PETITION GAV ARCHITEKTUR

Präsentation Rosentalturm von Herzog & de Meuron: Nachhaltiges Hochhaus mit Luft nach oben

0

«Als Rollkofferquartier bezeichnen es manche», bemerkte Kantonsbaumeister Beat Aeberhard bei der Präsentation des neuen Rosentalturms. Tatsächlich nutzt die Quartierbevölkerung die öffentlichen Räume rund um die Messe nur bedingt. Das soll sich künftig ändern. Das siegreiche Projekt von Herzog & de Meuron sieht eine Erweiterung der Rosentalanlage mit einem neuen, urbanen Grünraum vor, «der die über viele Jahrzehnte immer weiter verkleinerte Rosentalanlage wieder vergrössert. So wird der langen Geschichte dieses innerstädtischen Freiraums mit seinen über die Jahreszeiten wechselnden Funktionen eine Erweiterung geschenkt.» Wir waren an der Projektpräsentation in der City Lounge dabei.

Präsentation von Beat Aeberhard © Laurence Ziegler / Architektur Basel

«Es war ein anonymes Verfahren», betonte Jurypräsident Thomas Hasler. Implizit wollte er sagen: Herzog & de Meuron hatten keinen Heimvorteil. Dennoch konnten sie sich mit ihrem Projekt «Rooseli» nach einer finalen Überarbeitungsrunde gegen Meier Hug Architekten aus Zürich durchsetzen. Der Beitrag sei städtebaulich besonders überzeugend: «Der Entwurf besteht aus drei Gebäuden. Dem Turm unmittelbar am Messeplatz, dem Längsbau entlang der Riehenstrasse und einem Pavillon, der den neu entstehenden öffentlichen Freiraum zwischen Turm und Längsbau besetzt.»

Situationsplan © Herzog & de Meuron

© Herzog & de Meuron

Der Turm nimmt den urbanen Massstab der umgebenden Hochhäuser und der Messehalle auf, während der fünfgeschossige Längsbau und dessen zwei zurückgesetzte Dachgeschosse mit der Blockrandbebauung an der Riehenstrasse in einen vermittelnden Dialog treten. «Der Rosentalturm ist in der Vertikalen in drei sich verjüngende Volumen abgestuft, welche sich jeweils an den Höhen der umliegenden Bebauung orientieren.» Die meisten Beiträge versuchten sich in einem mehrgeschossigen Sockelbau auf der ganzen Parzellenfläche – oder einer Aufteilung in mehrere Hochhäuser als Ensemble, was eine Verunklärung des Kontext zur Folge hatte. Die Klarheit und Einfachheit der Setzung von Herzog & de Meuron wusste die Jury zu überzeugen, wie Thomas Hasler erklärte.

Wohngeschosse im Hochhaus © Herzog & de Meuron

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss © Herzog & de Meuron

Bei aller Freude und Lob für das Siegerprojekt werden wir dem heutigen Parkhaus aus der Feder von Suter + Suter eine kleine Träne nachtrauern – aus baukulturellen und ökologischen Gründen. Mit seiner städtebaulichen Robustheit und den ikonografischen Rampen hätte man sich eine – zumindest teilweise – Transformation gewünscht. Die Weichen zum Abbruch seien schon in der Testplanung 2013 gestellt worden, erklärte Beat Aeberhard. Dennoch sei es den Teams frei gestanden, den Bestandesbau in die Überlegungen zum Entwurf zu integrieren. Das war jedoch bei keinem Beitrag der Fall. In Anbetracht der Klimakrise ist das irgendwie ernüchternd. Aufgrund des enormen Raumprogramms, des zusätzlichen Nutzungsdrucks und der vielen geforderten Parkplätze, die auf der Parzelle nachgewiesen werden müssen, ist das Resultat – gegen den Erhalt des Bestands – jedoch nachvollziehbar. Das Erdgeschoss kann ebenerdig für gemeinschaftliche, gastronomische oder kommerzielle Nutzungen geöffnet werden. Der Messeplatz soll dadurch besser belebt werden. Zu den Rollkoffern sollen sich künftig Bobbycars, Skateboards und Trottinette gesellen.

