Es ist eine eigenartige Kreuzung. Zentral gelegen, vielbefahren, die Achse der Johanniterbrücke verlängernd – und dennoch ohne besondere Aufenthaltsqualität. In den nächsten Jahren soll hier ein neuer architektonischer Akzent entstehen, wobei es an hochstehender Architektur eigentlich nicht mangelt: Da ist die Spitalapotheke von Herzog & de Meuron, die Spitalerweiterung West von Silvia Gmür und Livio Vacchini und das Kinderspital von Stump & Schibli. Künftig wird hier ausserdem die Tram entlangfahren: «Auslöser für das Neubauvorhaben an dieser prominent besetzten Strassenkreuzung war eine jüngst erfolgte Bereinigung der planungsrechtlichen Situation. Diese wiederum resultierte aus einer neuen Linienführung für ein Tramprojekt in der Schanzenstrasse.» Die Eckparzelle an der Spitalstrasse / Schanzenstrasse ist heute mit einer stark renovationsbedürftigen Liegenschaft bebaut, «weshalb sich die Grundeigentümerin für eine Investition in ein neues Gebäude entschieden hat», heisst es im Jurybericht des Wettbewerbs für den Neubau des «Büro- und Forschungsgebäudes für das Botnar Research Centre for Child Health (BRCCH)».
Am offenen Wettbewerb nahmen insgesamt 48 Teams teil. Die Lösungsansätze waren trotz engen städtebaulichen und programmatischen Rahmenbedingungen äusserst unterschiedlich. «Es zeigte sich aber auch, dass aufgrund der sehr unterschiedlichen Herausforderungen kein rundum widerspruchsfreier Beitrag im Rahmen des Verfahrens erarbeitet werden konnte, der allen Kriterien vollumfänglich gerecht wird», schreibt Thomas Blanckarts, Leiter Städtebau & Architektur. «All die eingereichten Arbeiten machen deutlich, dass es auf die aktuellen Anforderungen betreffend Nachhaltigkeit keine «einfachen» Lösungen gibt und die Disziplinen «Projektieren und Bauen» nochmals anspruchsvoller werden dürften.» Dies wiederum führte zu «lebhaften Diskussionen in der Jury» und letztlich dennoch zu einer klaren Auswahl der rangierten Wettbewerbsbeiträgen – und einem einstimmigen Entscheid für das Siegerprojekt.
Die Macht war mit ihnen: Die Basler Newcomer Guerra Clauss Garin Architekten trugen mit ihrem Projekt «R2-D2» den Sieg davon. «Im direkten Vergleich mit den Mitbewerbern wurden hier die städtebaulichen, architektonischen, die funktionalen und wirtschaftlichen Kriterien am besten erfüllt, ebenso die Erwartungen bezüglich ökologischer und energetischer Nachhaltigkeit, durch Suffizienz und einer sehr innovativen und ressourcenschonenden Materialisierung», schreibt Blanckarts. «Robust und sympathisch.» Es ist erfreulich, wenn offene Wettbwerbe tatsächlich zur Nachwuchsförderung beitragen. Mit der Ausnahme von Brandenberger Kloter Architekten handelt es sich bei allen rangierten Teams um junge Büros. Ausserdem wurde der Heimvorteil genutzt: Im Unterschied zum offenen Wettbwerb an der Burgfelderstrasse, wo die ersten drei Plätze nach Zürich gingen, blieben hier vier der sechs rangierten Projekte in Basler Hand. Uff los goht’s los…
Wir werfen einen Blick auf die besten sechs Projekte. Die dazugehörigen Textauszüge stammen aus dem Jurybericht.
1. Rang
R2-D2
Guerra Clauss Garin Architekten, Basel
Mit einem einfachen Baukörper schafft das Projekt R2-D2 eine einprägsame Figur. Dabei bildet der Typ des inneren Aufbaus des Bürogebäudes und die städtebauliche Setzung ein zusammenhängendes Ganzes. An der nördlichen Parzellengrenze wird eine schmale Schicht in Massivbauweise gesetzt, die als platzsparender dienender Raum funktioniert. Davor spannt eine trapezförmige Stützen-Platten-Konstruktion einen frei teilbaren bedienten Raum auf. An der Spitalstrasse wird die Fassade leicht aus der Strassenflucht abgedreht. So wird die polygonale Form der Parzelle abstrahiert und das schmale Trottoir grosszügig ausgeweitet.
