Eine Gruppe von 15 Studierenden rollt einen riesigen Teppich über eine viel befahrene Strasse. Der Teppich entpuppt sich als riesiger Zebrastreifen. Die Aktion war im Vorfeld mit der Polizei abgesprochen – aber nicht bewilligt worden. Man vermutete Stau bis in die nächste Ortschaft. Ausgerollt wurde der Teppich trotzdem… So oder ähnlich muss sich diese Intervention von Buckhardts Studierenden 1993 in Kassel abgespielt haben. Lucius Burckhardt wäre heute am 12. März 100 Jahre alte geworden. Alles Gute zum Geburtstag!
Der Zebra-Teppich hat es vermutlich nicht bis nach Basel geschafft, eine Hommage an ihn finden wir derzeit dennoch in der aktuellen Ausstellung «’Sehend Denken› – 100 Jahre Lucius + Annemarie Burckhardt».

Ein Zebra-Teppich mit allen wichtigen Stationen im Leben der beiden Burckhardts
100 Jahre Lucius + Annemarie Burckhardt
Am 12. März 2025 würde Lucius Burckhardt seinen 100. Geburtstag feiern. Anlässlich dieses Jubiläums schaut die Ausstellung auf das ereignisreiche Leben zurück – und nicht nur: meist stets im Hintergrund agierend, erhält seine Frau Annemarie hier gebührend Aufmerksamkeit. Wie Roland Züger, Chefredaktor des «werk, bauen+wohnen» (dessen Chefredaktor Lucius Burckhardt von 1962 bis 1972 ebenfalls war) im Rahmen der Heft-Vernissage «Die Burckhardts» anfangs Februar etwas überspitzt sagte: «Obwohl Annemarie Lucius› Schreibmaschine war; wurde vom Werk wohl nie ein Gehalt an Sie ausbezahlt; die Artikel erschienen meist unter seinem Namen.»

Gesammelte Audioaufnahmen von Interview mit Annemarie Burckhardt
Die Ausstellung beleuchtet neben Lucius› Arbeit nun aber auch Annemaries Vermächtnis. Etwa ihre Arbeit als Verlegerin. Zwischen 1972 und 1983 publizierte sie beispielsweise vierteljährlich die Heimatschutz-Zeitschrift «Basel liest für Sie». Davon erzählt sie gleich selbst: Der Titel «Annemarie Burckhardt erzählt…» ist dabei wörtlich zu nehmen. Die gesammelten Audioaufnahmen von ihr – unter anderem zum Zebra-Teppich in Kassel – geben Einblick in das Schaffen der beiden Burckhardts.
Aktueller denn je!
Vor drei Jahren ist als Ergänzung zum roten Buch, das die Frage aufwirft, warum Landschaft denn schön sei, ein grünes Buch erschienen. Eine Sammlung mit Texten von Lucius Burckhardt. Im Werk «Gerade noch gutgegangen – Fünf Jahrzehnte Planungskritik» haben Markus Ritter und Martin Schmitz die wichtigsten Texte Burckhards kuratiert. Wie auch im grünen Buch zählt bei Lucius Burckhardt meist der Inhalt und nicht die Headline. So ist es denn auch eher spröde zu lesen, doch sind die Themen in Sachen Stadtentwicklung und Gesellschaftskritik noch immer brandaktuell.

Liest sich am besten am Ort des Geschehens! Lucius Burckhardt © Architektur Basel
Die Stadt vor Ort erleben!
Das grüne Buch liegt in der Ausstellung auf. Um in Burckhardts Texte einzutauchen, lohnt sich allerdings ein Spaziergang an die Orte des Geschehens! Diesen Spirit vermittelt auch die Ausstellung. Obwohl Schreibmaschine und Papier das Publikationsorgan der Burckhardts war, so referierten die beiden nie vom warmen Büro aus über die Gesellschaft, sondern gingen nach draussen. Die Geschichte mit dem Zebra-Teppich dürfte eine von vielen sein…

Lucius Burckhardt war von 1962 bis 1972 Chefredaktor vom «Werk»
Ganz im Sinne der Spaziergangswissenschaften gibts Spazierstöcke am Eingang, viele Sitzmöglichkeiten, Lesematerial – viele Publikationen der Burckhardts oder alte Werk-Zeitschriften. Und eben diesen Zebra-Teppich; so breit er in Kassel über die Strasse rollte, so lange zieht er sich wie ein Faden mit allen wichtigen Stationen im Leben von Annemarie und Lucius Burckhardt durch die Ausstellung. Noch bis 13. August ist sie im 1. OG der Universitätsbibliothek Basel zu sehen. Der Eintritt ist frei.
Text: Simon Heiniger / Architektur Basel
Dauer: 30.01.25 bis 13.08.25
Ort: UB Hauptbibliothek, Ausstellungsraum, 1. OG
Öffnungszeiten: Mo-Fr (8:00-19:30) und Sa (10:00-19:30)
Eintritt: frei
Mehr Infos zur Ausstellung gibts → HIER ←