Wir ergreifen Partei! Für unsere Baukultur, für die Planung und für die Architektur. Im Hinblick auf die Grossratswahlen am 20. Oktober haben wir den Architekt:innen, Bauingenieur:innen und Planenden unter den Kandidierenden einen kurzen Fragebogen zugesandt. Den Anfang unserer Serie macht Architekt Stefan Bringolf, der im Kleinbasel für die SP kandidiert. Er sagt: «Als Architekt trete ich ein für ökologisches Bauen und eine nachhaltige Stadtentwicklung. Gutes Stadtklima und Schwammstadt sollen keine Schlagworte mehr sein, sondern konkret umgesetzt werden.» Für uns ist eins klar: Es braucht unbedingt mehr architektonisches und planerisches Fachwissen in unserem Kantonsparlament. Schliesslich werden die Rahmenbedingungen für die Architektur massgebend von der Politik beeinflusst. In diesem Sinne: Architekt:innen und Planende in den Grossen Rat!
Architektur Basel: Welche Kompetenzen wollen Sie in den Grossen Rat einbringen?
Stefan Bringolf: «Ich möchte mich einsetzen für ein soziales, vielfältiges, gerechtes und zukunftsgerichtetes Basel. Als Architekt trete ich ein für ökologisches Bauen und eine nachhaltige Stadtentwicklung. Gutes Stadtklima und Schwammstadt sollen keine Schlagworte mehr sein, sondern konkret umgesetzt werden. Nebst ökologischen und stadtklimatischen Aspekten ist es mir aber ebenso wichtig, dass dabei die Baukultur nicht auf der Strecke bleibt. Hier möchte ich mit meiner Expertise aufzeigen, dass dies nicht widersprüchlich sein muss, sondern im Dialog geschehen kann.»
«Es sind verschiedene Faktoren, welche die Basler Baukultur ausmachen beziehungsweise diese ermöglichen. Die öffentliche Hand ist ein wichtiger Player als «Investor» und als «Qualitätssicherer» mittels Wettbewerbswesen.»
Was zeichnet die Basler Baukultur Ihrer Meinung nach besonders aus?
«Es sind verschiedene Faktoren, welche die Basler Baukultur ausmachen beziehungsweise diese ermöglichen. Die öffentliche Hand ist ein wichtiger Player als «Investor» und als «Qualitätssicherer» mittels Wettbewerbswesen. Eine Vielzahl von guten Planungsbüros trägt dazu Sorge, dass Bauten auf einem hohen Level umgesetzt werden, und Organisationen wie Open House Basel, Architekturdialoge et cetera tragen die Resultate an die Öffentlichkeit und geben so der Baukultur eine nachhaltige Präsenz.»
Inwiefern können die Rahmenbedingungen für Architektur- und Planungsbüros in Basel verbessert werden?
«Normen und Vorgaben sind wichtig. Sie sollen dazu dienen, die Regeln der Baukunst umzusetzen, die Planenden zu unterstützen und Orientierungshilfe bieten. Sind sie aber starr und erlauben nur eine paragraphentreue Umsetzung, werden sie zur Last und berauben die Architektur eines Teils ihrer Möglichkeiten. In diesem Sinne wären Regeln wünschenswert, welche den verschiedenen Bauaufgaben gerechter werden und vor allem auch den gesunden Menschverstand miteinschliessen.»
«Es kann zum Beispiel nicht sein, dass man für den Einbau einer Geschirrspülmaschine (Wertvermehrung) ohne geplante Mietzinserhöhung ein Bewilligungsverfahren durchlaufen muss. Ebenso ist es störend, dass bei der Festlegung des neuen Mietzinses nach erfolgter Sanierung nicht berücksichtigt wird, wenn der vorherige Zins sehr tief war bzw. jahrelang nicht angepasst wurde.»
Stichwort: Wohnschutz. Braucht es Anpassungen im Gesetz oder der Verordnung? Und wenn ja: Welche?
