PETITION GAV ARCHITEKTUR

An prominenter Lage: Buol & Zünd gewinnen Wettbewerb für Neubau am Centralbahnplatz

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In der Confiserie Bachmann herrscht geschäftiges Treiben. Gipfeli und Kaffee werden fleissig über den Tresen gereicht. Es ist kurz nach acht Uhr an diesem winterlichen Donnerstagmorgen. Draussen nieselt es. Wir befinden uns in der Liegenschaft am Centralbahnplatz 7. Die Eigentümerschaft plant hier einen Ersatzneubau. In einem Studienauftrag mit gutem Teilnehmerfeld – von Diener & Diener bis Sergison Bates – wurde das passende Projekt auserkoren. Wir werfen den Blick auf alle Beiträge.

Repräsentatives Architekturprojekt gesucht
Zur Ausgangslage: Die Pensionskasse der UBS beabsichtigt ihre beiden bestehenden Gebäude am Centralbahnplatz 7 und 8, direkt am Bahnhof SBB, durch ein neues Geschäftshaus zu ersetzen. Der Erhalt und Umbau der beiden bestehenden Liegenschaften war dabei offensichtlich kein Thema: «Die bestehenden Bürogebäude befinden sich in einem schlechten Gesamtzustand. Die Bauherrschaft beabsichtigt daher, diese Unzulänglichkeiten mit einem Ersatzneubau zu beheben», lesen wir im Bericht. Es ist die altbekannte Wegwerfstrategie: Ersatz statt Reparatur. Mit dem Studienauftrag wurde «ein repräsentatives Architekturprojekt gesucht, welches flexible Büronutzungen in den Regelgeschossen, Raum für Gastronomie und Gewerbe im Erd- und Wohnungen im Dachgeschoss anbietet.»

Erhöhte Dichte konsumieren
Zum Verfahren: Die Durchführung eines einstufigen Studienauftrages auf Einladung mit sieben Teams hatte das Ziel, «ein qualitatives und zeitgemässes Projekt auf den Weg zu bringen.» Die Projekte zeigen unterschiedliche Haltungen zum Umgang mit den benachbarten Gebäuden. Eine zentrale Diskussion betraf den Anschluss an die rückwärtige Passage. «Die sieben auf hohem Niveau ausgearbeiteten Projekte boten trotz der engen Rahmenbedingungen eine Vielfalt an Lösungsvorschlägen und somit eine gute Grundlage für den Jurierungsprozess», heisst es im Bericht. «In den Diskussionen schälte sich heraus, dass die laterale Positionierung der Erschliessungszone einige Vorteile in Bezug auf die Qualität der Grundrisslayouts bietet. Ebenfalls war man sich einig, dass die neu zulässige erhöhte Dichte an diesem Standort unter der Voraussetzung, dass die Belichtung der Räumlichkeiten gewährleistet wird, konsumiert werden kann.» Dichte als Konsumgut? Kontrovers diskutiert wurde die Frage, wie stark die benachbarten Liegenschaften, insbesondere diejenigen, welche nicht UBS gehören, tangiert werden dürfen, um das Projekt zu optimieren. Zentrale war die Frage der Fassade, dem neuen Gesicht zum Bahnhof: Die Diskussion drehte sich darum, welches an diesem Ort ein zeitgemässer Ausdruck der Fassadengestaltung sein kann. Die stimmigste Lösung fanden Buol & Zünd: «Die Fassade fügt sich stark in den Gesamtkontext ein, im Ausdruck und der Gliederung reagiert das Projekt auf die Nachbarliegenschaften und nimmt mit dem verputzten Einsteinmauerwerk die Materialität des Ortes auf.» Wir blicken in unserem heutigen Artikel auf alle sieben Projekte.

Die nachfolgenden Beschriebe stammen aus dem Jurybericht.

