PETITION GAV ARCHITEKTUR

Clemens Merkle in den Grossen Rat!

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Er führt seit fast zwei Jahrzehnten sein Architekturbüro in Riehen: Clemens Merkle kandidiert auf der Liste der Grünliberalen Partei für den Grossen Rat. Er fordert eine neue Planungskultur: «Derzeit orientieren wir uns noch zu stark an alten und überholten Regelwerken, die einer dynamischen Stadtentwicklung teilweise erheblich im Weg stehen. Es ist entscheidend, dass wir die Regulierungen so anpassen, dass sie den Planungsbüros mehr Spielraum für kreative und innovative Lösungen bieten.» Zudem möchte er sich für beschleunigte Bewilligungsverfahren und eine Anpassung des Wohnschutzes einsetzen. Für ihn ist ökologisches Bauen der Motor für wirtschaftliches Wachstum. Mit Clemens Merkle sässe im Grosse Rat ein erfahrener und engagierter Architekt.

Architektur Basel: Welche Kompetenzen wollen Sie in den Grossen Rat einbringen?

Clemens Merkle: «In dieser entscheidenden Phase der städtischen und ökologischen Transformation möchte ich meine Fachkenntnisse als Architekt, Unternehmer und mein Engagement für grüne Technologien in den Grossen Rat einbringen. Es ist mir wichtig, ökologisches Bauen nicht als Standard, sondern als Motor für wirtschaftliches Wachstum in Basel zu etablieren. Dabei ist es mir ein prioritäres Anliegen, sicherzustellen, dass unsere Baukultur durch diese Entwicklungen bereichert und nicht verdrängt wird. Angesichts der aktuellen Herausforderungen, wie ambitionierte Klimaziele und verschärfte Wohnschutzgesetze, die teilweise erheblich im Widerspruch zueinander stehen, sowie einer gleichzeitig schwer zu deckenden Nachfrage nach zusätzlichem Wohnraum, braucht es effektive, breit abgestützte und nachhaltige Lösungen, um die Stadtentwicklung voranzutreiben und die festgelegten Ziele innerhalb der angestrebten Zeiträume zu erreichen.»

Was zeichnet die Basler Baukultur Ihrer Meinung nach besonders aus?

«Basel besticht durch eine historisch gewachsene Baukultur, die unter anderem durch eine sorgfältige und differenzierte Auseinandersetzung mit dem Gebauten geprägt ist. Die hohe Dichte an talentierten Planungsbüros fördert Wettbewerb, Innovation und Qualität. Unterstützt durch grosszügige Investitionen von privaten Bauträgern, Mäzenen und der öffentlichen Hand, geniesst die Stadt eine breite Akzeptanz und Wertschätzung für gute Architektur. Diese Kombination aus historischer Würdigung und fortschrittlicher Planung positioniert Basel als wichtigen Ort für herausragende Baukultur.»

Inwiefern können die Rahmenbedingungen für Architektur- und Planungsbüros in Basel verbessert werden?

«Basel ist eine weitgehend ausgebaute Stadt. Unsere Aufgabe besteht darin, dieses urbane Umfeld fortlaufend weiterzuentwickeln und an neue Herausforderungen sowie Bedürfnisse anzupassen. Dazu sind flexiblere Rahmenbedingungen unerlässlich. Derzeit orientieren wir uns noch zu stark an alten und überholten Regelwerken, die einer dynamischen Stadtentwicklung teilweise erheblich im Weg stehen. Es ist entscheidend, dass wir die Regulierungen so anpassen, dass sie den Planungsbüros mehr Spielraum für kreative und innovative Lösungen bieten. Gleichzeitig wäre es wünschenswert, wenn unsere Behörden wieder den Mut und Willen zeigen würden, Ausnahmen zu gewähren und einen gewissen Ermessensspielraum walten zu lassen. In den letzten Jahren hat leider die Tendenz zugenommen, dass Entscheide primär aus juristischen Gesichtspunkten beurteilt wurden. Dies hat nicht selten dazu geführt, dass gute Projekte verhindert, statt ermöglicht wurden.»

«Besonders störend ist auch die Ungleichbehandlung zwischen gemeinnützigen Bauträgern, wie Genossenschaften, und nicht-gemeinnützigen Bauträgern. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen darf beispielsweise eine Genossenschaft bestehende Wohngebäude ohne weitere Nachweise zur Nachhaltigkeit und Ökologie durch Neubauten ersetzen, während nicht-gemeinnützige Bauträger strenge Nachweise erbringen müssen.»

Stichwort: Wohnschutz. Braucht es Anpassungen im Gesetz oder der Verordnung? Und wenn ja: Welche?