«Der Wohnschutz ist ein hohes Gut und wichtig. Allerdings hat sich gezeigt, dass die Anwendung des Gesetzes sehr schwierig ist und sich somit auch sinnvolle und notwendige Sanierungen aufstauen. Es herrscht Unsicherheit bei der Umsetzung. Eine Anpassung des Gesetzes ist meiner Meinung nach, auch aus politischen Gründen, nicht zweckdienlich. Die Verordnung müsste aber verständlicher und einfacher formuliert sein, gewisse Widersprüche müssten ausgeräumt und Vereinfachungen vorgenommen werden. Es kann zum Beispiel nicht sein, dass man für den Einbau einer Geschirrspülmaschine (Wertvermehrung) ohne geplante Mietzinserhöhung ein Bewilligungsverfahren durchlaufen muss. Ebenso ist es störend, dass bei der Festlegung des neuen Mietzinses nach erfolgter Sanierung nicht berücksichtigt wird, wenn der vorherige Zins sehr tief war bzw. jahrelang nicht angepasst wurde.»
Die Bewilligungsverfahren in Basel dauern überdurchschnittlich lang. Die gesetzlich vorgeschriebenen 3 Monate werden kaum eingehalten. Was muss sich im Bauinspektorat ändern?
«Die Personalkapazität, also die Anzahl der Bauinspektor:innen, muss so sein, dass die Gesuche speditiv bearbeitet werden können. Die Bauinspektor:innen müssen wieder mehr Kompetenzen erhalten und es muss auch wieder die Möglichkeit bestehen, ein fehlendes Dokument oder eine fehlende Angabe unbürokratisch und ohne zeitverzögernden Zwischenbericht nachzureichen: Kurz den Hörer in die Hand nehmen, anstatt seitenlange Briefe schreiben. Die Anhänge und Formulare der involvierten Ämter müssen besser aufeinander abgestimmt sein und das Zirkulationssystem muss optimiert werden, damit keine Unterlagen verloren gehen können. Das immer noch fehlende digitale Baubegehren muss zügig eingeführt werden.»
Wie beurteilen Sie den regierungsrätlichen Vorschlag zur Solarpflicht in Basel?
«Für Dächer von Neubauten und für Flachdächer von Bestandsbauten positiv. Insbesondere in den Schutz- und Schonzonen ist aber auf eine flächendeckende Solar-Pflicht zu verzichten. Es muss ein Regelwerk entstehen, welches nebst technischen Aspekten auch die architektonische und kulturelle Bedeutung der Bausubstanz berücksichtigt. Es soll weiterhin eine Bewilligungspflicht durch die Denkmalpflege beziehungsweise die Stadtbildkommission bestehen.»
Frage zum Schluss: Welchen Ort oder welches Haus in Basel mögen Sie besonders und weshalb?
«Der Badische Bahnhof Basel liegt mir mittlerweile sehr am Herzen. Vor über 20 Jahren durfte ich im Empfangsgebäude, erbaut 1913 von Curjel & Moser, das erste Mal tätig sein und mitarbeiten an der Sanierung der Eingangshalle und dem Einbau der angrenzenden Ladenpassage. Zurzeit begleiten wir den barrierefreien Ausbau und die Sanierung von Dach und Fassade. Immer wieder bin ich überrascht und begeistert vom Ausdruck und der Kraft dieses herausragenden Beispiels der Bahnhofsarchitektur mit seiner spannenden hundertjährigen Geschichte.»
Danke für das Interview – und viel Erfolg bei der Wahl.
Stefan Bringolf
kandidiert auf der Liste 5 der Sozialdemokratische Partei Basel-Stadt (SP) im Kleinbasel
Geboren 1970 in Schaffhausen studierte er an der ETH Architektur und ist seit vielen Jahren als Architekt in Basel tätig. Seit über zehn Jahren führt er das Büro BRH-Architekten. Er ist Mitglied im SIA (Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein), der Kommission für Denkmalsubventionen Basel-Stadt und im Bürgergemeinderat. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.