Es ist eines der grössten und komplexesten Bauvorhaben unserer Stadt. Der Postreiterbahnhof, im Volksmund «Rostbalken» genannt, soll in den kommenden Jahren komplett umgekrempelt werden. Geplant ist ein öffentlicher, prägender Stadtbaustein zwischen Gundeli und Innenstadt samt drei Hochhäusern. In einem Dialogverfahren wurde das passende Projekt dazu gesucht – und gefunden. Eine internationale Kollaboration zwischen Bruther, Jan Kinsbergen und Truwant + Rodet + konnten sich durchsetzen. Wir haben einen ersten Blick auf das Siegerprojekt geworfen.
Das alte Postreitergebäude am Bahnhof Basel lassen die Post und SBB sanieren. Nun ist das «qualitätssichernde» Dialogverfahren für das Vorhaben abgeschlossen. In diesem Verfahren hat ein breit zusammengesetztes Beurteilungsgremium unter Einbezug von Quartiervertreterinnen und Quartiervertreter im Auftrag von der Post und SBB eine Projektstudie gekürt und zur Weiterbearbeitung vorgeschlagen. Ein illustres Teilnehmerfeld war am Studienauftrag am Start: Es mussten sich jeweils Dreierteams bestehend aus zwei Etablierten und einem Nachwuchsbüro zusammenfinden. Es finden sich genauso internationale Namen wie Bjrake Ingels oder Dominique Perrault sowie Basler Grössen namentlich Morger Partner, Miller & Maranta oder HHF. In der Fachjury waren unter anderem Emanuel Christ oder Maya Scheibler vertreten. Die Aufgabe war anspruchsvoll, komplex und vor allem: Gross. «Alle Teams haben wertvolle Diskussionen und eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Aufgabenstellung, dem Nutzungsprofil, dem Ort, seiner Identität und der Zukunft der Stadt Basel angestossen und damit massgeblich zum positiven Ergebnis des Verfahrens beigetragen», lesen wir im Jurybericht.
Die siegreiche Projektstudie von Bruther Paris / Zürich, Jan Kinsbergen, Zürich und Truwant + Rodet +, Basel besticht unter anderem durch eine überzeugende Lösung bei der Verbindung des Gundeldingen-Quartiers mit der Innenstadt. Die Überquerungen für Fussgänger und Velofahrerinnen etwa sind getrennt, was den Verkehr entflechtet und Konflikte entschärft. Zudem ermöglicht die klare Strukturierung durch eine grosse Galerie und die Freistellung eines der drei geplanten Hochhäuser, dass das Projekt in Etappen realisiert werden kann. Alle drei Hochhäuser können mit einer maximalen Höhe von 89 Meter gebaut werden. Das Projekt leistet neben Büro- und Dienstleistungsflächen und öffentlichen Nutzungen einen Beitrag zu dem in Basel dringend benötigten Wohnraum. Und dies auch im preisgünstigen Segment. Damit werden die politischen Forderungen aus dem Bebauungsplan erfüllt.
«Der architektonische Ausdruck folgt der Philosophie einer zukunftsorientierten Architektur, welche das Weiterverwenden von Vorgefundenem gegenüber dem Abbrechen priorisiert»
Die Grundstruktur bleibt als Basis bestehen: Auch bezüglich Nachhaltigkeit konnte die Projektstudie das Gremium im Dialogverfahren überzeugen. Denn ein grosser Teil der heutigen Gebäudestruktur bleibt erhalten. «Der architektonische Ausdruck folgt der Philosophie einer zukunftsorientierten Architektur, welche das Weiterverwenden von Vorgefundenem gegenüber dem Abbrechen priorisiert», heisst es im Schlussbericht des Beurteilungsgremiums. Vorhandenes wird ertüchtigt und Neues in einer nachhaltigen Leichtbauweise erstellt, unter der Prämisse eines minimalen Materialverbrauchs. «Zu überzeugen vermag die siegreiche Projektstudie nicht nur durch ihre städtebaulichen Qualitäten, sondern auch durch den konsequenten Ansatz des ‹Re-Use und Weiterbauens›, welcher einer der wesentlichen Elemente der Kreislaufwirtschaft ist. Und so Teil der von der Post angestrebten Umsetzung einer ökologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Nachhaltigkeit.» sagt Danny Bucco, Leiter Projektentwicklung Post Immobilien.
Das bestehende, markante Postreitergebäude wurde zwischen 1972 und 1980 in mehreren Etappen gebaut. Seit 2016 steht das Gebäude mehrheitlich leer und müsste umfassend saniert werden. Doch eine solche Sanierung ist aus wirtschaftlicher Sicht nicht tragbar. Zudem entspricht die heutige mehrheitlich gewerbliche Nutzung nicht mehr den Anforderungen an einen innerstädtischen Standort. Entsprechend wird das Areal nun von der Post und SBB zusammen neu geplant. Das nun abgeschlossene Dialogverfahren ist Teil dieser Planung. Sie sieht vor, dass im Anschluss offene Punkte im Siegerprojekt überarbeitet werden. Zudem wird die Abstützung des neuen Ensembles mit den aktuellen Plänen für den zukünftigen Ausbau des Bahnhofs Basel SBB abgestimmt, beispielsweise hinsichtlich der Zufahrten und dem Bau eines Tiefbahnhofs. Ziel ist es, dass die Überarbeitung bis Ende Jahr abgeschlossen werden kann. Im Anschluss startet das Vorprojekt, erste Vorbereitungsarbeiten zur Realisation sind für 2024 geplant. Die Inbetriebnahme des «Nauentors» ist derzeit für frühstens 2031 vorgesehen. Wir sind gespannt – und gratulieren dem Siegerteam.
Quelle: www.nauentor.ch
Ausstellung der Wettbewerbsbeiträge
26. Mai bis 07. Juni 2023
jeweils von 16 bis 19 Uhr (exkl. Sonn- und Feiertage)
Mehrzweckraum (Level 7), Post-Passage 11, 4051 Basel (der Weg ist beschildert)