«The Umbrella House Project» – dem Wiederaufbau folgt das Buch

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Nachdem der Bau des Umbrella House von Kazuo Shinohara diesen Sommer auf dem Vitra Campus fertiggestellt wurde, gibt es nun ein Buch über das Projekt. Auf über 111 Seiten entführt uns das Buch in die Welt der Bauten und Ideen Shinoharas.

Die jungen Architekten Christian Dehli und Andrea Grolimund aus Zürich zeichnen sich für die Rekonstruktion auf dem Vitra Areal verantwortlich. Sie sind die Herausgeber des soeben erschienenen Buches mit dem Titel «The Umbrella House Project». Die beiden haben sich bereits zuvor intensiv mit den Werken Shinoharas auseinandergesetzt. 2019 erschien ihr Buch «Kazuo Shinohara: 3 Houses», in dem sie drei Häuser des japanischen Architekten portraitierten und alte Pläne nachzeichneten. «Architektur ist Kunst» lautete Kazuo Shinoharas Überzeugung. Der japanische Architekt (1925–2006) studierte ursprünglich Mathematik, fand danach den Weg zur Architektur. 1953 machte er seinen Architekturabschluss am Tokyo Institute of Technology. Er bewegte sich weg von einer rein technischen hin zu einer eher emotionalen, abstrakten Annäherung, die schlussendlich von der Mathematik gar nicht so weit entfernt ist. Shinohara fand Schönheit im Chaos und in der Komplexität. «Meine feste Überzeugung, dass ‹ein Haus ein Kunstwerk ist›, entstand aus der Auseinandersetzung mit diesem kleinen Haus. Ich wollte die Kraft des Raumes in der Doma [Raum mit Lehmboden] eines alten japanischen Bauernhauses zum Ausdruck bringen, hier mit Hilfe der geometrischen Struktur eines Karakasa [japanischer Regenschirm aus geöltem Papier», äusserte sich Kazuo Shinohara über das Umbrella House ein Jahr nach Abschluss des Baus im Jahre 1962.

Umbrella House, Tokyo, ca. 1963-1964 © Akio Kawasumi

Im Buch bieten diverse Kapitel Einblick in die Entstehungsgeschichte. Dank Zeichnungen, Baudaten und der Biografie von Kazuo Shinohara. Ein Kapitel widmet sich seiner architektonischen Handschrift, die im Umbrella House in verschiedener Form vorhanden ist – mathematisches Wissen, geometrische Formen, revolutionäres Denken, kostengünstiges Baumaterial, die Schaffung von Wohnraum für eine Familie mit kleinem Budget.

Seitenansicht, Dachkonstruktion, Grundriss
Baupläne Umbrella House © DEHLI GROLIMUND Alle Umbrella House Pläne wurden auf Grundlage der originalen Werkpläne angefertigt und mit dem Kazuo Shinohara Estate abgestimmt.

Das Architektenduo Dehli Grolimund verfasste ein ausführliches Kapitel über Konstruktion und Rekonstruktion. Christian Dehli erklärte anlässlich der Pressekonferenz zum Buch: «Die Verständigung mit den japanischen Kollegen war zeitweise eine grosse Herausforderung. Beispielweise musste jedes Einzelstück des Holzbodens präzise gekennzeichnet und Farbabstimmungen getroffen werden. Jedes kleinste Stück des Hauses wurde exakt gekennzeichnet damit es auch am neuen Standort am selben Ort seinen Platz findet.» Der komplexe Prozess der Rekonstruktion wurde durch den Schweizer Fotografen Damian Poffet und den japanischen Fotografen Osamu Murai detailliert im Buch dokumentiert. Die gesamte Projektdauer vom Abbau in Tokio im Februar 2019 bis zum finalen Wiederaufbau Ende Mai 2022 in Weil am Rhein wurde mit vielen starken Prozessfotos festgehalten. Unter anderem werden der Leserschaft einige Schlüsselszenen des Projektes gezeigt, beispielsweise wie das originale Haus in Japan belebt wurde, die Strapazen für die Arbeitenden während der Pandemie, die Verladung des gesamten Baumaterials in zwei Schiffscontainer, die Auslegeordnung der Bauelemente, die Verifizierung des Standortes auf dem Vitra Campus, das Fundament mit Holzrahmen, die Dachkonstruktion, der Innenausbau, sowie die Aussenraumgestaltung Ende Mai dieses Jahres.

Umbrella House, Vitra Campus, November 2022 © architekturbasel, Fotos: Laurence Ziegler

Das Buch über das Werk des Japanischen Architekten beeindruckt mit seinem schlicht gehaltenem Layout und viel Weissraum. Nebst Hochglanzfotografien finden sich auch Entwürfe und Pläne im Massstab 1:100. Das Buch ist ein Beispiel einer gelungenen Dokumentation über die Reise eines Hauses von Japan nach Deutschland.

Umbrella House, Vitra Campus, November 2022 © architekturbasel, Foto: Laurence Ziegler

Das Umbrella House wird als Ort für kleinere Zusammenkünfte dienen und Besucherinnen und Besuchern Einblicke in ein bedeutendes Zeugnis moderner Architektur Japans geben. Das Haus kann anlässlich einer Führung auf dem Vitra Campus besucht werden. Alle die Kazuo Shinoharas Überzeugung «Architektur ist Kunst» teilen, sollten sich eines Exemplars des Buches «The Umbrella House Project» habhaft machen. Kawaii ko ni wa tabi o saseyo!

Text: Laurence Ziegler / Architektur Basel

The Umbrella House Project
Kazuo Shinohara

Herausgegeben von Christian Dehli und Andrea Grolimund.  Fotografien von Damian Poffet und Osamu Murai

EUR 30.00
Text Englisch
120 Seiten, ca. 80 Bilder, Hardcover, Siebdruck
18 x 25 cm
Vitra Design Museum, ISBN 978-3-945852-55-2

 

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