«Es besteht im Kanton ein breiter Konsens darüber, dass Mieter besser vor überteuerten Mieten und Massenkündigungen geschützt werden sollen. Das aktuelle Gesetz geht jedoch in vielen Punkten zu weit und gleicht eher einem Wohnungsschutz denn einem Mieterschutz. Derzeit kommt erschwerend dazu, dass der MV mit der Interpretation seines Gesetzes in der Verordnung alles andere als zufrieden ist. Seit Inkrafttreten rekurriert der Mieterverband deshalb gegen viele bewilligte Projekte für Ersatzneubauten und Sanierungen. Dies führt zu langwierigen Rechtsverfahren, die im schlimmsten Fall vor dem Bundesgericht enden. Aus Angst vor der aktuell fehlenden Rechtssicherheit zögern viele Hausbesitzer und Investoren, in Projekte zu investieren. Um diese Blockade zu lösen, ist eine schnelle Klärung der Rechtslage dringend erforderlich. Zudem sind Anpassungen im Gesetz bzw. in der Verordnung notwendig. Beispielsweise ist der Umwälzungssatz für Sanierungsmassnahmen zu niedrig bzw. falsch angesetzt, was vor allem Vermieter trifft, die ihre Wohnungen bisher zu günstigen Konditionen vermietet und vielleicht notwendige Rückstellungen für Sanierungen versäumt haben. Zudem ist es problematisch, dass die WSK den erlaubten Mietaufschlag unabhängig von der bisherigen Mietpreishöhe bestimmt. Besonders störend ist auch die Ungleichbehandlung zwischen gemeinnützigen Bauträgern, wie Genossenschaften, und nicht-gemeinnützigen Bauträgern. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen darf beispielsweise eine Genossenschaft bestehende Wohngebäude ohne weitere Nachweise zur Nachhaltigkeit und Ökologie durch Neubauten ersetzen, während nicht-gemeinnützige Bauträger strenge Nachweise erbringen müssen. Umweltschutz sollte für alle im gleichen Masse gelten und nicht zu einer Ungleichbehandlung führen. Daher bin ich der Meinung, dass Umwelt- und Wohnschutz getrennt verhandelt werden sollten und es nicht unter dem Deckmantel des Umweltschutzes zu einer einseitigen Benachteiligung kommen darf.»

Ein Lieblingsort von Merkle: Die Fondation Beyeler © Foto: Mark Niedermann

Die Bewilligungsverfahren in Basel dauern überdurchschnittlich lang. Was muss sich im Bauinspektorat ändern?

«Das Bauinspektorat sollte sich als Leitbehörde verstehen, die Planende aktiv unterstützt, durch das Bewilligungsverfahren führt und hilft, Projekte zu ermöglichen. Genügend und gut ausgebildetes Personal sollte sicherstellen, dass Gesuche innerhalb der gesetzlichen drei Monate bearbeitet werden können. Zudem sollten die Bauinspektor/Innen wieder mehr Entscheidungskompetenzen erhalten, um flexibler agieren zu können. Insbesondere sollte die Möglichkeit bestehen, fehlende Dokumente unbürokratisch und ohne zeitverzögernde Zwischenberichte nachzureichen. Für die Behörde verbindliche Bearbeitungsfristen sind notwendig, damit es nach einer Vorprüfung möglich ist, den Antragstellenden konkrete Verfahrensfristen mitzuteilen. Ein professionelles Monitoring-System sollte implementiert werden, das den aktuellen Stand des Verfahrens transparent macht. Dieses System sollte sowohl für die Mitarbeitenden des Bauinspektorats als auch für die Planenden und Bauherren zugänglich sein. Die internen Bearbeitungsfristen der einzelnen Fachinstanzen sollten ebenfalls gestrafft und verbindlich gemacht werden. Fundierte Vorabklärungen mit fest zugeteilten Bauinspektor/Innen könnten dazu beitragen, die Verfahren insgesamt effizienter zu gestalten. Ein optimiertes Zirkulationssystem, besser abgestimmte Anhänge und Formulare sowie die zügige Einführung des digitalen Baubegehrens sind weitere Schritte, um die Effizienz des Bauinspektorats zu verbessern. Ein kurzer Anruf statt lange Briefe könnte ebenfalls zur Beschleunigung des Prozesses beitragen.»

«Lange nicht jede Dachfläche eignet sich für die Installation einer PV-Anlage. Es braucht einen Ausnahme-Katalog, welcher festlegt unter welchen Bedingungen Dachflächen von der Pflicht ausgenommen werden sollen.»

Wie beurteilen Sie den regierungsrätlichen Vorschlag zur Solarpflicht in Basel?

«Grundsätzlich befürworte ich eine Solarpflicht für Dächer von Neubauten sowie für Flachdächer bestehender Gebäude, sofern das Potenzial für einen Ertrag in einem vernünftigen Verhältnis zum Aufwand steht. Lange nicht jede Dachfläche eignet sich für die Installation einer PV-Anlage. Es braucht einen Ausnahme-Katalog, welcher festlegt unter welchen Bedingungen Dachflächen von der Pflicht ausgenommen werden sollen. Die Möglichkeiten in Schutz- und Schonzonen sollten weiterhin individuell durch die Denkmalpflege bzw. die Stadtbildkommission beurteilt werden, damit neben den technischen auch die architektonischen und kulturellen Aspekte der Bausubstanz berücksichtigt werden.»

Das Erweiterungsprojekt der Fondation Beyeler © Atelier Peter Zumthor

Welchen Ort oder welches Haus in Basel mögen Sie besonders und weshalb?

«Einer meiner Lieblingsorte ist die Fondation Beyeler. Es ist ein Ort, der das ganze Jahr über unglaublich vielseitig und reich bespielt wird. Mit dem internationalen Publikum fühle ich mich bei jedem Besuch für kurze Zeit in einer anderen Welt. Der Bau ist sehr subtil in die Landschaft eingebettet, bietet wunderbare Ausblicke und großartige Ausstellungsräume. Ich bin sehr gespannt, welche Wirkung das neue Ensemble mit den Erweiterungsbauten von Peter Zumthor haben wird.»


Clemens Merkle
kandidiert auf der Liste 10 für die Grünliberale Partei in Riehen
Clemens Merkle
Geboren 1969 in Basel studierte er an der HTA in Luzern. Seit 2008 ist er selbständig und leitet das Büro Brüderlin Merkle Architekten. Er ist Mitglied im SIA, der Dorfbildkommission Bettingen und zudem Mitglied Schatzungskommisson GVBS. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.

 

 

 

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