PETITION GAV ARCHITEKTUR

Architektur im Wandel: ignorieren oder anpassen?

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Sich selbst und seine Arbeit ständig kritisch und objektiv zu hinterfragen, ist ein wichtiger Bestandteil unseres Berufs. Die Diskussion über das Wohnen verändert sich ständig. Als Architektin und Architekt muss man also immer wieder eine Sensibilisierung und ein Bewusstsein für neue Themen entwickeln. Wir wollten wissen, wie Patrick Jaeger von Jaeger Koechlin Architekten seine Arbeit versteht.

Schon bei der Begrüssung merken wir, dass Patrick Jaeger ein sehr lockerer und offener Mensch ist. Er zeigt uns das ganze Büro und erklärt uns, was wo passiert. Wir fahren mit dem Lift in die eigene Modellbauwerkstatt im Kellergeschoss. Dort beginnen wir unser Gespräch.

Kommunikation auf allen Ebenen
Bereits beim Rundgang wurden uns wichtige Grundsätze des Büros klar: Zusammenarbeit, Kommunikation und Austausch. Auch im Interview erfahren wir, dass informelle Gespräche zwischen den Mitarbeitenden möglich sein sollen. Alle arbeiten im selben Raum. So entsteht automatisch ein stärkeres Gefühl des Miteinanders und Diskussionen über Projekte kommen fast von selbst zustande.

«Es ist sehr wichtig, offen für verschiedenste Dinge zu sein, sei das im Studium oder auch später im Beruf»

Dieser Austausch wird zusätzlich mit wöchentlichen Vorträgen und Updates zu den Bauprojekten unterstützt. «Es ist sehr wichtig, offen für verschiedenste Dinge zu sein, sei das im Studium oder auch später im Beruf», sagt Patrick Jaeger. Es gehört zum Arbeitsalltag, neue Architektinnen und Architekten kennenzulernen und ihre Arbeit und Gedanken zu verstehen. Auf Reisen, beim Arbeiten in verschiedenen Büros und im Betrachten von Referenzobjekten entwickelt sich die eigene Haltung. Auch Diskussionen und die Dozierenden im Studium formen die eigene Haltung, meint Jaeger.

Auch bei der gemeinsamen Büroleitung ist Kommunikation sehr wichtig. Eine gute Absprache und Übereinstimmung zwischen den beiden Büropartnern ist das A und O. Beide sind Familienväter, und es ist wichtig, dass beide diese Situation verstehen und Verständnis dafür mitbringen. Da diese Kommunikation meistens stimmt, können sie sich im Büroalltag gut ergänzen und voneinander profitieren.

Villa Gempenweg © Jaeger Koechlin Architekten

Gegenüber Unternehmern oder Bauherrschaften übernimmt immer einer von beiden die Leitung und ist Ansprechperson – ebenso für die Mitarbeitenden im Projekt. Trotzdem ist es wichtig, dass Projekte im gesamten Team besprochen werden. Wenn sich der Hauptverantwortliche eines Projekts zu sehr verliert, ist es manchmal hilfreich, die ehrliche Sichtweise vom Partner zu hören, der etwas mehr Abstand dazu hat.  Auf diese Weise entstehen manchmal ganz neue Lösungen.

Prozesse, Aufgaben und Themen der Architektur verändern sich
Für Jaeger Koechlin Architekten ist ein Projekt etwas Ganzheitliches. Es fängt bei der Aufgabenstellung und der Finanzierung an und geht von der Planung bis zur Ausführung. Das Architekturbüro übernimmt die Bauleitung immer selber, um den ganzen Prozess miterleben und mitgestalten zu können.

«Wir überlegen uns, wie man Städte verdichten könnte und wollen energetisch und sozial nachhaltig bauen. Wir haben in den letzten Jahren ein Bewusstsein für diese neuen Themen entwickelt»

Patrick Jaeger meint, dass in Zukunft vor allem bei den Themen Städtebau, Raumplanung und Nachhaltigkeit immer mehr Personen in ein Projekt involviert sein werden. So werden Architektinnen und Architekten künftig eher die Aufgabe haben, die Fäden zusammenzuhalten und den Überblick zu behalten. Die Fähigkeit, einen Prozess zu moderieren, wird immer mehr Teil des Architekturberufs werden.

Villa Gempenweg © Jaeger Koechlin Architekten

Was sich sehr stark verändere, meint Patrick Jaeger, sei das Verständnis für’s Wohnen. «Es ist alles viel komplexer geworden. Wir überlegen uns, wie man Städte verdichten könnte und wollen energetisch und sozial nachhaltig bauen. Wir haben in den letzten Jahren ein Bewusstsein für diese neuen Themen entwickelt», erklärt Jäger. Damit haben sich die Schwerpunkte im Wohnungsbau verändert. Das sei gut, meint Patrick Jaeger, denn diese Diskussion müsse geführt werden, um etwas zu verändern.

Wir sind mit unseren Fragen durch und schalten das Mikrofon aus. Uns wird klar, dass wir als Architektinnen und Architekten mit dem Wandel gehen müssen. Wir müssen uns für Neues interessieren, damit wir uns weiterentwickeln können.

Text: Manuel Scherrer und Lola Juliette Wegenstein

Handyselfie von Ariel Koechlin (links) und Patrick Jaeger (rechts)


Dieser Text entstand am Institut Architektur FHNW im Frühlingssemester 2020, im Rahmen der Lehrveranstaltung in Sozialwissenschaften zum Thema «The Image of the Architect». Auf der Suche nach neuen Berufsbildern.

 

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