Der innerstädtische Kontext ist ungewohnt heterogen ausgebildet. Bereits heute ist jede der vier Ecken der Kreuzung Spitalstrasse und Schanzenstrasse städtebaulich unterschiedlich bebaut. Daher ist es legitim, die vorherrschende Strassenflucht zu Gunsten einer klaren städtebaulichen Setzung zu verlassen. Dies wird in der detaillierten Isometrie des Kontexts plausibel dargestellt. Dank der vereinfachten Geometrie kann zur Spitalstrasse eine siebengeschossige Fassade mit Attika und klarer Geometrie gerichtet werden. Somit wird der Auftritt des Bürohauses auf kleiner Grundstücksfläche zur selbstbewussten Präsenz an der Strassenkreuzung. Das fliegende Dach der Terrasse schliesst die regelmässig gerasterte Fassade spannungsvoll ab. Das Verhältnis der Brüstungen aus dunkel gestrichenen Holzwerkstoffplatten und Bändern aus Aluminiumfenstern ist gut proportioniert und bietet eine angemessene Tageslichtsituation.
An der Schanzenstrasse erfolgt der Zugang über eine attraktive zweigeschossige Eingangshalle. Es fragt sich, wieso für den Zugang nicht das ausgeweitete Trottoir an der Spitalstrasse genutzt wird. Aus funktionalen Gründen und als städtebauliche Geste wäre zudem ein gedeckter Eingangsbereich erwünscht. Die stützenfreien Nutzflächen sind durch ihre schmalen nordwestlichen Bereiche und die weiten Flächen im Südosten charakterisiert. Dank diesen Proportionen erhält der neutrale Raum unterschiedliche Eigenschaften. Vom offenen Grossraumbüro bis zur kleinteiligen Zellenstruktur sind allerlei Einteilungen möglich. Die direkte räumliche Disposition mit schmaler, dienender Schicht und weiten Nutzflächen verleiht dem BRCCH einen werkstattartigen Charakter. Abgeschlossen wird die flexible Bürolandschaft durch eine weite Dachterrasse mit repräsentativem rundem Sitzungszimmer.
Die Aufteilung in einen geschlossenen Massivbau und ein offenes Skelett führt zu einer Zweiteilung der Stirnfassaden. An der städtebaulich sensiblen Kreuzung wird der kategorische Ausdruck hinterfragt, zumal die Grundrisse wesentlich differenzierter dargestellt sind. Die gut durchdachte Stützen-Platten-Konstruktion, die einfache Geometrie und ein gutes Verhältnis von Nutz- zu Geschossfläche führen zu einem sehr guten Kosten-Nutzen- Verhältnis. Das Projekt R2-D2 besticht durch seine einfachen architektonischen Mittel, die präzise eingesetzt werden. Städtebaulich, innenräumlich und konstruktiv wird ein werkstattartiges innovatives Bürogebäude entwickelt. Seine nachhaltige Konstruktion und flexible Auslegung sind robust und sympathisch.
2. Rang
IVORY TOWER
Lovis Architekten SIA, Zürich
Das Volumen des Projektes wird durch drei rechtwinklige, unterschiedlich grosse Module, welche im Grundriss zusammengefügt sind, artikuliert. Das Gebäude besetzt präzis den Ort, die eher ungünstige Parzellenform wird überspielt mit einer geschickten Geometrisierung der Kanten. Ein Vorplatz an der Ecke zur Strassenkreuzung wird freigespielt und gibt dem Haupteingang genügend Raum und Bedeutung, der Neubau erhält somit eine klare Adresse. Die Höhenstaffelung des Volumens reagiert fein auf die umliegenden Gebäude und Freiräume. Das höchste Modul schafft ein Vis-à-vis zu den neuzeitigen Spitalbauten und setzt den städtebaulichen Akzent an der Spitalstrasse. Die Höhe der weiteren zwei Module vermittelt zwischen Neubau und historisch gewachsener Bausubstanz. Die Varianz in der Fassadeneinteilung unterstützt diese Kontextualisierung, ohne das Ganze zu schwächen.