 

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Buol & Zünd, Basel

Dem Projektvorschlag liegt eine umfangreiche, historische Analyse des Ortes sowie die Betrachtung des Entwicklungspotenzials mit den Nachbarliegenschaften zu Grunde. Das Projekt schafft mit einem clever gesetzten rückseitigen Einschnitt in den Baukörper zur Liegenschaft Centralbahnplatz 6 attraktive Büroflächen mit sehr guten Lichtverhältnissen. Mit diesem «Mehr» an natürlichem Licht werden vielseitige, flexible Grundrissmöglichkeiten mit hoher Qualität aufgezeigt. Es werden zudem mit der Setzung des Einschnitts zur Liegenschaft Nr. 6 – mit gleicher Eigentümerin- mögliche, interessante Zukunftsszenarien entwickelt. Mit Blick auf die Entwicklung mit der Nachbarliegenschaft wird die Erschliessung im Grundriss lateral entlang der Brandwand gesetzt. Dies ermöglicht in allen Geschossen, insbesondere aber im Erdgeschoss, grosse, zusammenhängende Gewerbeflächen.

© Buol & Zünd

Die Fassade fügt sich stark in den Gesamtkontext ein, im Ausdruck und der Gliederung reagiert das Projekt auf die Nachbarliegenschaften und nimmt mit dem verputzten Einsteinmauerwerk die Materialität des Ortes auf. Die selbstverständliche Eingliederung in den Blockrand und die Gestaltung der Fassade als Teil im Ganzen ist bemerkenswert und mit grosser Sorgfalt entwickelt. Die beiden Attikageschosse werden mit geneigten PV-Panels gestalterisch als Dach gelesen, wobei das letzte Vollgeschoss raffiniert in diese Lesart eingebunden wird.

© Buol & Zünd

Die Ausgestaltung des Ausdrucks in Zusammenhang mit der Gesamtfassade wurde im Gremium kontrovers diskutiert. In der weiteren Bearbeitung soll das Fassadenbild noch selbstbewusster und eindeutiger ausformuliert werden und darf an Farbigkeit und Glanz gewinnen. Die Gewerbeflächen dürfen im Erdgeschoss noch offener in Erscheinung treten und die Ausformulierung zur Platzkante ist zu schärfen.

Der Projektvorschlag setzt sich intensiv mit der Anbindung an die Nachbarliegenschaft auseinander und übernimmt mit allen Konsequenzen deren Geschosshöhen. Die sich nach oben verringernden Raumhöhen sind nachvollziehbar und interessant. Dass jedoch die daraus resultierenden geringen Geschosshöhen, einer möglichen Anbindung untergeordnet werden, erscheint nicht adäquat. Die Geschosshöhen sind deshalb in der weiteren Projektphase unter Berücksichtigung der angepassten Anbindung zu überarbeiten.

© Buol & Zünd

Die hohe räumliche Qualität, die gute Belichtung sowie die Flexibilität der Gewerbeflächen wurden dank dem rückseitigen Gebäudeeinschnitt bewiesen. In der Folge dieses Eingriffs in den Baukörper weist der Projektvorschlag im Vergleich jedoch weniger vermietbare Fläche auf. In der weiteren Bearbeitung soll deshalb die Dimension des Einschnitts optimiert werden. Die lateral gelegenen, grosszügig konzipierten Nebennutzflächen sind im Verhältnis zur vermietbaren Fläche an der oberen Grenze. Die Erschliessung ist teilweise zu schmal und hält die Fluchtwegbreiten nicht ein, die Stahlstruktur mit Brettstapeldecken kann in der Weiterbearbeitung noch optimiert und die Anzahl Stützen minimiert werden. Mit dem rückseitigen Einsprung im Erdgeschoss und der Anordnung der Entsorgung im gedeckten, geschlossenem Aussenraum wird auf die Situation in der Küchengasse angemessen reagiert.