«Unter schattenspendender Bepflanzung befinden sich an die Terrassen angrenzende Gemeinschaftsräume, die mit ihrem Angebot lokale Treffpunkte und Nachbarschaften schaffen.» © Herzog & de Meuron

«Der Rosentalturm ist in der Vertikalen in drei sich verjüngende Volumen abgestuft, welche sich jeweils an den Höhen der umliegenden Bebauung orientieren.» © Herzog & de Meuron

Die Frage der ökologischen Nachhaltigkeit nimmt auf der Wettbewerbsabgabe von Herzog & de Meuron ein ganzes A0 ein. Das ist ein klares Statement. In der ersten Wettbewerbsphase war ein Holz-Tragwerk vorgesehen. In der Überarbeitung wurde dieses verworfen. Wieso gab es kein «Rooseli» als Holzhochhaus? Es wäre das erste in Basel gewesen. Nota bene. Die Architekten erklärten im Gespräch mit uns, dass eine Ausführung in Holz eine interne Sprinkleranlage zur Folge gehabt hätte. Zudem wären alle Decken brandschutztechnisch bekleidet worden. Vom Holz hätte man nur bedingt etwas gespürt. Wir lernen: Der Brandschutz stellt für den Holzbau bei Hochhäusern nach wie vor eine hohe Hürde dar. Dennoch soll die ökologische Optimierung der Decken des Rosentalturms dank vorfabrizierten Beton-Elementdecken gelingen:  «Die Untergeschosse, sowie die stabilisierenden Erschliessungskerne sind in Recyclingbeton geplant, in dem durch Karbonatisierung das CO2 gebunden wird. Der rezyklierte Abbruch des bestehenden Messeparkhauses und der kieshaltige Aushub werden dabei vollständig als Zuschlagstoffe für den Beton genutzt. In den Obergeschossen wird das Skelett des Hochhauses durch Betonfertigteile oder einer Holzverbundbauweise ergänzt.» Eine reversible Fügung der Schichten und Systeme lautet dabei das konstruktive Ziel.

Pierre de Meuron stand Architektur Basel Red und Antwort © Laurence Ziegler / Architektur Basel

Ob das «Rooseli» einen echten Beitrag zur Bekämpfung der Klimakrise leistet, darf vorerst offen bleiben. Die Recherche steht am Anfang. Luft nach oben ist vorhanden. Das ist gut so. Dabei muss auch das Programm kritisch hinterfragt werden: Braucht es das Messeparking wirklich? Müssen wir so viele unterirdische Parkplätze bauen? Die Frage geht an die Adresse der Politik. Herzog & de Meuron liefern die (Gegen-)Argumente in Form von konkreten Zahlen: «Bei der Auslagerung des Messeparkings (…) können jährlich bis zu 30’000 kg CO2 gespart werden» lesen wir auf den Wettbewerbsplänen. Bei einer angenommenen Nutzungsdauer von fünfzig Jahren wären das 1’500 Tonnen (!) CO2, die eingespart werden könnten. Ich erlaube mir eine pathetische Frage zum Schluss: Werden wir unseren Kindern einst erzählen, dass wir genug getan haben?

Text: Lukas Gruntz / Architektur Basel


Wettbewerbsausstellung
Neben dem Siegerprojekt von Herzog & de Meuron werden sämtliche Wettbewerbsbeiträge in einer Ausstellung zu sehen sein: Von 27. März bis 6. April 2023 können alle Beiträge täglich von 15 Uhr bis 18.30 Uhr in der MCH Lounge der Messe Basel eingesehen werden.

Infoveranstaltung
Am Montag, 3. April 2023, 18.30 Uhr, findet zudem eine Informationsveranstaltung zum Rosentalturm statt. Am öffentlichen Anlass wird den Anwohnerinnen und Anwohnern sowie allen Interessierten das Siegerprojekt vorgestellt. Anschliessend wird der Projektentwurf mit den Teilnehmenden diskutiert und es können Anregungen für die weitere Projektbearbeitung eingebracht werden.

 

Comments are closed.