Schau beleuchtet die Rahmenbedingungen, die in Brüssel zum Entstehen einer hochwertigen Baukultur geführt haben. Wettbewerbe sind das wichtigste Instrument des BMA (Bouwmeester Maître Architecte): Sie ermöglichten eine transparente Öffnung der Märkte für Architektur, Stadtplanung und öffentlichen Raum und tragen zur Qualität der Projekte und damit letztlich auch der Stadt bei. Die nicht anonymisierten und international ausgeschriebenen ‹Calls› sind als Hybrid zwischen offenen und eingeladenen Wettbewerben konzipiert. Ein Format, das auch für die Schweiz vermehrt in Betracht gezogen werden könnte?
In Belgien wurde der erste ‹Bouwmeester› 1999 in Flandern eingesetzt. Darauf folgten Antwerpen, Brüssel, Charleroi und Gent. Der Kompetenzbereich des belgischen ‹Baumeisters› ist deutlich grösser als der des historischen niederländischen ‹Rijksbouwmeester›, auf den die Bezeichnung zurückgeht. Der Bouwmeester ist nicht darauf beschränkt, die Regierung in ihrer Rolle als vorbildliche Bauherrschaft zu unterstützen, sondern fördert durch Wettbewerbe, Auszeichnungen und Pilotprojekte auch die gesamte Baukultur. In Brüssel wurde Olivier Bastin für einen Zeitraum von fünf Jahren zum ersten Bouwmeester Maître Architecte (BMA) ernannt. Damals begann die Entwicklung neuer Wettbewerbsverfahren, und sein Nachfolger Kristiaan Borret verfolgt diesen Schwerpunkt während seiner beiden Amtszeiten (Januar 2015 – Dezember 2024) weiter: 400 ‹Open Calls› wurden durchgeführt, die als erste Phase eines Wettbewerbsprozesses fungieren. Dabei werden 3 bis 5 Bewerber*innen aufgrund ihrer Kompetenzen, Erfahrung und Motivation für die zweite Phase ausgewählt werden, in der ein konkreterer Entwurf entwickelt wird.
Wenn Diversität aus der Zukunft der europäischen Stadt nicht wegzudenken ist, dann ist Brüssel ein Modell, um diese Komplexität aufzugreifen. Jedoch gilt heute gerade die Vorstellung, keine Leitkultur zu haben, als interessante Bedingung. Das BMA hat diese Philosophie in Brüssel übernommen und mit einer architektonischen Vielfalt ergänzt, die aus dem Wettbewerbssystem hervorgegangen ist. Der Hauptteil der Ausstellung zeigt 15 Projekte, die die Agenda des Bouwmeester Maître Architecte über die letzten 10 Jahre konsolidiert haben, nicht zuletzt durch die Notwendigkeit experimentelle Verfahren einzuführen und/oder zu entwickeln. Sie spiegeln zudem wider, wie Brüssel jetzt in der Lage ist, sich weniger auf die Rolle als politische Hauptstadt Europas zu konzentrieren und wieder darauf, eine inklusive Heimat für seine Bürger*innen zu sein.
Ausstellung-machen nach Brüssler Art
Das BMA hat Anfang März 2024 einen Wettbewerb zur Ausarbeitung der Szenografie für die S AM Ausstellung lanciert. Ganze 61 Bewerbungen für die erste Phase des Wettbewerbs wurden bis zum 18. März eingereicht. Auf der Grundlage ihrer Qualität und Relevanz sowie der Qualitätsbewertung wurden 3 Teams ausgewählt, um einen Vorschlag zu entwickeln: Aslı Çiçek, Stiller Projects + studiœmile, und POV (Carlos Pena & Damien Nuyts Roussel). Bis Mitte April hatten die Teams Gelegenheit, ihre Vorschläge weiter auszuarbeiten und sie anschliessend in Brüssel Vertreter*innen von S AM, dem BMA und Roxane Le Grelle (Gastkuratorin der Ausstellung) zu präsentieren. Nach den mündlichen Präsentationen und anschliessenden Diskussionen wurde beschlossen, den Auftrag an die in Brüssel basierte Aslı Çiçek und ihr Team zu vergeben. Sie, das S AM und Roxane Le Grelle haben nun gemeinsam an einem endgültigen Konzept gearbeitet.
Der erste Ausstellungsraum führt Brüssel nicht als politische Hauptstadt der Europäischen Union ein, sondern als ein Epizentrum der europäischen Gegenwartsarchitektur. Die Inhalte in diesem Saal bereiten die Besuchenden auf eine architektonische Reise nach Brüssel vor. Eine ‹Light-Box› zeigt über 300 Orte in Brüssel, welche mit jeweils einem Foto von Séverin Malaud vorgestellt werden. Diese Projektorte wurden in den letzten zehn Jahren unter der Leitung von Kristiaan Borrets Team als Wettbewerbe ausgeschrieben. Die Aktivitäten des BMA werden zusätzlich von Kristiaan Borret ‹persönlich› vorgestellt. Eine PowerPoint Präsentation die das Büro oft verwendet um sich selbst vorzustellen wird als Basis für dieses Video genutzt. Im hinteren Teil des Raumes befindet sich ein Arbeitstisch des BMA, das die Werkzeuge des BMA und seine umfangreiche Arbeit sichtbar macht.
In der folgenden zweiteiligen Enfilade des S AM werden 15 Projekte, die vom BMA begleitet wurden, in Themen unterteilt vorgestellt: Productive City, Mixed City, Circular City, Everyday City, Metropolitan City. Darunter bekannte Projekte wie KANAL – Centre Pompidou oder ZIN. Die Auswahl wird durch Projekte im Bereich Sozialwohnungen, öffentliche Räume oder Re-use vervollständigt. Die verschiedenen Instrumente, die das BMA als Teil dieser und anderer Projekte entwickelt hat, werden im begleitenden Audioguide vom BMA Team detailliert beschrieben. Einige Projekte und ihr unmittelbarer urbaner Kontext werden eigens für die Ausstellung als ‹tableaus vivants› (bewegte Standbilder) vom belgischen Architekturfotografen Maxime Delvaux portraitiert. Sie werden auf die Wände des letzten Raums der Ausstellung projiziert und lassen die Besuchenden nach Brüssel ‹reisen›. Dieser Beitrag wird nicht zuletzt auch hörbar sein. Neben Maxime Delvaux, dokumentieren auch die Fotografien von Arvi Anderson, Michiel De Cleene, Dennis De Smet, Delphine Mathy, Thomas Noceto, Bas Princen, Dieter Van Caneghem, und weiterer belgischer Fotograf*innen die einzelnen Projekte der Ausstellung.
Quelle: Medienmitteilung S AM Basel
Fotos: Laurence Ziegler / Architektur Basel
weitere Informationen zur Ausstellung
und dem Begleitprogramm: www.sam-basel.org