© Buol & Zünd

Der Projektvorschlag hält die geforderten Nachhaltigkeitszielwerte ein, es ist wünschenswert die Grauenergie in der Erstellung noch zu optimieren. Auch wenn die Ausarbeitung noch nicht in allen Teilen ausgereift ist, zeigt sich auf überzeugende Weise, dass auf der Basis dieses Konzeptes und der sorgfältigen Architektur, qualitative Räume und eine adäquate Reaktion am Centralbahnplatz geschaffen werden.

 

Harry Gugger Studio, Basel

An prominenter Lage am Bahnhofsplatz, eingefasst von zwei historisch geprägten Gebäuden, schaffen die Verfassenden einen innovativen und zeitgemässen Ersatzneubau mit einer ausgewogenen Komposition in Holz. Ein Bild, mit einer repetitiven Lochbefensterung, welches sich selbstverständlich zwischen die Nachbarschaften einfügt.

© Harry Gugger Studio

Der Projektvorschlag nutzt die gesetzlichen geometrischen Parameter horizontal wie vertikal vollumfänglich aus und erzielt mit diesen Massnahmen eine vergleichsweise hohe Gesamtgeschossfläche. Rückseitig wird in den Regelgeschossen die sekundäre Erschliessungsgasse bis zur Parzellengrenze überbaut, in den Dachgeschossen folgt das Volumen der baurechtlichen Dachprofilneigung. Das Team schlägt zur Belichtung der tief gestalteten Grundrisse eine seitliche Belichtung mit in der Brandwand liegenden Fenstern vor, welche in den Innenräumen für wohlproportionierte Flächen sorgen und Querbeziehungen im Hof ermöglichen. Diese städtebauliche Absicht zum Hof bringt reizvolle Qualitäten für das Objekt selbst – Ist jedoch aus Sicht des Beurteilungsgremiums im Zusammenhang mit der direkt angrenzenden Nachbarschaft problematisch und insbesondere im gesamtstädtischen Konstrukt des dicht bebauten Hofes sehr ungünstig.

© Harry Gugger Studio

Mit einer minimalen Gebäudestruktur und einer exzentrischen Lage des grosszügigen und zugleich effizient gestalteten Treppenhauskerns wird eine typologische Klarheit wie auch gewünschte Flexibilität und Anbindung an die Nachbarschaft Nr. 6 ermöglicht. Eine kalte Passage im Erdgeschoss beschreibt eine klare Adressierung zum Bahnhof und ist zugleich eine charmante Geste mit grossstätischem Flair, welche der Nutzung im Erdgeschoss zu Gute kommt. Die rückseitige Gassenverbreiterung im Erdgeschoss verbessert die heutige unklare Situation und schafft Platz für die Logistik des Alltags.

© Harry Gugger Studio

Konstruktiv wird das Gebäude konsequent und nachhaltig entwickelt – mit dem Ziel robust und wartungsarm zu sein. Mit dem weitestgehenden Erhalt des Untergeschosses und der Wahl einer Holzkonstruktion in Skelettbauweise und Holzrippendecken von Rematter Holz-Lehm-Elementen wird eine kurze Bauzeit im engen Baufeld ermöglicht. Mit dem Justieren zwischen Flächeneffizienz und Materialverbrauch, neben hohen räumlichen Qualitäten zeichnet sich das Projekt in der Ökobilanzbetrachtung im Vergleich besonders gut aus.

© Harry Gugger Studio

Das Beurteilungsgremium würdigt den sorgfältig ausgearbeiteten Projektvorschlag als überzeugende Antwort, wie an exponierter Lage im historisch geprägten Kontext ein wertiger, zeitgemässer und zugleich zeitloserer Ausdruck entstehen kann. Während der Ausdruck und die Innovation überzeugen, bringt der Vorschlag aufgrund der seitlichen Belichtung in der Brandwand unvertretbare hohe Risiken im Realisierungsprozess im Zusammenhang mit der direkt angrenzenden Nachbarschaft mit sich; ein zukünftiges Weiterbauen wird mit diesem Vorschlag verunmöglicht, Korrekturen in der Grundrissanlage würden zu einer gesamtheitlichen Veränderung führen.

