Energie ist unsichtbar und gleichzeitig omnipräsent. Die neue Ausstellung «Transform! Design und die Zukunft der Energie» im Vitra Design Museum widmet sich der Thematik der Transformation im Energiesektor. Und zwar aus Sicht der Architektur- und Designschaffenden. Das Spektrum ist gross: Die Ausstellung zeigt von ersten experimentellen Anwendungen der Sonnenenergie in den 1950er Jahren, über Low-Tech Projekte im Wohnungsbau bis hin zu Grossmassstäblichen Zukunftsvisionen energieautarker Städte. Unser Redaktor Laurence Ziegler hat das Vitra Design Museum besucht.
Die Ausstellung «Transform! Design und die Zukunft der Energie» beginnt mit einem Fokus auf den Menschen und dem menschlichen Körper, bevor sie den Blick auf Alltagsgegenstände, städtische Strukturen und die Energielandschaft erweitert. Man wirft einen Blick auf die Anfänge der Solarenergie: Besonders sehenswert ist die sogenannte «Solar Do-Nothing Machine» von Ray und Charles Eames aus den 1950er Jahren. Sie wird anhand von Fotografien und Skizzen gezeigt, da die Original-Skulptur nicht mehr auffindbar ist.
Im nächsten Bereich der Ausstellung werden innovative Ansätze aus Architektur und Mobilität gezeigt. TAKK architecture aus Barcelona verwandelten in Madrid eine 110 Quadratmeter grosse Eigentumswohnung zum Passivhaus. Wie ging das? Das Architekturteam behandelten die einzelnen Räume wie die Schichten einer Zwiebel. So wird die Funktion der Zimmer auf klimatische und ökologische Besonderheiten abgestimmt. Dank eines klugen Raumkonzeptes mit verschiedenen Klimazonen und natürlichen Dämmstoffen muss das Apartment fast gar nicht beheizt werden. «The Day After House» ist eine besondere Inspiration. Man stellt sich unweigerlich die Frage: Müssen alle Räume unserer Häuser konstant beheizt sein? Vor allem, wenn sie gar nicht benutzt oder bewohnt sind.
Im selben Raum steht das Modell des «Brattørkaia Powerhouse». Ein Bürogebäude im norwegischen Trondheim entworfen vom Architekturbüro Snøhetta im vergangenen Jahr. Es ist das nördlichste Plusenergiegebäude der Welt, welches mehr als doppelt so viel Energie erzeugt, als es verbraucht. Den Überschuss speist es in ein lokales Mikronetz ein. Inspiration aus dem hohen Norden: Dieses Projekt soll Massstäbe für die Architektur von Morgen setzen.
Im selben Raum steht das Modell der Internationalen Schule in Kopenhagen im Massstab 1:500. Das 2017 fertiggestellte Gelände mit Schulgebäude für über 1200 Schülerinnen und Schüler imponiert mit einer einzigartigen Fassade bestehend aus 12´000 Solarpanelen. Diese sind einzeln abgewinkelt, um einen paillettenartigen Effekt zu schaffen. Das Gebäude kann so über die Hälfte des eigenen jährlichen Stromverbrauchs abdecken.
Weiter die Treppe hoch: Im ersten Stock des Frank Gehry-Baus sind Ideen für eine zukünftige Energieproduktion zu entdecken. Studentinnen und Studenten der ECAL Lausanne haben Windradmodelle für den Einsatz auf der kanadischen Insel Fogo, Neufundland, mittels Re-Use-Materialien entworfen.
Auch ein Stück der zukünftigen Basler Stadtentwicklung ist in der Ausstellung anzutreffen: Ausgestellt ist ein CNC-gefrästes Modell des Dreispitz-Areals. Hier wird das Konzept für die künftige Gestaltung des Areals über eine Lichtinstallation auf futuristische Art und Weise projiziert.
Neben dem Dreispitz widmet sich der Bereich «Future Energyscapes» der Frage, wie künftige Energielandschaften aussehen könnten. Zu den innovativen Ansätzen und Visionen gehören neue Typologien für Energiespeicher, wie der Energiebunker in Hamburg oder das Projekt «Hot Heart» von Carlo Ratti zur thermischen Energiezwischenspeicherung in Helsinki.
Die vom Vitra Design Museum kuratierte Ausstellung spannt gekonnt den Bogen – von der Historie bis zur Zukunftsvision. «Transform! Design und die Zukunft der Energie» zeigt auf, dass Energie eine der grössten Herausforderungen wie auch eine der grösstmöglichen gestalterischen Chancen bietet.
Auf zur Transformation nach Weil am Rhein! Passend zur Ausstellung erscheint eine Publikation mit 200 Abbildungen und 100 wegweisenden Projekten aus Design, Architektur und Stadtplanung, die sich mit dem Thema Energie beschäftigen. Nach dem Ausstellungsbesuch ist so viel gewiss: Die Frage der Energie wird Architekt:innen in den kommenden Jahren intensiv beschäftigten.
Text: Laurence Ziegler / Architektur Basel
INFO
Die Ausstellung «Transform! Design und die Zukunft der Energie» dauert bis am 1. September 2024.
Das Vitra Design Museum in Weil am Rhein (DE) ist täglich von 10 – 18 Uhr geöffnet.