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Geschmückte Ecken oder vor allem Asphalt? Kommentar zur Voltaplatz-Umgestaltung

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Rückblick ins Jahr 2010: Der damalige Bau der Nordtangente ermöglichten die Umgestaltung des Voltaplatzes. Seitdem hat sich das St. Johann-Quartier stark weiterentwickelt. Entsprechend werden die Freiräume nördlich der Voltastrasse stärker genutzt. Bald wird der Baustein Volta Ost fertiggestellt und der Platz damit von drei Seiten gefasst. Es verbleibt eine offene Ecke zur Voltamatte. Der Kanton verspricht nun im Rahmen einer Umgestaltung «mehr Grün und weniger Asphalt». Unser Redaktor Martin Zwahlen wagt dazu einen kritischen Kommentar.

Ein Aufenthaltsort für Menschen ist der Voltaplatz nicht. Das soll sich ändern: Das Bau- und Verkehrsdepartement hat in einer Medienmitteilung verkündet, dass «mehr Grün und weniger Asphalt» für ein angenehmeres Klima am Voltaplatz sorgen sollen. Die Bewohner des St. Johann-Quartiers könnten sich über diese Massnahmen freuen, wenn es nicht nochmals mindestens zehn Jahre dauern würde, bis die ersehnte Abkühlung spürbar wird. Es ist fraglich, wie sehr die Neugestaltung die Aufenthaltsqualität steigern wird. Die Kritikpunkte sind folgende: Als erste Massnahme wurden acht Bäume gefällt, nur zwei Ecken werden aufgewertet. Verkehrstechnisch bleibt der Platz eine vielbefahrene, lärmige Kreuzung. Die Umgestaltung ist nicht viel mehr als Kosmetik.

Viel Grün: So stellt sich das Baudepartement der Voltaplatz in Zukunft vor.

Das BVD und das Spiel der Zahlen
Ganze 670 m² Asphalt werden aufgebrochen, zwölf neue Pflanzrabatten angelegt, und elf zusätzliche Bäume gepflanzt. Insgesamt werden auf dem Platz künftig 28 Bäume stehen. Verheissungsvoll? Nicht wirklich. Für einen Platz, der 7000 m² gross ist, bleibt das wenig Grün. Zum Vergleich: Auf dem Hebelplatz stehen 25 Seiden-Akazien auf einen Platz von lediglich 1500 m².

Auf der Grafik dominieren verschieden Grüntöne.

«Ein Baum» lässt sich nicht mit «einem Baum» ersetzen
Es muss immer wieder betont werden, dass Pflanzen lebende Organismen sind, die Zeit brauchen, um sich zu etablieren und zu entwickeln. Die japanischen Pagodenbäume (Styphnolobium japonicum) hatten in ihren engen Baumgruben kein einfaches Leben. Deswegen haben sie sich auch nur langsam und etwas kümmerlich entwickelt. Ihre Widerstandsfähigkeit sollte jedoch nicht unterschätzt werden. Mit der neuen Gestaltung wird der Asphalt aufgebrochen und die Baumgruben werden in Pflanzflächen integriert, sodass es für die Wurzeln mehr Raum gibt und mehr Wasser in den Boden versickern kann. Möglicherweise hätte sich der eine oder andere bestehende Baum erholen und doch noch stark und kräftig werden können. Obwohl sich der Zustand der Bäume nicht mehr verbessert, spenden sie während der nächsten 10 Jahre im Sommer weiterhin mehr Schatten für Menschen, Tiere und Pflanzen als die neu gepflanzten Bäume. Denn, wie in der Mitteilung entnommen werden kann, wurden für die 19 neuen Bäume bewusst «sehr junge Pflanzen» ausgewählt. Das Ergänzen des bestehenden Baumbestands mit Jungbäumen und das anschliessende Fällen grösserer Bäume würde der Sukzession und somit dem natürlichen Prozess dieser Organismen entsprechen.

Last tree standing: Bis jetzt bot diese Platzecke kaum Aufenthaltsqualitäten.

Zuerst das Tram, die Strasse und dann die Fussgänger
Nach nur knapp 10 Jahren mussten im Herbst 2023 auf dem Voltaplatz alle Tramgleise saniert werden; gleichzeitig wurde auch grossflächig wieder Asphalt eingebaut, was eine lärmige, komplexe und lange Baustelle bedeutete. Leider wurde die Gelegenheit nicht genutzt, um die Verkehrsführung auf den sich wandelnden Stadtraum abzustimmen. Nun wird zwei Jahre später eine Veränderung für die Fussgänger vorgenommen. Wir von Architektur Basel haben bereits beobachtet, dass viele Klimaanpassungsmassnahmen des Bau- und Verkehrsdepartements ohne qualitätssichernde Massnahmen, wie zum Beispiel einen Wettbewerb, umgesetzt werden. Varianzverfahren könnten helfen, Gesamtkonzepte zu entwickeln und frische Ideen zu sammeln, wie ein Ort entwickelt werden kann, anstatt nur auf einen Baukasten von Standardelementen zurückzugreifen. Es lebe der Wettstreit der Ideen.

Auf diesem Platz hat eindeutig der motorisierte Verkehr Vorrang.

Verbesserungen – und seien sie noch so klein – sind auf jeden Fall zu begrüssen. Jedoch erhofft man sich keine Kosmetik sondern ein mutiges Gesamtkonzept für einen lebenswerten Voltaplatz. Beim Umgang mit bestehenden Bäumen wünscht man sich mehr Geduld. Freiraumentwicklung gleicht einem Marathonlauf: Der langfristige Zeithorizont ist entscheidend. Es bleibt zu hoffen, dass der Voltaplatz für die künftige Generation ein grüner Platz wird.

Text: Martin Zwahlen / Architektur Basel


Quelle:
https://www.bs.ch/medienmitteilungen/bvd/2025-mehr-gruen-und-weniger-asphalt-sorgen-fuer-ein-angenehmeres-klima-am-voltaplatz

 

 

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