 

Fiechter & Salzmann Architekten, Zürich

Das Projekt zeichnet sich durch seine präzise und klare Haltung aus. Die fein gegliederte Glasfassade schafft eine gute Präsenz am Bahnhofplatz. Die halbrunden PV-Elemente verzieren als Ornamente die feine Textur und verleihen dem Haus eine freundliche Ausstrahlung.

© Fiechter & Salzmann Architekten

Der einfach strukturierte Grundriss verspricht eine gute Flexibilität in der Nutzung. Das Treppenhaus ist bewusst an der Brandmauer zum Haus Nr. 6 gelegen. Dadurch wird die erwünschte Verbindung zum Bestandsbau auf einfache Weise angeboten. Das Treppenhaus ist gut dimensioniert. Der Lift ist für den Transport der Velos zu gering dimensioniert und die Anzahl der Stellplätze genügt nicht. Es werden überzeugend verschiedene Szenarien für eine Büronutzung aufgezeigt. Das Angebot an Toiletten ist eher knapp bemessen und das IV-WC im Erdgeschoss ohne Vorzone ist nicht attraktiv. Die ausgewiesenen Steigzonen sind je nach Nutzung der Ladenfläche bescheiden. Die beiden Wohnungen im 2. Attikageschoss weisen zur Anzahl Zimmer grosse Flächen aus. Das überhohe Erdgeschoss hat einen gut dimensionierten, gedeckten Eingang zu den Obergeschossen und unterstützt mit dieser Geste eine gute Adressbildung. Die Gewerbeflächen sind direkt vom Trottoir zugänglich. Die gesamte Nutzfläche lässt sich gut in zwei Einheiten unterteilen.

© Fiechter & Salzmann Architekten

Die hofseitige Fassade rückt über alle Geschosse um drei Meter von der Parzellengrenze ab. Dadurch entstehen sehr tiefe Grundrisse mit Mittelzonen die wenig bis kein Tageslicht erhalten. Die zum Hof hin ebenfalls voll verglaste Fassade soll eine gute Belichtung der Innenräume gewährleisten. Dies wird in Frage gestellt. Der enge Innenhof wird zukünftig durch die Nachbarparzellen eher noch stärker bedrängt.

© Fiechter & Salzmann Architekten

Das Gebäude ist ein Hybrid mit neuem massivem Untergeschoss und einer primären Tragstruktur in Stahl, sowie Holz-Betonverbunddecken. Die sichtbaren Rippendecken in Holz prägen die Atmosphäre der Räume stark und sind durch die transparente Glasfassade von weitem erkennbar. Die vorgeschlagene Konstruktion ist auf einem holzbaugerechten Raster aufgebaut. Bloss zwei Stützen sind pro Geschoss erforderlich, was eine gute Flexibilität für eine Raumunterteilung erlaubt. Der Zielwert der Emissionen «Erstellung» wird überschritten und ist mit der gewählten Konstruktion zu begründen. Hingegen wird der Zielwert «Erstellung & Betrieb» deutlich unterschritten.

© Fiechter & Salzmann Architekten

© Fiechter & Salzmann Architekten

Beim Projekt handelt es sich um ein sorgfältig ausgearbeitetes Haus, das eine hohe Aufenthaltsqualität verspricht. Die robuste Gebäudestruktur ermöglicht eine hohe Flexibilität zur individuellen Nutzung, jedoch sind die pro Geschoss notwendigen Nebenräume und Funktionsflächen noch sehr minimal gehalten. Die Erschliessung mit der guten Anbindung an die Nachbarschaft wird geschätzt. Die Glasfassade wird jedoch als problematisch angesehen. Die gute Einsicht in die Geschosse vom Bahnhofausgang her ist kritisch zu bewerten und der hohe Wärmeeintrag im Sommer widerspricht einem behaglichen Raumklima. Die äussere Erscheinung wird wohl die meiste Zeit geprägt durch den geschlossenen textilen Sonnenschutz, was wiederum an dieser Lage keine adäquate Geste auf den Centralbahnplatz sein kann.

