Sie sind Mangelware am Rheinknie. Offene Wettbewerbe wurden vom Kanton Basel-Stadt letztmals vor drei Jahren ausgeschrieben. Vergangenes Jahr fanden allesamt selektive Verfahren mit Präqualifikation statt. Mit Blick auf das Resultat des Wettbewerbs für das Wohnhochhaus Rankstrasse konstatiert unser Redaktor Lukas Gruntz: Ein offener Wettbewerb hätte es auch getan.

Die Idee liegt im Schnitt… © Studio DIA
Beim Studium der vier A0-Abgabepläne des Siegerprojekts wird schnell klar: Das Geheimnis liegt im Schnitt! Es ist vor allem eine starke räumliche Idee, die an der Rankstrasse gewonnen hat. Die Zusammenfassung von jeweils drei Wohngeschossen zu einem vertikalen Cluster zeichnet das Siegerprojekt von Studio DIA aus. «Die Kombination von innerer Erschliessung, vertikaler Gemeinschaft und ungezwungener Begegnung leistet einen wichtigen und erfolgversprechenden Beitrag für ein lebendiges Wohnen im Hochhaus», lobt die Jury. Ebenso klug ist die Typologie: Fünf Wohnungen pro Geschoss profitieren von einer Belichtung übers Eck. Der Freiraum spielte beim Hochhauswettbewerb hingegen eine untergeordnete Rolle. Es ist bezeichnend: Das Siegerteam kam – im Unterschied zu den meisten anderen Teilnehmenden – ohne Landschaftsarchitekt:innen aus. Die Vorgabe für die Weiterbearbeitung lautet denn auch: «Die Aussenraumgestaltung ist unter Beizug eines Landschaftsarchitekturbüros zu überarbeiten.»
Hier hätte ein offener Wettbewerb gereicht, um eine belastbare Idee für die weitere Planung zu erhalten.

Grundrissschema: Dank starker Idee zum Erfolg © Studio DIA
Man trete von den Plänen einen Schritt zurück: Die vier A0 entsprechen dem üblichen Umfang eines offenen Wettbewerbs. Der Fokus lag hier auf einer starken räumlichen und typologischen Idee. In den drei Grundrissen A, B und C der Regelgeschosse liegt die architektonische Erfindung des Siegerprojekts. Der Rest – von der Parkierung über den «Strom aus Basler Sonne» bis zur Konstruktion – kann getrost in der weiteren Planung vertieft werden. Das Resultat widerspricht damit den Aussagen von Jonathan Koellreuter, dem Leiter des Portfoliomanagements bei Immobilien Basel-Stadt, der im vergangenen Jahr gegenüber Architektur Basel sagte: «Generell werden die Aufgabenstellungen immer komplexer, weshalb sie in einstufigen offenen anonymen Verfahren oftmals nicht ausreichend für einen belastbaren Entscheid bearbeitet werden können. Deshalb müssen auch neue Wege begangen werden können.» Man stellt fest: An der Rankstrasse hätte ein offener Wettbewerb gereicht, um eine belastbare Idee für die weitere Planung zu erhalten.

© Studio DIA
Die Präqualifikation ist für junge Büros ohne Referenzen eine kaum überwindbare Hürde. Aus zahlreichen Bewerbungen wurden von der Jury insgesamt 15 Teams zur Teilnahme ausgewählt, wobei man die auserkorenen Nachwuchsteams an einer halben Hand abzählen kann. Und siehe da: Gewonnen hat eines der wenigen jungen Büros. Studio DIA wurden 2020 gegründet. Ein Hochhaus haben sie bisher keines gebaut. Auf dem zweiten Platz landete mit Waldrap ebenfalls ein junges Team. Renommierte Namen wie Boltshauser, EMI oder Miller & Maranta sucht man unter den rangierten Teams vergebens. Das Resultat stellt die Notwendigkeit der Präqualifikation grundsätzlich in Frage. «Es gilt zu verhindern, dass Wettbewerbsverfahren nur noch Teilnehmenden mit Erfahrung in der entsprechenden Baugattung zugänglich sind. Diese ist kein Garant für architektonische Qualität», heisst es im «Aufruf von Einsiedeln». Anders formuliert: Welche Bedeutung haben gebaute Referenzen, wenn man Talent und Ambitionen hat?
«Alle Architekturwettbewerbe sind Ideenwettbewerbe. Das Verfahren dient der Ideenfindung.»

© Studio DIA
Der programmatisch überladene Wettbewerb – insgesamt waren 15 (!) Expert:innen dabei – offenbart eindrücklich, weshalb sich Varianzverfahren in Basel in die falsche Richtung entwickeln. Man überstrapaziert das Gefäss des Architekturwettbewerbs. Schlanke und fokussierte Verfahren müssen das Ziel sein. Nachwuchsförderung inklusive. Nochmals der «Aufruf von Einsiedeln»: «Alle Architekturwettbewerbe sind Ideenwettbewerbe. Das Verfahren dient der Ideenfindung.»
Text: Lukas Gruntz / Architektur Basel