Als einziger bisheriger Grossrat unter den kandidierenden ArchitektInnen tritt Stefan Wittlin für die SP Basel-Stadt erneut zur Wahl an. Er gehört dem Grossen Rat seit rund einem Jahr an. Er ist Mitglied der Bau- und Raumplanungskommission (BRK), setzt sich für den Erhalt von bezahlbarem Wohnraum und «für eine Stadtentwicklung, die allen dient» ein.
Architektur Basel: Weshalb wollen Sie erneut in den Grossen Rat?
Stefan Wittlin: «Als Grossrat und Mitglied der Bau- und Raumplanungskommission kann ich mich aktiv für die Basler Baukultur einsetzen. Insbesondere in zonenrechtlichen Fragen und bei der Festsetzung von Bebauungsplänen kann ich mithelfen, gute Gesamtlösungen zu ermöglichen, die auch einen gesellschaftlichen Mehrwert erzielen. Das spornt mich an.»
Inwiefern können die Rahmenbedingungen für die Architektur und die Baukultur verbessert werden?
«Der heutigen Tendenz, den rechtlichen Rahmen für bauliche Lösungen vollständig und starr in Gesetzestexten festzusetzen, stehe ich kritisch gegenüber. Individuelle Beurteilungen, wie beispielsweise jene durch die Stadtbildkommission, verlieren zunehmend an Bedeutung. Ich habe mich in den letzten Monaten sehr aktiv gegen die Herabstufung der Stadtbildkommission eingesetzt. Und ich werde mich weiterhin gegen diese negative Entwicklung wehren, weil ich überzeugt bin, dass gute Architektur eine komplexe Aufgabe ist, die auf den jeweiligen Ort abgestimmt werden muss und bei der Beurteilung auf einen gewissen Ermessensspielraum angewiesen ist.»
Inwiefern zeichnet sich die Basler Baukultur aus?
«Unsere wirtschaftlichen Verhältnisse ermöglichen eine enorm hohe Qualität. Werden die verfügbaren Mittel für eine präzise Planung und Gestaltung und eine hochwertige Bauweise eingesetzt, entsteht gute Baukultur. Ein Nebeneinander von mutiger und zurückhaltender Gestaltung ist typisch für Basel. Junge und renommierte lokale Architekturbüros sowie Institutionen wie das Schweizerische Architekturmuseum tragen mit ihrem täglichen Wirken dazu bei, dass die Basler Baukultur lebhaft bleibt.»
«Ein interessanter Ansatz wäre zudem, Beurteilungsveranstaltungen öffentlich durchzuführen. Das würde den Diskurs zugänglich machen, die Akzeptanz erhöhen und das Vertrauen in die Entscheidungsgremien stärken.»
Wie könnten Handwerker und kleinere Baufirmen, die zu unserer Baukultur massgeblich beitragen, gezielt unterstützt werden?
«Wenn die öffentliche Hand baut, ist es entscheidend, dass bei der Beschaffung ausgewogene Kriterien zum Tragen kommen. Der Preis sollte nicht überbewertet sein. Wichtig sind auch Aspekte wie Arbeitsbedingungen, Förderung von Lernenden oder ein fortschrittlicher Umgang mit Energie und Emissionen. Auch hier braucht es einen gewissen Ermessensspielraum, damit qualitative Aspekte höher gewichtet werden können.»
Braucht es mehr Architekturwettbewerbe in Basel? Sei es von staatlicher oder privater Seite…
«Ja, unbedingt! Architekturwettbewerbe sind eine wichtige qualitätssichernde Massnahme. Damit auch junge Büros öfter zum Zug kommen, sind diese insbesondere bei Verfahren mit Einladung stärker zu berücksichtigen. Ein interessanter Ansatz wäre zudem, Beurteilungsveranstaltungen öffentlich durchzuführen. Das würde den Diskurs zugänglich machen, die Akzeptanz erhöhen und das Vertrauen in die Entscheidungsgremien stärken.»
«Ich fahre fast täglich mit dem Velo in Richtung Kleinbasel über die Wettsteinbrücke. Der Messeturm tritt in dieser Perspektive markant in Erscheinung, je nach Lichtverhältnis mal grünlich, mal bläulich, transparent oder spiegelnd. Diese Vielseitigkeit der schlichten Glasfassade fasziniert mich.»
Sollte es klare Richtlinien für die Vergabe bzw. die Verfahrenswahl von Planerleistungen seitens der öffentlichen Hand geben?
«Das Hochbauamt pflegt diesbezüglich in der Regel eine angemessene Praxis. Dennoch kommt es vereinzelt zu Fällen, bei der die Qualitätskontrolle zu kurz kommt, wie beispielsweise bei der Sanierung des Gartenbads Bachgraben, bei der auf ein Varianzverfahren verzichtet und der Höhe des Honorars ein zu hohes Gewicht beigemessen wurde. Diese Fälle gilt es zu verhindern!»
Welches Hochhaus in Basel gefällt Ihnen am besten?
«Ich fahre fast täglich mit dem Velo in Richtung Kleinbasel über die Wettsteinbrücke. Der Messeturm tritt in dieser Perspektive markant in Erscheinung, je nach Lichtverhältnis mal grünlich, mal bläulich, transparent oder spiegelnd. Diese Vielseitigkeit der schlichten Glasfassade fasziniert mich. Vor bald 20 Jahren haben Morger & Degelo und Daniele Marques mit dem präzise gesetzten und proportionierten Messeturm hohe Massstäbe gesetzt für die Hochhausentwicklung Basels. Und das sage ich jetzt nicht bloss, um meinem ehemaligen Dozenten und vielleicht zukünftigen Grossratskollegen Meinrad Morger zu schmeicheln.»
Stefan Wittlin
kandidiert auf der Liste 5 der SP Basel-Stadt in Grossbasel West
1984, Dipl. Architekt FH, Projektleiter Christoph Merian Stiftung, Parteivorstand SP Basel-Stadt, Grossrat. Mitglied Alpen-Initiative, Pro Velo, GSoA, Mieterinnen- und Mieterverband, Genossenschaft Mietshäuser Syndikat.