 

Sergison Bates architects, Zürich

Die Projektverfasssenden sehen den vorgeschlagenen Neubau als Teil des Blockrands, welcher die Dreiteiligkeit sowie die Geschossigkeit der Nachbarbauten aufnimmt und selbstbewusst, markant ausformuliert. Bemerkenswert ist die vertiefte Auseinandersetzung mit der Fassadengestaltung und dem architektonischen Ausdruck zum Centralbahnplatz als eigenständiger Akteur.

© Sergison Bates architects

Die prägende Idee, die Fassade vielschichtig in die Tiefe zu entwickeln, ist interessant und fungiert für die Gewerberäume als nutzbarer Filter zum Centralbahnplatz. Das Spiel mit den unterschiedlichen Ebenen sowie dem nach oben verringerten Öffnungsverhalten in Reaktion auf die jeweilige Nutzung ist äusserst interessant und wird gewürdigt.

© Sergison Bates architects

Die feingliedrige Darstellung der Fassade im Modell konnte das Beurteilungsgremium schwer mit dem Ausdruck auf den Visualisierungen und Plänen zusammenbringen. Durch die Dreiteilung der ehemaligen Doppelfassade entstehen liegende Proportionen, welche zudem in der Materialität mit einem rot eingefärbten Sichtbeton betont werden und sich selbstbewusst von der Nachbarschaft abheben. Das Gremium kommt zum Schluss, dass die Ausformulierung, wie sie im Projektvorschlag gezeigt wird nicht die erwünschte adäquate Antwort im Umgang mit dem Kontext an dieser Lage ist.

© Sergison Bates architects

Der Treppenkern mit den Nebennutzräumen und Steigzonen ist mittig angeordnet, was für die Unterteilung in kleinere Gewerbeeinheiten sowie die Längsteilung in Ost- und Westeinheiten ein Vorteil ist. Für grössere zusammenhängende Gewerbeflächen, insbesondere im Erdgeschoss wurde diese Platzierung eher als hinderlich besprochen. Mit der Lage des Treppenkerns mittig des Baukörpers ist eine zukünftige Anbindung an die Nachbarliegenschaft Nr. 6 nicht ohne Verlust von vermietbarer Fläche zu bewerkstelligen.

© Sergison Bates architects

Aufgrund der Ausdehnung des Baukörpers bis zur rückseitigen Abstandslinie, entstehen tiefe Grundrisse mit im Verhältnis wenig Tageslicht. Die Projektverfassenden schlagen deshalb einen Lichthof bis in das 2. Obergeschoss vor. Ob die Dimension des kleinen, quadratischen, vollverglasten Lichthofs – nebst den technischen Herausforderungen – die gewünschte Wirkung und Qualität für die Gewerberäume erzielt, wird im Beurteilungsgremium angezweifelt. Die Flexibilität der Gewerberäume wird aufgezeigt und die Arbeitsplätze entlang der Platzfassade mit den vorgelagerten kleinen Balkonen sind von hoher Qualität.

© Sergison Bates architects

Die zurückversetzten Zugänge im Erdgeschoss geben eine adäquate Antwort auf die Frage zur Reaktion auf die Platzkante. Durch die vorgelagerten, südseitigen Balkone wird der sommerliche Wärmeschutz konstruktiv, architektonisch mitentwickelt und Massnahmen zur Nachtauskühlung wurden angedacht. Trotzdem werden die Zielwerte zur Ökobilanz nur knapp eingehalten.

Das Gremium würdigt die sorgfältige Bearbeitung der Aufgabenstellung insbesondere den erkannten Schwerpunkten Erscheinung, Adressierung, Erschliessung, und Belichtung.Leider weist der Lösungsansatz auch Schwächen auf. Der Lichthof, die Ausformulierung der Platzfassade und die Lage des Treppenkerns konnten nicht überzeugen.

