PETITION GAV ARCHITEKTUR

Entkernung Globus am Märtplatz: “Am Schluss ist es nur noch ein potemkinsches Dorf”

0

Es ist eine der eindrücklichsten Baustellen Basels. Mitten in der Altstadt findet auf engstem Raum eine imposante Entkernung statt. Der Umbau des Globus am Marktplatz schreitet voran. Das Projekt von Miller & Maranta schafft die Basis für die Zukunft des traditionsreichen Warenhauses, wobei im Innern kaum ein Stein auf dem andern stehen bleibt. Die Baustellenbilder zeugen davon – und sorgten in den sozialen Medien für angeregte Diskussionen.

“Habe erst heute durch die Baustellenabschrankung geschaut und war erstaunt. Habe gedacht, dass der Globus nur innen umgebaut wird.”

Es ist laut. Die Hydraulikscheren knabbern fleissig am Beton. Wie Borsten ragen die Armierungseisen aus den Deckenstirnen. “Habe erst heute durch die Baustellenabschrankung geschaut und war erstaunt. Habe gedacht, dass der Globus nur innen umgebaut wird”, schrieb Leser Thomas Wyser. Uns ging es ähnlich. Dass der Umbau dermassen an die Substanz geht, war uns nicht bewusst. Sara Rickenbacher befand: “Ich bin auch erstaunt, wie viel abgebrochen wird bei der Sanierung.» Dabei ist es wichtig zu betonen, dass die Fassade stehen bleibt. In der äusseren Erscheinung wird sich nur wenig verändern. Im Gegenteil: Sie wird in enger Abstimmung mit der Denkmalpflege renoviert und rekonstruiert. Martin Schweizer kommentierte mit bissiger Ironie: “Also am Schluss ist es nur noch ein potemkinsches Dorf. Sozusagen umgekehrt zu den heutigen InfluenzerInnen: Aussen alles neu Silikon- und Botox-aufgetakelt, und innen noch alles steinalte 25-50 Jahre alt.” Beim Globus entsteht ein grosser, neuer Innenhof, der dem Bestand zusätzliche räumliche Qualität verleiht.

“Ich hab mal im Globus gearbeitet und einerseits blutet mir das Herz, wenn ich die Bilder sehe und frag mich natürlich auch irgendwie: musste das sein…?

Globus Basel, Eingang, 1932 © Photographisches Institut der ETH Zürich

Avantgarde anno dazumals: Eingang im Jahre 1932 © Photographisches Institut der ETH Zürich

Für die Entkernung gibt es gute Gründe. “Der Globus bestand zuletzt aus vier Liegenschaften. Deshalb waren auch die Etagen nicht durchgehend. Der 1. An- oder Umbau war um 1915, der 2. in den 30er Jahren, der 3. um 1975”, erklärte Phil Bösiger und ergänzte: “Nur gabs damals noch kein Facebook, auf dem man deshalb den Untergang unserer Stadt herbeischwatzen wollte.” Leser Gottfried Leutenegger kannte das Haus aus eigener Erfahrung als Angestellter: “Ich hab mal im Globus gearbeitet und einerseits blutet mir das Herz, wenn ich die Bilder sehe und frag mich natürlich auch irgendwie: musste das sein…? Wer, wie ich damals hauptsächlich hinter den Kulissen tätig war, weiss, dass vieles in dem grossen Haus nicht mehr zeitgemäss war.” Dem schloss sich Sandro Gruber an: “Was will man in einem über Jahrzehnte zusammengewürfelten Baukomplex (verschiedene Levels usw.) „umbauen“? Heraus käme dabei nichts Ganzes und nichts Halbes.”

“Na ja, immerhin bleibt da noch die Fassade, das Berliner Schloss oder die Dresdener Frauenkirche sind reine Imitate und ziehen trotzdem massenweise Leute an.”

Entkernung Globus im Februar 2023 © zVg

Beim Globus geht es um die grundlegende Frage des Denkmalbegriffs. Kann ein Baudenkmal lediglich aus einer Fassade bestehen? Oder wäre in diesem Fall genauso ein kompletter Neubau denkbar? Eine Stadt der Kulissen scheint nicht erstrebenswert, ebenso wenig die Rekonstruktion. Die beiden Leser, Christian Mueller und Phil Bösiger diskutierten die Frage: “Solange die Fassade als Kulisse bleibt, ist die Stadtbildkommission einverstanden… Viel historische Bausubstanz ist wohl aber auch nicht mehr vorhanden”, schrieb Mueller, worauf Bösiger entgegnete: “Es war vorher schon eine Kulisse, der Globus bestand aus vier Liegenschaften, vor die eine Fassade gestellt wurde. Historisch war da schon nicht mehr viel.” – “Wie im Europapark.” František Matouš ergänzte: “Na ja, immerhin bleibt da noch die Fassade, das Berliner Schloss oder die Dresdener Frauenkirche sind reine Imitate und ziehen trotzdem massenweise Leute an.”

Umbau Globus am Marktplatz © Globus, Zürich

Für den Globus geht es ums Überleben. Der stationäre Handel steht unter grossem ökonomischem Druck. «Warenhäuser haben es schwer, sie müssen sich ständig verändern», sagt Detailhandelsexperte Marcel Stoffel. Das sah man zuletzt in Zürich. Die Ankündigung der Schliessung des Jelmolis sorgte für Aufsehen. Insofern ist der Umbau ein mutiger Schritt in die Zukunft. Abseits von denkmalpflegerischen und ökologischen Fragen, die man in diesem Fall durchaus kontrovers diskutieren kann, soll er für das Unternehmen zum Befreiungsschlag werden. Es bleibt zu hoffen, dass das traditionsreiche Warenhaus unserer Stadt noch lange erhalten bleibt. Der Globus gehört zu Basel – wie ein Globibuch in jedes Kinderzimmer.

Text: Lukas Gruntz / Architektur Basel

Korrigendum:
Die Arkade zwischen Marktplatz wird nicht – wie im ursprünglichen Projektstand und Visualisierung dargestellt – geschlossen. Als Allmend bleibt sie weiterhin Teil des öffentlichen Raums.

Warenhaus Globus, Geschäftsbericht 1908 © Magazine zum Globus AG

Warenhaus Globus, Geschäftsbericht 1908 © Magazine zum Globus AG

Comments are closed.