Eine filigrane Struktur aus Betonstützen und Beton-Rippendecken prägt den Innenraum, sie folgt unangestrengt der Geometrie der Module und ermöglicht eine Vielfalt an räumlichen Lösungen für unterschiedliche sowie wechselnde funktionale Anforderungen. Der Zwischenraum an der Schnittstelle der Geometrien ist als fliessende Erschliessungszone, flexibel möblierbar konzipiert. Der Erschliessungskern mit Lift, Nassräumen und Haustechnik ist mittig zur Brandwand platziert, das Treppenhaus befindet sich an der Fassade, durchflutet mit natürlichem Licht. In den oberen Geschossen sind die grösseren Raumeinheiten untergebracht, ein zweigeschossiger Aufenthaltsraum bildet den Abschluss des höchsten vorderen Volumens und bringt in der Fassade eine neue willkommene Proportion. Ein Geschoss tiefer, bildet eine Dachterrasse den Abschluss. Sowohl die Open Space Arbeitsräume wie auch die Zellenbüros sind gut angeordnet, beweisen eine Gleichwertigkeit der Räume. Das Projekt ermöglicht besonders gute räumliche Voraussetzungen, um den Wünschen der Nutzer entgegen zu kommen. Der Bezug zur Stadt ist fast immer gegeben, dadurch entsteht im gesamten Gebäude eine hohe Aufenthaltsqualität, ohne die Flächeneffizienz zu schmälern.
Der sehr hohe Fensterflächenanteil hat einen erheblich negativen Einfluss auf die Nachhaltigkeit. Gefährdet sind der sommerliche Wärmeschutz und das Erfüllen des Energiegesetzes. Das Projekt zeichnet sich durch eine hohe Flächeneffizienz und gute Tageslichtqualität aus. Eine Kombination mit Nachhaltigkeitslabeln erfordert einen hohen Planungsaufwand und Anpassungen in der Materialität. Die Umsetzung der angestrebten Nachhaltigkeits- Standards ist gefährdet.
Die Gliederung des Neubaus in drei scharfgeschnittene unterschiedliche Volumen, die sich zu einem Ganzen fügen ergibt eine städtebaulich gelungene Figur, die es ermöglicht das erhebliche Raumprogramm für den Ort erträglich unterzubringen. Das Projekt überzeugt städtebaulich und architektonisch, leider nicht auf der Ebene der Nachhaltigkeit.
3. Rang
NEUES (H)AUS ZWEITER HAND
Studio Hammer, Basel
Das Projekt fügt sich als kompakter Baukörper im Stadtgefüge ein. Er besetzt selbstbewusst die Eckparzelle und folgt, bis auf ein kleines Fassadenstück, der Geometrie der Schanzenstrasse, auf die sich der Hauptzugang orientiert. Der Neubau schliesst an die strassenbegleitende Zeile im Bestand sowie in der Zukunft mit einem dreiseitig gerichteten Kopfbau. Drei Elemente: murale schwere Backsteinwände, leichte Glas-Metall-Fassadenteile und ein kompakter Kern, definieren die Raumanordnung im Grundriss. Die Ruhe im Grundriss findet sich wiederum in der Volumetrie, einer Dachterrasse im vorletzten Geschoss und das, in der Geometrie der Spitalstrasse, aufgeklappte Fassadenstück schaffen den Übergang zum Rossettibau. Die eingezogene Ecke zur Strassenkreuzung ist auf der gesamten Gebäudehöhe geschlossen und soll begrünt werden, sie prägt die städtebauliche Wahrnehmung des Neubaus mit einem Hauch Monumentalität. Das Gebäude wird als hybrider Skelettbau aus Holz und Lehm vorgeschlagen. Die Treppe läuft entlang der Brandwand hoch, das Podest dient als Erschliessungsgang in den Regelgeschossen, erst für die Zellenbüros wird ein zusätzlicher Korridor eingeführt.
Alle Räume sind einseitig orientiert und gut proportioniert. Der Eingang auf der Schanzenstrasse sowie der fehlende Bezug der Geschäftsstelle zur Empfangstheke werden als suboptimal erkannt. In den Obergeschossen ist die innere Raumorganisation sehr gut, die Verteilung der verschiedenen Nutzungen, der Wechsel von offenen oder geschlossenen Fassadenflächen zu den Büroräumen sind ausgezeichnet gelöst. Das Gebäude wird aus Einzelteilen zusammengefügt und soll auch wieder in seine Einzelteile zerlegt werden können, um anderenorts eine Wiederverwendung zu finden.
