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Die BIZ feiert Geburtstag: Eine Zeitreise in die 70er-Jahre

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Tatsächlich haben wir nicht schlecht gestaunt, als die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich BIZ bekannt gab, den Hauptsitz im Rahmen einer Ausstellung anlässlich ihres 90. Geburtstags für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die sonst so zurückhaltende Organisation im markanten Turm am Bahnhof öffnet eine Woche lang ihre Türen. Wir haben vorbeigeschaut.

Die Ausstellung im BIZ-Turm dauert vom 26. Oktober bis 04. November 2021 © Architektur Basel

Die Ausstellung im BIZ-Turm dauert vom 26. Oktober bis 04. November 2021 © Architektur Basel

Offenbar stösst die Ausstellung auf reges Interesse in der Bevölkerung. Vor dem Haupteingang hat sich eine lange Menschenschlange gebildet. Wer rein will, muss durch einen Sicherheitscheck wie am Flughafen. Die Ausstellung ist in mehrere Teile gegliedert. Im Erdgeschoss informiert die Bank über ihre Tätigkeit und im Foyer im ersten Obergeschoss gibt es einen geschichtlichen Abriss. Weitaus am beliebtesten allerdings ist der Besuch im 18. Stockwerk mit Blick über Basel.

Die zeittypische Fassade aus braunen Aluminiumpaneelen und Muschelkalk steht der inneren Gestaltung in nichts nach. Stilgerecht präsentieren sich das Erd- und Obergeschoss im Inneren in Braun- und Bronzetönen. Eine geschwungene Treppe mit Geländer aus gebogenem Glas verbindet die beiden Stockwerke. Sowohl die Treppenstufen als auch der Boden im Obergeschoss sind mit braunen Teppichen bespannt. Die crèmefarbenen Deckenpaneele führen radial vom Turmkern weg zur Fassade. Die gleichfarbigen Vorhänge mit Stickereien komplettieren die stilgerechte Erscheinung. Das Interieur erinnert etwas an Zeiten, in denen drinnen noch kräftig geraucht wurde.

Aus einer anderen Zeit – aber gut erhalten. Das Foyer im 1. Obergeschoss © Architektur Basel

Aus einer anderen Zeit – aber gut erhalten. Das Foyer im 1. Obergeschoss © Architektur Basel

Im Gegensatz zu anderen Gebäuden aus der gleichen Zeit, wirkt der Turm mit Jahrgang 1977 aber gut gepflegt. Alles glänzt und spiegelt. Jedenfalls in den unteren Geschossen. Die darüber liegenden Bürogeschosse sind nicht zugänglich – sehr schade, da sie doch den grössten Teil des Turms ausmachen. Es wäre interessant zu sehen, ob sich der 70er-Jahre Charme aus der Feder von Burckhardt + Partner Architekten auch in diesen, eher alltäglich genutzten Räumen ebenfalls gehalten hat.

Geländer aus gebogenem Glas und Spannteppiche © Architektur Basel

Geländer aus gebogenem Glas und Spannteppiche © Architektur Basel

Nicht mehr in ursprünglichem Zustand daher kommt das 18. Obergeschoss. Es dient der BIZ für Bankette und bietet eine grandiose Rundumsicht über Basel. 2010 wurde es von Herzog & de Meuron Architekten umgebaut. Um einen braunen Spannteppich kommen wir auch hier nicht herum. Der Kern ist mit vertikalen weissen Paneelen verkleidet. Die wenige Zentimeter breiten Elemente folgen einer geschwungenen Form und gliedern das Geschoss in einen westlich ausgerichteten weiten Essbereich und eine gegen Osten orientierte schmale Bar- und Buffetzone. Während die innere Fassade vermutlich erhalten geblieben ist, sind alle restlichen Oberflächen ersetzt worden. Im Gegensatz zum Foyer scheint hier das Radiale zugunsten eines fluiden Raumes überholt. Die Lochreihen in den metallenen schwarzen Deckenelementen verlaufen parallel zur Verlegerichtung des Teppichs. Die Deckenspots, Feuermelder und Lautsprecher sind scheinbar wild über die Decke verteilt. Ob gewollt oder nicht – angesichts der klaren Struktur des Turms und den feinsäuberlich gestalteten inneren Oberflächen in den anderen repräsentativen Räumen, stellt das 18. Obergeschoss einen Bruch dar.

Das 18. Obergeschoss wurde 2010 von Herzog & de Meuron umgebaut © Architektur Basel

Das 18. Obergeschoss wurde 2010 von Herzog & de Meuron umgebaut © Architektur Basel

Allerdings dürften die wenigsten Augen für die Deckenpaneele haben, denn schliesslich winkt von hier oben ein Blick über die Stadt, der normalerweise den Vorsitzenden der Zentralbanken aus aller Welt vorenthalten bleibt. Auf ungefähr 70 Meter über Boden hat man fast sämtliche Türme in Basel im Blickfeld. Aber auch die Dachlandschaft der normalhohen Bauten lässt sich sehen, etwa jene des Postreitergebäudes oder des Bahnhofs. Lauscht man beim Vorbeigehen den Gesprächen, stösst man auf die unterschiedlichsten Ansichten zur Gestaltung und Architektur der Gebäude in der Nachbarschaft. Beim Blick auf das Meret Oppenheim-Hochhaus hinter dem Bahnhof bleiben die meisten allerdings etwas länger stehen, bevor sie kopfschüttelnd weitergehen; die Meinungen sind wohl gemacht. Seis drum.

Von Turm zu Turm – der Blick aus dem 18. Geschoss des BIZ-Turms über die Stadt © Architektur Basel

Von Turm zu Turm – der Blick aus dem 18. Geschoss des BIZ-Turms über die Stadt © Architektur Basel

Das MOH stösst auch von hier oben auf wenig Gegenliebe © Architektur Basel

Das MOH stösst auch von hier oben auf wenig Gegenliebe © Architektur Basel

Nach ungefähr zwanzig Minuten fährt der Lift wieder nach unten. Die Menschenschlange vor dem BIZ-Turm ist noch länger als vorhin. Die Ausstellung dauert noch bis am 4. November 2021.

Text: Simon Heiniger / Architektur Basel

 

 

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