 

Lukas Raeber Architektur, Basel

Die Verfassenden wählen eine zentral symmetrische Anlage, die Erschliessung mit den Nasszellen, wird mittig im Gebäude angeordnet. Das Haus Nr. 6 kann somit nicht angebunden werden. Der Eingangsbereich für die Obergeschosse liegt demzufolge mittig an der Platzfassade und bildet eine sehr prominente Adresse und dominiert das Erdgeschoss. Die Ladenfläche ist dadurch zwingend zweigeteilt und nicht als eine Mieteinheit nutzbar. Hofseitig wird die Küchengasse überdeckt und eine Terrasse geschaffen, was überzeugt. Die Hoffassade wird terrassiert jeweils durch die Abstufung von zwei Geschossen auf dieselbe Flucht. Vorgehängte Metallroste als Balkone werden als grüne Gärten vorgeschlagen. Die Begrünung wirkt attraktiv und der Innenhof gewinnt räumlich durch den abgestuften Baukörper. Allerdings wird eine Begrünung kritisch gesehen für eine wenig besonnte Nordseite und ohne Erdkontakt wäre eine Bewässerung notwendig.

© Lukas Raeber

Der Erschliessungskern gliedert den Grundriss in den Obergeschossen. Es werden verschiedene Szenarien für eine Möblierung, Open Space oder Einzelbüros, aufgezeigt. Interessant ist auch das Zukunftsszenario einer Wohnnutzung, allerdings fehlen teilweise die notwendigen Aussenräume. Eine Unterteilung in zwei Nutzungseinheiten, Ost und West, bietet sich an. Jede Nutzungseinheit hat jeweils auch eine ruhige Hofseite. Das Geschoss wird durch den Kern stark geteilt und erschwert die Nutzung als Gesamtfläche. Die ausgewiesenen Steigzonen sind für eine flexible Nutzung der Ladenfläche zu knapp bemessen. Die beiden Dreizimmer Wohnungen im Attikageschoss sind angemessen.

© Lukas Raeber

Das Gebäude ist ein Hybrid mit einem massiven Inneren aus Recyclingbeton, die Brandwände sind aus Beton-Stützen und mit Lehmziegeln ausgefacht. Das bestehende Untergeschoss wird belassen. Der Zielwert der Grauen Energie für die Erstellung wird eingehalten. Das Projekt schneidet in der Ökobilanzbetrachtung allgemein besonders gut ab. Der Emissionswert für den Betrieb fällt auffallend gering aus. Nebst dem geringen Heizwärmebedarf können die Emissionen durch die Leistung der grossen PV-Fläche stark reduziert werden. Die massive Ausführung in Beton ergibt eine längere Bauzeit. Dies wirkt sich an diesem Standort auf die Baukosten ungünstig aus durch das längere Vorhalten der Baustelleninstallation.

© Lukas Raeber

Die Fassade zum Platz spielt mit Elementen aus den 1970er Jahren. Die starke horizontale Gliederung wird durch die dunklen PV-Elemente unterstützt. Das Zugangsportal wird mit einer Stütze zusätzlich akzentuiert. Die darüber mittig angeordneten pilasterförmigen Elemente verstärken die kräftige Erscheinung. Die Verfassenden suchen bewusst nicht die Nähe und Einbindung zum Bestand, sondern gestalten «ein aus der Textur gelöstes modernes Stadtgebäude». Die vorgeschlagene Fassadenverkleidung in Kunststoffplatten aus rezyklierten Plastik ist in der Wertigkeit für diesen Standort jedoch fraglich. Die Fassade wirkt insgesamt zu wuchtig und sprengt sich zwischen die Nachbarbauten.

