Der Neubau eines Kirchenzentrums mag in Zeiten von sinkenden Mitgliederzahlen verwundern. Man würde die Konzentration der Kirchenbauten auf einige wenige, zentral gelegene Orte und die Umnutzung beziehungsweise den Rückbau, der peripher gelegenen Bauten erwarten. Anders in Kleinhüningen: Hier hat die katholische Kirche kürzlich neu gebaut. Es handelt sich um ein multifunktionales Kirchzentrum, mit Wohnungen, Kindergarten, Pfarreizentrum und Kapelle, das von Lorenz Architekten gebaut wurde.
Die Prüfung der gesetzlich erlaubten Nutzungspotenziale der Parzelle an der Kleinhünigeranlage hat ergeben, dass mit einem Neubau und Ersatz der kirchlich genutzten Räume eine höhere Ausnützung und zusätzliche Flächen zur Fremdnutzung realisiert werden können. Ausserdem können die öffentlichen Flächen der Quartierbevölkerung zur Verfügung gestellt werden.
Der Neubau im Blockrand, welcher an die Stelle des ehemaligen Kapellengebäudes aus den dreissiger Jahren und seiner Pfarreibauten tritt, schliesst die Lücke in der Zeile. Der mittlere Teil des Gebäudes weicht von der Baulinie leicht zurück und ermöglicht dem Glockenturm eine angemessene Präsenz im Strassenraum. Dieser Akzent markiert den Eingang zum sich im Erdgeschoss befindenden Kirchenzentrum.
Der durch den Rücksprung entstandene Vorplatz, liegt vor dem Eingang der öffentlich genutzten Räume. Als städtebauliche Referenz diente die 1927 von Karl Moser gebaute Antoniuskirche im Basler St. Johann-Quartier. Auch sie befindet sich in einer Randbebauung aus Wohnhäusern und springt leicht von der Fassadenflucht zurück. Die Zugänge des Doppelkindergartens im südlichen Teil des Gebäudesockels erreicht man über einen Durchgang zum Innenhof. Hier ist es ruhig. Der Strassenlärm ist gedämpft.
Als bescheiden würde man die Architektur des Gebäudes nicht bezeichnen: Konkav und konvex geschwungene Fassadenteile erzeugen Tiefe und ein rhythmisches Spiel. Die rotbraune Klinkerfassade macht einen anmutigen Eindruck. Als Referenz diente mitunter das Getreidesilo von Hans Bernoulli aus dem Jahre 1923, welches sich in Gehdistanz am nahe gelegenen Hafenbecken 1 befindet.
Der Andachtsraum kommt geschlossen und in sich gekehrt daher. Introvertiert im guten Sinne. Geschwungene Betonelemente nehmen das Thema der konkaven Strassenfassade auf. Über ein umlaufendes Fensterband fällt das Tageslicht gleichmässig in den überhohen Raum und erzeugt eine starke, sakrale Stimmung. Durch das Aufschieben der Wand zum Nachbarraum kann der Altar auch vom Gemeinschaftsraum her genutzt werden. Die Intimität und die Sitzplatzanzahl können dadurch der Veranstaltung entsprechend angepasst werden.
Die Materialisierung der in den Obergeschossen gelegenen Wohnungen kommt im Vergleich zu den öffentlich genutzten Räumen eher standardmässig daher. Von zweieinhalb bis dreieinhalb Zimmer betritt man diese über einen geschlossenen Laubengang oder über ein Verteilerzimmer. Die räumliche Verbindungen, die Grosszügigkeit, wie sie im Erdgeschoss vorhanden sind, funktionieren in den zum Wohnen genutzten Räumen nicht gleichermassen gut.
Der Attikarücksprung des obersten Geschosses und der dadurch entstehende Balkon zur Strassenseite mit den geschwungenen Fassadenteilen ist knapp bemessen. Er resultiert aus den baugesetzlichen Vorgaben. Aufhalten oder kreuzen kann man sich aufgrund der geringen Tiefe kaum. Hier kann jedoch der Kaffee in der aufgehenden Morgensonne mit Aussicht auf das Hafenbecken 2 und den Schwarzwald genossen werden.
Die städtebauliche Setzung sowie die Ausführung vieler kleiner Details in der Fassade sind überzeugend. Auch der Andachtsraum verfügt über eine starke Stimmung und ist sehr gelungen. In den Wohnungen wünschte man sich mehr spannungsvolle Raumbezüge. Ein Amalgan aus Atoniuskirche und Bernoullisilo: Beide genannten Referenzen entstanden in den zwanziger Jahren und so mutet dem Kirchenzentrum St. Christophorus eine expressionistische Haltung an, welche sich gut in das hafennahe gelegene Quartier einbindet.
Text: Marco Blecher / Architektur Basel
Fotos: Armin Schärer / Architektur Basel
Pläne: Lorenz Architekten GmbH