PETITION GAV ARCHITEKTUR

«Mit diesen veralteten Strukturen ist es kein Wunder, dass gute und faire Löhne nicht die Regel sind.»

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Zeit für einen Wandel, der längst überfällig ist. Im Mai dieses Jahres startete die Petition für einen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) Architektur in der Region Basel. Besonders junge Architekt:innen wie Henning Weiss engagieren sich für bessere Arbeitsbedingungen in der Branche. «Ja, es ist schon komisch, dass wir auf der Baustelle fast die Einzigen sind, die keinen GAV haben,» erklärt er im Gespräch seine Erwartungen an einen GAV.

Architekturbüro
Wie sind momentan die Arbeitsbedingungen in der Architekturbranche geregelt und wie empfindest du diese?

Henning Weiss: «Gegenwärtig hängen die Arbeitsverträge in der Architekturszene ausschliesslich vom Arbeitgeber und vom Gesetz ab. So orientieren sich die meisten am gesetzlichen Minimum. Hin und wieder schleichen sich aber auch unverhältnismässige Klauseln ein, wie beispielsweise, dass Überstunden grundsätzlich mit dem Bruttolohn abgegolten sind, oder dass Ferientage oder Überstunden nicht ins nächste Jahr übertragen werden können. Ganz zu schweigen von ungleichen Löhnen, die zum Teil in Architekturbüros gezahlt werden.»

In vielen Bauberufen gibt es einen GAV. Ist dir das bekannt?

«Ja, es ist schon komisch, dass wir auf der Baustelle fast die Einzigen sind, die keinen GAV haben.»

«Eine Koppelung des Lohnes an die Berufserfahrung wäre daher eine Mindestforderung an einen GAV Architektur, ein inflationsbereinigter Lohn sehr wünschenswert.»

Du hast von Berufswegen viele Kontakte zum Ausbau- oder Baugewerbe. Sprichst du dabei über GAVs? Was interessiert dich daran?

«Ich war überrascht, als ich von einem Zimmermann hörte, dessen Lohn jedes Jahr entsprechend seiner Berufserfahrung steigt. Derweilen stagnieren in manchen Architekturbüros die Löhne seit Jahren, obwohl die Erfahrung steigt. Ganz zu schweigen von den Mietpreisen, den Krankenkassenprämien und der Inflation, welche die Reallöhne sinken lässt. Eine Koppelung des Lohnes an die Berufserfahrung wäre daher eine Mindestforderung an einen GAV Architektur, ein inflationsbereinigter Lohn sehr wünschenswert.»

Was sollte deiner Meinung nach in einem GAV Architektur geregelt werden?

«Wir brauchen klare Definitionen von Rollen – Vorpraktikant:in, Werkstudent:in, Architekt:in, Projektleiter:in – welche Aufgabe wird diesen Bezeichnungen zugeschrieben? Dazu müssen passende Lohnklassen festgelegt werden, die an Erfahrung und Inflation gekoppelt sind. Gerade in der Schweizer Architekturszene mit unzähligen Werkstudent:innen aus dem Ausland braucht es zum Schutz der Arbeitnehmenden diese Regelungen im neuen GAV. Ausserdem ist eine klare Überstundenregelung notwendig. Überstunden, die nicht sofort kompensiert werden können und am Ende des Jahres noch vorhanden sind, könnten beispielsweise im folgenden Jahr in Ferientage umgewandelt werden. Wünschenswert wären auch zeitgemässe Arbeitsbedingungen wie fünf Wochen Ferien und attraktive Bedingungen für die zweite Säule.
Meine Erwartung an einen GAV ist, dass gute Arbeitsbedingungen in einem Architekturbüro kein Zufall mehr sind.»

«Der SIA ist hier in Basel DER Verhandlungspartner, weil er den Rahmen vorgibt, in dem wir Architektur schaffen.»

Was ist deiner Ansicht nach der Vorteil für die Arbeitgebenden?

«Ein allgemeinverbindlicher GAV verhindert einerseits Lohndumping in der Branche und ist andererseits ein Weckruf für die Honorarverhandlungen und -standards, die teilweise noch auf dem historischen Niveau von CHF 130.- pro Stunde sind.»

Architekturbüro
Ein GAV wird zwischen einem Arbeitgeberverband und einer Gewerkschaft abgeschlossen, welche die Arbeitnehmenden vertritt. Im Kanton Tessin, in Genf und im Waadtland existiert bereits einen GAV Architektur. Der Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein (SIA) ist dort als Verhandlungspartner auf der Seite der Arbeitgebenden vertreten.   
Hier in der Region Basel meint SIA, er sei nicht nur für die Arbeitgebenden da. Wie beurteilst du diese Position des SIA-Basel?

«Der SIA ist hier in Basel DER Verhandlungspartner, weil er den Rahmen vorgibt, in dem wir Architektur schaffen. Dabei ist alles durch SIA normiert – nur die Arbeitsbedingungen nicht. Nach der erfolgreichen Zusammenarbeit für einen GAV könnte der SIA auch die «Ordnung SIA 102», welche Leistungen und Honorare der Architektinnen und Architekten regelt, überarbeiten und endlich wieder freigeben. Das Bausummenhonorar ist ebenso aus der Zeit gefallen wie ein Stundenansatz von CHF 130. Mit diesen veralteten Strukturen ist es kein Wunder, dass gute und faire Löhne nicht die Regel sind.»

Wie siehst du die Rolle der Gewerkschaft? Was sind deren Aufgaben?

«Die Gewerkschaft bietet uns allen einen Rahmen, in dem wir uns organisieren, zusammenschliessen und geschlossen in die Verhandlungen mit dem SIA gehen können.»

Ist es alleinige Sache der Gewerkschaft mit den Arbeitgebenden einen solchen Vertrag auszuhandeln?

«Die Arbeitnehmenden kennen neben den Arbeitgebenden die aktuelle Situation in der Branche am besten und sollten unbedingt mit am Verhandlungstisch sitzen. Sie wissen, worauf es ankommt und wo Kompromisse möglich sind.»


Endspurt zum GAV Architektur: Wir sind auf gutem Weg und kurz vor der Ziellinie. Jetzt braucht es nochmals alle Kräfte, um unser Ziel zu erreichen. Es ist an der Zeit, gemeinsam ein Zeichen für bessere Arbeitsbedingungen in der Architektur zu setzen!
Jetzt die Petition unterschreiben > Architektur-GAV (syna.ch)


Zur Person


Seit dem Abschluss seines Architekturstudiums im Sommer 2023 war Henning Weiss Teilnehmer an Panels des Basler Bau Forums und der Swissbau 2024, Jurymitglied des studentischen Ideenwettbewerbs UTOPIA von Itten+Brechbühl und Mitglied des Post Reflektionsteams für das Forum Städtebau «Basel 2050». Im Sommer 2024 wurde er für die Espazium AG in den Verwaltungsrat gewählt und machte sich mit seinen Studiumfreund:innen als Teil des Architektur Kollektiv YLVI selbstständig. In diesem Jahr hat er seine Kandidatur zu den Grossratswahlen angetreten.

 

 

 

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