Unweit des Congress Centers Basel fanden wir uns in einem ruhigen Hinterhof der Turnerstrasse wieder. Nord Architekten weckten unser Interesse durch eine gewisse Mystik. Auf der Internetseite entdeckten wir nur die wundervolle Architektur, aber wer waren die Personen dahinter? Wir wollten es herausfinden und trafen einen der Gründer zum Gespräch. Zu unserer Überraschung war es kein unbekanntes Gesicht, das uns herzlich empfing, sondern der Architekt Matthias Baumann. Er war im Jahr davor Gastkritiker an unserem Institut.
Alles fing mit seiner grossen Leidenschaft für das Zeichnen an, und nach der Lehre zum Hochbauzeichner entschloss sich Matthias Baumann auch dazu, Architektur in Muttenz zu studieren. Noch während dem Studium machte sich Baumann selbstständig aufgrund eines gewonnen Studentenwettbewerbs, zu dessen Teilnahme sich drei Studienkollegen und er entschlossen hatten.
Zusammen denken, einander Halt geben
Am Anfang arbeiteten sie in der eigenen Stube. Später teilten sich die Vier ein Atelier mit zwei Künstlern. Um sich zu finanzieren, arbeiteten alle auch in anderen Büros. Es kann keine einfache Zeit gewesen sein, vor allem wenn man sich vorstellt, dass jeder Gedanke durch vier Köpfe lief, wodurch oft Kompromisse ausgehandelt werden mussten. Andererseits gab man sich gegenseitig Halt und fing sich wieder auf, wenn es schwierig war. Auch heute noch hätten die Vier unterschiedliche Herangehensweisen, erzählt Matthias Baumann. Aber die Ideen liegen heute deutlich näher beieinander.
Der Durchbruch gelang dem jungen Büro mit dem Schulhaus Mühlematt in Lenzburg. Damit entstand auch das heutige Büro Nord Architekten, das sich als Gemeinschaft sieht. Nach wie vor sind die Hierarchien flach, jedoch hat heute jeder Partner zusätzlich die Rolle eines Leaders gegenüber seinem Projektteam inne. Jedes Projekt bleibt vom Entwurf bis zur Fertigstellung des Gebäudes bei einem Team. Was aber nicht heisst, dass es keinen Austausch gibt. In die projektübergreifende Kommunikation werden alle einbezogen.
Nachhaltigkeit heisst abwägen
Matthias Baumann beschäftigen primär gesellschaftspolitische und ökonomische Fragen. Gebäude müssten heute transformierbar sein, nur das führe zu einem langen Lebenszyklus. Beim Thema Nachhaltigkeit müsse man abwägen, sagt Baumann, denn Materialien beinhalteten graue Energie, und auch ihre Wiederverwendbarkeit sei ein grosses Thema. Wichtig sei zudem eine möglichst einfache Konstruktion, die sich beim Rückbau trennen lässt.
Im Gespräch mit Matthias Baumann ist immer zu spüren, dass der Mensch und seine Bedürfnisse im Vordergrund stehen. Er stellt sich die Frage, wie wir überhaupt leben wollen. Ein Wohngebäude brauche öffentliche Orte für die Gemeinschaft und den Austausch, aber auch der private Raum für den Rückzug dürfe nicht vernachlässigt werden. Das Gebäude brauche eine Orientierung, eine Mitte, zum Beispiel mit einem Grünraum, der informelle Begegnungen ermöglicht. Nur so könne eine gute Nachbarschaft entstehen, die es erlaubt, dass sich Bewohnerinnen und Bewohner die Architektur aneignen und nicht anonym bleiben.
Das Wort Architektur setzt sich aus dem griechischen arché für Anfang, Ursprung, Grundlage und téchne für Kunst, Handwerk zusammen. Genau diese Dinge machen die Architektur von Nord Architekten aus. Wir spürten deutlich, dass dieses Büro ein Ort der Leidenschaft und Ideen ist, wo man sich nicht auf Altem ausruht, sondern Neues wagt.
Text: Denis Steiner und Michael Winter
Dieser Text entstand am Institut Architektur FHNW im Frühlingssemester 2020, im Rahmen der Lehrveranstaltung in Sozialwissenschaften zum Thema «The Image of the Architect». Auf der Suche nach neuen Berufsbildern.