Die Gestaltungsidee basiert auf der Absicht der Wiederverwendung von Baumaterialien aus Abbruchprojekten, die in Basel in den nächsten Jahren zurückgebaut werden. Die Backsteine aus unterschiedlichen Materialminen wirken collagenhaft, die geschlossenen Wandteile werden somit belebt und einzigartig. Im Kontrast stehen die Metallfassadenteile mit den filigranen Photovoltaik-Brise-Soleil und den Stoffstoren, die dem Bau einen Ausdruck von Leichtigkeit, Genauigkeit und Hightech verleihen sollen. Das Alternieren in der Materialität der Fassade spiegelt die innere Raumorganisation, es wird bewusst auf horizontal verbindende Elemente wie Sockel, Gesims oder Dachrand verzichtet.
Die Nachhaltigkeit zielt hier klar auf die Kreislaufwirtschaft. Dabei soll ein hoher Anteil an recycelten Materialen eingesetzt werden. Problematisch kann der Schallschutz der Holzfassaden werden, da diese sehr leicht konstruiert sind. Eine Kombination mit einem Nachhaltigkeitslabel ist umsetzbar. Das Erfüllen der angestrebten Nachhaltigkeits- Standards ist umsetzbar. Aus dem Willen, das Zerlegen zu manifestieren, bekommt das Gebäude etwas von einem House of cards, eine Fragilität, die bei der fehlenden Fügung der Materialien von Backsteinwand – Glasmetall-Gerüst erst zum Ausdruck kommt. Das Projekt ist konsequent und zielgerichtet aufgebaut, es soll ein Manifest für die Wiederverwendung von Baumaterialien werden. Neben den bautechnischen Fragen, die aufgeworfen werden, überzeugt der Ausdruck dieses wertvollen Ansatzes leider nicht.
4. Rang
LIBERO
Brandenberger Kloter Architekten AG, Basel
Der Neubau stellt sich mit einem selbstbewussten Ausdruck an die Kreuzung und vermittelt gleichzeitig mit einer feinen Staffelung zwischen den grossvolumetrischen Bauten an der Spitalstrasse zu den Wohnbauten an der Schanzenstrasse. An der Ecke springt er leicht hinter die Baulinie zurück, um den Eingang zu markieren, während er an der Spitalstrasse ab dem 1. OG mit einem Erker vorspringt. Das Projekt kommt mit nur sieben Geschossen aus und formuliert damit eine wohltuende Zurückhaltung. Das überhohe Erdgeschoss und das ebenfalls überhöht ausgebildete Dachgeschoss gliedern den Bau stimmig in der Vertikalen.
Das Volumen wird über horizontale Bänder zusammengehalten. Mit dem verhältnismässig hohen Glasanteil nimmt das Gebäude Bezug zu den umliegenden Grossbauten. Man tritt stimmig an der Hausecke über einen leicht zurückversetzten, grosszügigen Windfang ins helle Foyer mit dem Empfang. Eine grosszügige Treppe führt ins Obergeschoss. Das Treppenhaus soll eine attraktive Verbindung zwischen den Geschossen sein, ergänzt mit einem kleinen begrünten Atrium. An der Brandmauer zur Bebauung Schanzenstrasse sind die restlichen Kernfunktionen (Lift, Nasszellen, Technik) angeordnet. Ob die an sich attraktive Idee eines Atriums bei der doch recht kleinen Grundfläche wirklich sinnvoll ist, wurde diskutiert. Insbesondere auch, weil damit zusätzliche akustische und brandschutztechnische Probleme entstehen. Auch die Sinnhaftigkeit einer Belüftung der Büros über das Atrium wurde in Frage gestellt.
Die Grundrisse in den Regelgeschossen (1.–4.OG) funktionieren im Open-Space, sowie mit Zellenstruktur gut. Die Räume sind von hoher Qualität, gut belichtet und schön proportioniert. Die Qualitäten der freistehenden Treppe erkauft man sich jedoch mit einem doppelten Erschliessungsgang im Falle einer Zellenstruktur. Eine zukünftige geschossweise Vermietung ist gut möglich. Das 7. OG mit den Multifunktionsräumen funktioniert gut und erlaubt flexible Nutzungsvarianten. Im Dachgeschoss befindet sich die PV-Anlage, Technikräume und eine Dachterrasse für die Mitarbeitenden. Im 1. UG liegen die Werkstätten und ein Velokeller, welcher über eine separate Treppe von der Spitalstrasse erschlossen wird.