© Lukas Raeber

Das Gremium würdigt die Auseinandersetzung mit der Aufwertung des Hinterhofs und die Suche nach einer heute, in von der Klimakrise geprägten Zeit, adäquaten Fassadengestaltung. Leider vermochte der Projektvorschlag in seiner Gesamtheit jedoch nicht restlos zu überzeugen.

 

Wallimann Reichen, Basel

Der erfrischende projektierte Ansatz sieht ein sechs geschossiges Ersatzgebäude mit einer Bebauung bis zur Parzellengrenze und einem Mindestabstand von drei Meter zur rückseitigen Küchengasse vor, von wo sich der Baukörper in die Höhe entwickelt. Ein geradliniges Zurückspringen liefert dem Projekt eine zweiseitige Belichtung in einer tiefen Grundrissanlage – aus Sicht des Beurteilungsgremiums jedoch keine konkrete Antwort auf einen zukunftsorientierten Umgang mit den Nachbarschaften im Hof.

© Wallimann Reichen

Die Anzahl der Geschosse, resultierend aus der Kombination von Referenzhöhen im Sockel und einer Aufteilung von angemessenen Raumhöhen in der vorgeschlagenen Gebäudetiefe mit einer Open-Spaces Typologie schafft gute Lichtverhältnisse in der Gebäudemitte. Zum Bahnhofsplatz führt die reduzierte Geschosszahl mit einer «verfrühten» Staffelung des Baukörpers zu einer volumetrischen Angleichung im gesamtstädtischen Kontext, in der Gesamtbilanz jedoch zu geringeren nutzbaren Flächen im Quervergleich.

© Wallimann Reichen

Trotz hohen gestalterischen annähernden Absichten, mit übernahmen von Sturz- und Brüstungslinien, betrachtet die Jury den Fassadenausdruck einer beschriebenen Integration und einer dargestellten Eigenständigkeit im Gesamtensemble im Widerspruch. Im stark von Lochfenstern geprägten Kontext wirkt das verglaste horizontalgegliederte Fassadenkleid mit Bandfenstern und leicht schräg ausgestellten Solarpanelen zu eigenständig als integrativ ergänzend.Die Absicht der gestalteten Dachlandschaft wirkt primär innenräumlich kraftvoll und interessant, doch empfindet das Beurteilungsgremium die starken Verformungen in den bereits exquisit gestalteten Dachwohnungen als unverhältnismässig. Der mittig, leicht dezentral gesetzte Kern führt einerseits in den Regelgeschossen zu schön proportionierten Räumen mit Nord-Süd Belichtung und einer gewünschten Flexibilität in den Obergeschossen. Anderseits schränkt diese Lage die Nutzungsflexibilität der Gewerbeflächen im Erdgeschoss ein und schliesst eine zukünftig gewünschte direkte Anbindung an das Haus Nr. 6 aus. Zum Bahnhofplatz absorbiert die zentrale Adressbildung und Erschliessung der Bürogeschosse viel Gewerbehauptnutzfläche und nimmt eine dominante Stellung ein, welche jedoch neben den publikumsorientierten Verkaufsflächen eher in zweitrangige Erscheinung treten sollte.

© Wallimann Reichen

Ein effizientes Primärtragwerk in Stahl mit ausgefachten Holz- und Lehmdecken charakterisiert die Räumlichkeiten und reagiert in einer Elementbauweise zugleich auf die beengten Platzverhältnisse. Mit dem Einsatz einer zirkulären und emissionsarmen Konstruktion und dem Erhalt des Untergeschosses werden die aus dem SIA – Energieeffizienzpfad SIA 2040 geforderten Zielwerte für die Erstellung sowie den Betrieb eingehalten. Der vergleichsweise etwas höhere Anteil der Emissionen ist dem grossen Fensteranteil zuzuschreiben.

© Wallimann Reichen

Ausgehend von vertieften Auseinandersetzungen mit den vorhandenen Gegebenheiten, formulieren die Projektverfassenden einen identitätsstiftenden Projektentwurf mit erfrischendem und mutigem Ansatz, welcher vom Beurteilungsgremium sehr gewürdigt wird, jedoch nicht in allen Teilen überzeugen konnte.

