Die Argumente der Gegner sind absurd. Man kann es nicht anders sagen. Sie sprechen von einer Architektur, bei der «die ästhetischen Ziele wichtiger sind als ein kindergerechtes Umfeld». Die Kritik richtet sich gegen das Neubauprojekt von Morger Partner am Siegwaldweg in Riehen. Auf das laute Ausrufen folgt jedoch kein einziges, stichhaltiges Argument. Wer das Projekt genau anschaut, erkennt das Gegenteil: Hochwertigen Schulraum für Kinder.
Das Projekt ist eine kleine Erfindung: Die Architekten münzten die baurechtlichen Einschränkungen der Parzelle in einen typologischen Mehrwert um. Mit einer eingeschossigen Bebauung, die keine Abstandsvorschriften einhalten muss, kann die Mitte der Parzelle maximal geöffnet werden. Eine Mauer aus Stampfbeton markiert den Übergang zu den benachbarten Grundstücken, welche sich im Bereich der beiden wertvollen Bäume verformt und den Kronenumfang abbildet. So schmiegt sich der Kindergarten an die Mauer und umgibt einen gemeinschaftlichen Gartenhof. Die Erweiterung setzt sich selbstverständlich an der Mauer mit einem Ergänzungsbau fort und komplettiert die Bebauung zu einem überzeugenden Ganzen. Der Zugang zur Anlage erfolgt stimmungsvoll vom kleinen Strassenplatz her unter der Stieleiche hindurch. Eine grosse Öffnung im Südwesten gibt den Blick in den Hof frei.
Was die Gegner des Kindergartens tun, ist problematisch: Ihre undifferenzierte Architekturkritik untergräbt unsere harterkämpfte Wettbewerbskultur. Das Projekt von Morger Partner wurde 2018 in einem Projektwettbewerb im selektiven Verfahren auserkoren. Insgesamt 17 Beiträge wurden damals eingereicht. In der Jury waren drei SachpreisrichterInnen mit pädagogischer Expertise vertreten. Die funktionale Qualität des Kindergartens wurde ausführlich diskutiert – und für gut befunden. Die Behauptung, dass das Projekt «die entscheidenden Anforderungen nicht erfüllt», zeugt von Ignoranz. Es fehle im Pausenhof der Ausblick, der Kontextbezug, behaupten die Kritiker. Da stellt sich die Frage, von welchem Ausblick sie träumen. Der Blick auf die benachbarten Mehrfamilienhäuser ist nichts Besonderes. Dafür schafft die Hof-Typologie einen starken Aussenraum, wo sich die Kinder geborgen fühlen. Die Komposition aus Innenhof, gedeckten Aussenraum und Aussenwelt – zwischen bestehender Stieleiche und Winterlinde – bietet den Kindern eine reiche Spielwelt. «Vielversprechend sind die interessanten Durchblicke in und durch den Gartenhof, die sich in dieser kleinen und verborgenen Kinderwelt wie von selbst ergeben», beschreibt es der Jurybericht treffend. Was wäre die Alternative? Ein zweigeschossiger Bau in der Mitte der Parzelle mit spärlichem Abstandsgrün zu den Parzellengrenzen. Der Aussenraum hätte viel weniger Qualität als bei der gewählten Hoftypologie.
Die Kindergarten-Gegner behaupten, dass die Kinder «hinter hohen Mauern», an einem abgeschlossenen Ort «versorgt» würden. Auch wenn dies eine bösartige Anspielung auf einschlägige Versorgungseinrichtungen ist, bleibt die Rhetorik durchschaubar. Ein bekanntes Muster: Wer keine Argumente hat, malt den Teufel an die Wand. Denn tatsächlich ist das Gegenteil der Fall: Der Kindergarten ermöglicht Schutz und schafft ein räumliches Umfeld, indem sich die Kinder ungestört entfalten können. Als Architekt, Sohn zweier Lehrer und Mitglied einer Schulkommission in Basel traut sich der Schreibende ein klares Urteil zu: Das Projekt für den neuen Kindergarten am Siedwaldweg ist von guter pädagogischer Qualität. Auch die Kosten sind verhältnismässig. Die budgetierten vier Millionen Franken befinden sich im Rahmen der üblichen Erstellungskosten, wobei es für die Gemeinde kaum eine bessere Investition als in hochwertigen Schulraum gibt. Deshalb ist an der Urne ein klares Ja angesagt: Für die Kinder – und für die Baukultur.
Text: Lukas Gruntz / Architektur Basel