Der Entwurf macht einen eleganten und sorgfältig gestalteten Vorschlag für die städtebauliche Setzung und den architektonischen Ausdruck. Mit einer einfachen Struktur schafft er hochwertige Arbeitsflächen und ein vielschichtiges und flexibles Raumkonzept.
5. Rang
ÉPROUVETTE
Zachmann Mackintosh Architekten, Basel
Der Neubau für das BRCCH besetzt die städtebaulich anspruchsvolle Ecke an der Kreuzung Spitalstrasse und Schanzenstrasse mit einem einfachen Quader. Durch den elegant proportionierten Baukörper wird die heterogen bebaute Kreuzung zentriert und räumlich gefasst. Als städtebaulicher Akzent wird das Treppenhaus in einen gläsernen Zylinder ausgelagert. Dank dem schmalen Fussabdruck wird an der Spitalstrasse ein eigentlicher Vorplatz für das kleine aber hoch ambitionierte Bürohaus geschaffen. Folgerichtig befindet sich an dem durch den Treppenturm seitlich begrenzten Platz der frontale Haupteingang.
Den Auftakt des hellen Hauses bildet eine zweigeschossige halbkreisförmige Eingangshalle, die mit ihrer Geometrie auf die repräsentative Wendeltreppe verweist. Neben dem städtebaulichen Akzent wird die Wendeltreppe auch zur Attraktion im Inneren. Die leichte Konstruktion öffnet einen spektakulären Blick in den Stadtraum und verbindet die Bürogeschosse räumlich miteinander. Im zweigeschossigen Sockelbereich sind Empfang, Verwaltung und Sitzungszimmer publikumswirksam angeordnet. Die 12 Meter tiefen Bürogeschosse werden stützenfrei mit einer Stahlkonstruktion überspannt. Einzig ein geräumiger Haustechnikschacht an der Nordfassade ragt in die rechteckige Nutzfläche. Dank der ausgelagerten Vertikalerschliessung entstehen so komplett flexibel nutzbare Büroflächen. Vom Grossraumbüro, einer Kombizone oder Einzelbüros mit mittlerem Korridor sind verschiedene Einteilungen des Grundrisses möglich. Die Multifunktions- und Aufenthaltsräume im 7. Obergeschoss sind überhoch und bilden den repräsentativen Abschluss des BRCCH. Darüber ist auf der ganzen Grundfläche eine Dachterrasse angeordnet. Sowohl der Quader wie auch das ausgelagerte Treppenhaus sind vollständig verglast.
Mit einem Meter tiefen Verschattungselementen wird versucht, den sommerlichen Wärmeschutz der gläsernen Gebäudehülle zu gewährleisten. Diese Art der Denkweise – zuerst ein nicht notwendiges Problem zu schaffen und dieses dann aufwendig zu lösen – ist nicht zeitgemäss und für den Anspruch des BRCCH auf Nachhaltigkeit kein gangbarer Weg. Das Projekt ist mit einer filigranen Stahlkonstruktion dargestellt. Mit der Spannweite von 12 Metern wären aber deutlich robustere Dimensionen notwendig. Die Tragstruktur befindet sich in der Fassadenebene. Im Erdgeschoss springt die Frontfassade hinter die tragende Achse zurück, so dass eine aufwendige Abfangkonstruktion erforderlich wäre. Die Kombination von grossem Gebäudevolumen und einer geringen Kompaktheit führt zu teuren Baukosten. Der hohe Glasanteil und das zweite Untergeschoss verschlechtern die Wirtschaftlichkeit zusätzlich.
Beim Projekt ÉPROUVETTE werden die klaren städtebaulichen und typologischen Entscheide geschätzt. Mit dem ikonographischen Baukörper, der eine maximale Flexibilität zulässt, wird eine anregende Grundlage für ein innovatives Bürogebäude geschaffen. Leider wird beim eigentlichen Entwurf auf ein oberflächliches Bild gesetzt, anstatt den Anspruch an ein nachhaltiges Gebäudesystem einzulösen.