 

Diener & Diener, Basel

Der Projektvorschlag wird als ein Teil der Gesamtarchitektur der Stadt verstanden. Klassische örtliche Gestaltungsregeln zum Ausdruck einer Ruhe, Zeitlosigkeit und Repräsentation werden aktiviert. Diese Attribute, sowie die historische Entwicklung der Fensteröffnungen im Kontext, prägen den Entwurf und werden detailreich mit grosser Sorgfalt im Ausdruck der Platzfassade aufgezeigt. Der durch das Zusammenlegen der beiden Grundstücke resultierenden liegenden Fassadenproportion wird mit plastischen, stehenden Fenstern begegnet. Das Spiel mit Plastizität und Proportion wird durch das Beurteilungsgremium hoch gewürdigt. Die Materialität in selbsttragenden Naturstein setzt den Neubau in Verbindung mit dem Bahnhofsgebäude und gibt ihm einen adäquaten, selbstbewussten Auftritt. Das Beurteilungsgremium ist überzeugt, dass die Fassade auch kommerziellen Beschriftungen und Monitoren standhält.

© Diener & Diener

Der Projektvorschlag nimmt die Geschossigkeit der Nachbarliegenschaften auf und verzichtet in der Konsequenz auf ein Vollgeschoss. Zudem wird das Flächenpotenzial der Zone 5 in der Parzellentiefe nicht in Anspruch genommen und reduziert gar die Gebäudetiefe in den oberen Geschossen. Dadurch weist der Neubau im Vergleich eine beträchtlich kleinere vermietbare Fläche auf, was sich nachvollziehbarerweise auf die Wirtschaftlichkeit aber auch auf die Ökobilanz negativ auswirkt.

© Diener & Diener

Die Erschliessung liegt lateral an der Brandmauer zur Liegenschaft Nr. 9, die Treppe wird an der Fassade zum Centralbahnplatz platziert und nimmt so nicht nur wertvolle Fassadenfläche in Anspruch, sondern generiert gleichzeitig eine Ausnahme, des als Laterne entwickelten Kastenfensters. Die Nebenräume sind knapp konzipiert und doch ist das Flächenverhältnis zur Hauptnutzfläche nicht optimal.

© Diener & Diener

Die Organisation im Erdgeschoss mit drei Treppenanlagen und einem zusätzlichen Warenlift scheint ineffizient und nicht überzeugend. Die Raumhöhen in den Gewerbegeschossen konnten aufgrund des Verzichts auf ein Vollgeschoss, grosszügig konzipiert werden. Durch die geringe Gebäudetiefe und den üppigen Geschosshöhen können Gewerberäume mit hoher Qualität und idealen Tageslichtverhältnissen geschaffen werden. Die Flexibilität der Gewerbegrundrisse wird angedeutet und kann, dem lateralen Erschliessungskern geschuldet, nur in Nord-/Südeinheiten geteilt werden. Die Projektverfassenden haben sich vertieft mit der Ökobilanz auseinandergesetzt und gute Vorschläge erarbeitet. Leider werden die Zielwerte aufgrund der geringen Energiebezugsfläche im Verhältnis zum gebauten Volumen nicht eingehalten.

© Diener & Diener

© Diener & Diener

Die sorgfältige Ausgestaltung der Platzfassade, die Plastizität der Fenster und die Materialisierung in selbsttragendem Naturstein haben dem Projekt sehr viel Wertschätzung zuteilwerden lassen. Allerdings konnten die Grundrisse, insbesondere die Erschliessung mit den Nebennutzflächen und die Organisation im Erdgeschoss nicht überzeugen. Dies und die nicht ausreichende Flächeneffizienz aufgrund der lediglich vier Vollgeschosse mit geringer Gebäudetiefe konnten den Erwartungen nicht entsprechen.

 

 

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