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Ein relevantes Haus von Marina Tabassum: Architektur der Notwendigkeit auf dem Vitra Campus

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Bauen in Rekordzeit: Nach nur zwei Wochen steht die Leichtbaustruktur von der Architektin Marina Tabassum auf dem Vitra Campus in Weil am Rhein. «Khudi Bari», aus Bengali wörtlich übersetzt «kleines Haus», entspringt einer sorgfältigen architektonischen Haltung und liefert eine konkrete Antwort auf Probleme, welche durch die Klimakrise ausgelöst werden. Es ist ein relevantes Haus. 

Khudi Bari © Marina Tabassum Architects, photo: City Syntax

Bangladesch, das Land des Gangesdelta, welches von den Flüssen Ganges und Brahmaputra gespeist wird, transportiert immense Wassermengen aus dem Himalayagebirge und angrenzenden Regionen mit den höchsten Niederschlagsmengen weltweit. Marina Tabassum, gebürtige Bangladeschi, studierte Architektur in Bangladesch. Aktuell ist sie Professorin an der TU Delft. Das von ihr initiierte Projekt «Khudi Bari» wurde im vergangenen Jahr in München in der Pinakothek der Moderne gezeigt. Dort entdeckte Rolf Fehlbaum, Chairman Emeritus von Vitra, das kleine Haus: «Das Khudi Bari ist eine grossartige Erfindung: schön, intelligent und nützlich. Als ich es in Marinas Ausstellung in München gesehen habe, fand ich, dass es perfekt in den fortlaufenden Architekturdialog auf dem Vitra Campus passen würde. Die Arbeit von Marina Tabassum zeigt, wie man dringliche soziale Probleme mit einfachen Mitteln praktisch, erschwinglich und optisch ansprechend lösen kann.»

Khudi Bari © Marina Tabassum Architects, illustration: Kazi Akif Akash

© Architektur Basel / Laurence Ziegler

Ein «Khudi Bari» ist eine kostengünstige Leichtbaustruktur aus Dreiecken, welche mit regionalen Materialien wie Bambus in Verbindung mit in Werkstätten vorproduzieren Stahlknotenpunkten gebildet werden. Diese können von Hand ohne Strom oder irgendeine andere Art von mechanischer Kraft auf- und abgebaut werden. Ein quadratischer Rahmen bildet das Fundament der Infrastrukturbauten. Ein grösserer Rahmen bildet die erste Etage. 

© Architektur Basel / Laurence Ziegler

© Architektur Basel / Laurence Ziegler

© Architektur Basel / Laurence Ziegler

Vervollständigt wird das System durch ein blechgedecktes Giebeldach. Das erhöhte Wohngeschoss bietet bei plötzlichen Überschwemmungen einen sicheren Ort. Ein autarkes kleines Haus, das jederzeit zerlegt, transportiert und an einem anderen Ort wiederaufgebaut werden kann. Im Gangesdelta wurden bereits über einhundert Khudi Bari aufgestellt und weitere sollen folgen.

Khudi Bari © Marina Tabassum Architects, photo: City Syntax

Die Platzierung der Leichtbaustruktur wurde auf dem Vitra Gelände bewusst gesetzt. Einerseits nimmt sie örtlich Bezug zur Produktionshalle von Alvaro Siza, andererseits durch die Wiederverwendung der roten Backsteine im sichtbaren Fundament des «kleinen Hauses». Trotz allem wirkt das kostengünstige modulare Bausystem, umgeben von Zitterpappel und Hainbuchenhecke, noch etwas fremd. Es braucht noch ein bisschen Zeit zur Akklimatisierung.

Text: Laurence Ziegler / Architektur Basel


weitere Infos:
www.design-museum.de

Öffnungszeiten:
Täglich, 10 – 18 Uhr

 


 

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