6. Rang
STEIN AUF STEIN
Kronenberg Lutz GmbH, Zürich
Das Projekt STEIN AUF STEIN besetzt die Ecke mit einem massiven zweigeteilten Volumen. Das 8-geschossige Hauptvolumen in der zweiten Reihe steht rechtwinklig zur Bebauung an der Schanzenstrasse und nimmt damit auch Bezug auf zum Hauptvolumen der Spitalapotheke an der Spitalstrasse. Zur Spitalstrasse wird der Baukörper in der ersten Reihe 6-geschossig und nimmt die Flucht der Spitalstrasse auf. Damit nimmt er ein Prinzip auf welches bereits von den beiden Nachbarn Spitalapotheke und Faesches Haus eingesetzt wird. Der Versuch, auf diese Weise in einen Dialog mit seinen Nachbarn zu treten und einen selbstverständlichen und ruhigen Übergang um die Ecke zu gestalten – von der Blockrandbebauung an der Schanzenstrasse zur aufgelockerten Bebauung an der Spitalstrasse – ist plausibel, kann aber nicht ganz überzeugen. Insbesondere erhält der Bezug zur Spitalstrasse zu wenig Gewicht. Verstärkt wird dies durch den muralen Ausdruck, die Ausbildung des Sockelgeschosses, die Wahl der Farben und die Fensterproportionen, welche das Gebäude klar an die umliegenden Wohngebäude anbinden. Die daraus generierte Ambivalenz zwischen Wohnhaus und Büronutzung verunsichert.
Die Lage des Haupteingangs unter der abgeschrägten Kante des Hauptvolumens ist schlüssig. Ob der Zugang in die Eingangshalle über eine Drehtür passend ist, wird bezweifelt. Die Empfangssituation ist sehr pragmatisch gelöst. Dabei irritiert das direkte Vis à vis der Toilettenanlagen. Ein separater Fluchtweg zur Schanzenstrasse ermöglicht eine freie Möblierung der Eingangshalle. Der Treppenkern mit den Serviceräumen ist funktional und kompakt organisiert. Die Obergeschosse funktionieren mit Openspace- und 4er-Büros gut (1. bis 5.OG). Das Achsmass ermöglicht eine gute Flexibilität.
Die vorgeschlagene Unterteilung in Zweierbüros führt jedoch zu eher unvorteilhaften Raumproportionen. Dabei zeigt sich auch, dass die Flexibilität durch die ungleichmässige Verteilung des Lichts eingeschränkt wird. Eine zukünftige geschossweise Vermietung ist gut möglich. Im 6. OG sind die Aufenthalts- und Multifunktionsräume angeordnet mit Zugang zu einer grossen Terrasse auf dem niedrigeren Gebäudeteil. Entgegen der vom Nutzer angedachten Empfehlung, die Werkstätten im Untergeschoss unterzubringen, schlagen die Verfasser vor, diese in einem zusätzlichen 8. OG zu platzieren. Sie verstärken damit eine städtebauliche Präsenz und sparen die im Vergleich höhere graue Energie eines 2. Untergeschosses. Im 1. UG sind die Technikräume, Lagerflächen und ein Veloparking untergebracht. Eine zukünftige Erweiterung der Büroflächen Richtung Schanzenstrasse kann in den untersten drei Geschossen problemlos über die Erschliessungshalle im Treppenkern erfolgen. Das Projekt STEIN AUF STEIN überzeugt durch eine fundierte Auseinandersetzung mit den aktuellen Themen der Nachhaltigkeit, insbesondere durch seine thermische Robustheit und die tiefe Gesamtumweltbelastung aufgrund seiner Materialisierung. Es macht einen plausiblen Vorschlag zum Städtebau, kann aber bei der Ausformulierung seines Ausdrucks nicht ganz überzeugen.
Info: Wettbewerbsausstellung
Die Wettbewerbsbeiträge können an der Uferstrasse 90
(Eingang Süd, 1. Obergeschoss) besichtigt werden.
Vernissage: 13. Januar 2022 um 18 Uhr
(Eintritt nur mit Eintrittskarte)
Ausstellung: 14. – 25. Januar 2022,
Montag bis Freitag 17 – 20 Uhr und Samstag 11 – 16 Uhr
Der Zugang zur Ausstellung ist nur mit Covid-Zertifikat möglich (GGG). In den Innenräumen gilt Maskenpflicht.