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Kühles Klima für Basel – Daniel Baur zeigt wie es möglich ist

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Bis 2037 soll Basel-Stadt klimaneutral werden, das hat die Bevölkerung bei der Abstimmung im November 2022 entschieden. Aber «kann Basel Klima?» Diese Frage stellt der Landschaftsarchitekt Daniel Baur. Zusammen mit Studierenden aus der Berner Fachhochschule und Mitarbeitenden aus seinem Büro «Bryum» zeigt er auf, welche Veränderungen im städtischen Raum möglich sind. Seine Erkenntnisse teilte er mit der Bevölkerung letzten Mittwoch bei einem Vortrag im Wohnzimmer der Markthalle.

Daniel Baur präsentiert ein Baum mitten auf der Klybeckstrasse.

Daniel Baur präsentiert einen Baum mitten auf der Klybeckstrasse. © Martin Zwahlen / Architektur Basel

Daniel Baur macht uns klar, dass wir mit der Klimaveränderung nur wenig Erfahrung haben, da dieses Phänomen erst seit etwa fünfzig Jahren bekannt ist. Aus diesem Grund kennen wir die Lösungen noch nicht und müssen experimentieren. Dieses Versuchen ist wichtig, auch wenn dabei Fehler passieren können. Die Verkehrsinfrastrukturen erscheinen meist für die Ewigkeit gebaut und Veränderungen sind nur über lange Prozesse möglich. Doch Baustellen finden überall in der Stadt statt und könnten als Versuchslabor genutzt werden. Laut Prognosen werden in der Stadt Basel bis 2037 über 60 % der Strassen saniert werden. Vier ausgedachte Prinzipien, könnten bei der Instandsetzung eines Strassenraums zur Anwendung kommen, um den Freiraum zu kühlen und mehr Aufenthaltsqualitäten anzubieten.

Der Blockrand entlang der Riehenringstrasse vor dem Neubau von Jessen Vollenweider Architekten. © Bryum

«Glainer wärde»

In den Städten wird mehr Dichte verlangt. Dies geht aber häufig auf Kosten von mehr verbautem Boden. Der Boden ist aber einer der wichtigsten Klimapuffer, den wir besitzen. Er nimmt viel Wasser auf und lässt es langsam wieder verdunsten. Daniel Baur nutzt das Projekt Riehenring von Jessen Vollenweider als Beispiel dafür. Vor dem Projekt bot dieser Blockrand eine Dichte von 210 Personen pro Hektar. Im Hof waren verschiedene Werkstätten angesiedelt und der Boden war grösstenteils versiegelt. Mit dem Neubau von Jessen Vollenweider beträgt die Bewohner:innendichte heute 240 Personen pro Hektar. Auch steht den Anwohner:innen mehr Freiraum zur Verfügung. Doch die neu angelegten Grünflächen sind mehr ein Abstandsgrün als ein qualitativ wertvoller Freiraum.

Die Situation heute, mit dem Abstandsgrün zwischen dem Blockrand und der Hofbebauung. © Bryum

Grundsätzlich sollte der Boden entdichtet werden und die Häuser verdichtet. Die gebaute Fläche würde schrumpfen – «Glainer wärde» – zugunsten von einem grosszügigen Freiraum mit viel Potenzial für die Regulation des Klimas. Auch könnte mit Eingriffen, wie Aufstockung, Erweiterung oder kleinere Wohnungen, in den bestehenden Häusern die gleiche Dichte wie im heutigen Neubau erreicht werden.

Der Vorschlag von Daniel Baur für die gleich hohe Bewohner:innendichte wie heute, aber mit einem grosszügigen Freiraum. © Bryum

«Zämerugge»

Bei diesem Prinzip haben Studierende von Daniel Baur den Strassenschnitt hinterfragt. In den Normen ist klar geregelt, wie breit die verschiedenen Bereiche der Strasse sein müssen. Häufig ist aber die Fahrbahn oder das Trottoir breiter als notwendig. Wenn die Flächen geschickt angeordnet werden und «Zämerugge», dann bleibt mehr Platz für Bäume und Aufenthaltsbereiche.

Wie viel Raum ist für die verschiedenen Nutzer:innen des Strassenraums notwendig? © Martin Zwahlen / Architektur Basel

«Uf d’Syte lege»

Nach langer Trockenperiode folgen im Sommer heftige Gewitter mit grossen Niederschlagsmengen. Das gesamte Wasser wird, wenn alles gut läuft, von der Kanalisation verschluckt und abgeführt. Meistens ist die Stadt wenige Stunden danach wieder trocken. Dabei können wir nicht vom Wasser als kühlendes Element profitieren. Wir sollen das Wasser «Uf d’Syte lege» und langsam verdunsten lassen, schlägt uns Daniel Baur vor. Dafür sind die Parkplatzflächen gut geeignet.

So soll die Haltingerstrasse nach Daniel Baur in Zukunft aussehen. Die Prinzipien «Zämerugge» und «Uf d’Syte lege» werden hier angewendet © Bryum

«Mitenander statt näbe’enander»

Sobald Platz für den Baum oberirdisch geschaffen wurde, braucht es für das wichtigste Organ der Pflanze auch noch Raum unter der Erde. Hier möchte Daniel Baur nicht, dass wir auf einen Baum verzichten wegen der Leitungen, sondern alles «Mitenander» haben können. Da die Lebensdauer von Leitungen länger sind als die der Stadtbäume, ist der Baum kein Hindernis bei der Sanierung der Rohre.

Ist das möglich? Baumwurzeln zwischen den Leitungen. Daniel Baur versichert uns das Ja. © Bryum

Die vorgeschlagenen Ideen sind klar und gut verständlich. Daniel Baur holte während des anderthalb stündigen Vortrages mehrmals aus, um seine Aussagen mit Studien, Normen oder Erfahrungen zu hinterlegen. Leider wurden aber keine umgesetzten Beispiele gezeigt. Obwohl diese Eingriffe sich mit wenigen Mitteln umsetzen lassen, scheinen die Hürde in der Administration des Stadtkantons hoch zu sein. Daniel Baur versicherte uns, dass in kleineren Gemeinde solche Vorschläge viel einfacher akzeptiert und einfach mal umgesetzt werden.

Gespannt warten wir auf die erste Klima könnende Strasse in Basel!

Artikel: Martin Zwahlen / Architektur Basel

 

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