Dass sich die Weltpolitik bekanntlich nicht nach den Interessen des Basler Gesundheitswesen richtet, liegt auf der Hand. Den Ausbruch des zweiten Weltkriegs konnten die verantwortlichen Behörden nur bedingt voraussehen, geschweige den beeinflussen. Ausserdem war die Notwendigkeit, in Basel ein modernes Krankenhaus zu bauen schlicht zu gross. Nicht nur die Anzahl Betten reichten nicht mehr aus. Die Installationen und Einrichtungen des ersten Bürgerspitals aus dem Jahre 1842 – ausgelegt auf eine Einwohnerzahl von rund 25‘000 – genügten den erhöhten Ansprüchen an Hygiene und Technik längst nicht mehr.
Verschiedene Studien zu Um- und Anbauten wurden als ungenügend eingestuft. Die Erkenntnis war klar: Ein Spital-Neubau musste her. Ab 1935 wurde das Projekt vom Pflegeamt vorangetrieben. Das Raumprogramm umfasste rund 1000 Betten. Die Wahl der Architekten fiel auf die Arbeitsgemeinschaft E. & P. Vischer, Bräuning, Leu, Dürig und Hermann Baur, die bis 1937 das generelle Projekt ausarbeiteten.
Der Beginn der Bauarbeiten fiel ins Jahr 1939 als der Krieg ausbrach. „Der Krieg hat in mehrfacher Hinsicht die Bauarbeiten stark verzögert. (…) Die Hauptschuld an der Verlangsamung des Bauprozesses trägt die Kriegsmobilisation, durch welche dem Bauplatz dauernd eine, allerdings wechselnd grosse Zahl von Arbeitern entzogen worden ist“, resümiert Alfred Gutzwiller rückblickend. Weniger gravierend waren die Verzögerungen durch die Schwierigkeiten in der Materialbeschaffung. Dort waren besonders die Knappheit von Zement und Kalksandstein-Röhren zu beklagen. Die Baukommission bewies zudem grosse Weitsicht: Zu Beginn des Weltkriegs wurden 3000 Tonnen Rundeisen aus Luxemburg importiert. Zudem wurde ein Vorrat an Leinöl und Terpentin angelegt. Beim Kupfer für die Spenglerarbeiten nützte der Vorrat jedoch wenig. Das vorsorglich angekaufte Kupfer musste an den Bund abgeliefert werden. Dach-Abdeckungen und Rinnen wurde folglich in Zinkblech ausgeführt, wobei sich zeigte, „dass die hiesigen Spenglerfirmen im Verlegen von Zinkblech nicht mehr sehr geübt sind.“
Die Konstruktion konnte dank der weitsichtigen Planung der Materialbeschaffung in Eisenbeton ausgeführt werden. „Da die Architektengemeinschaft eine möglichst feingliedrige Bauweise verlangte, mussten die Baustatiker und der Bauingenieur hochwertigen Beton vorschreiben. Die Kies- und Sandlieferung erfolgte getrennt aus besonders ausgewählten und kontrollierten Gruben.“ Zur Erstellung der Schalungen hatten die Baumeisterfirmen eigene Schreinerwerkstätten auf der Baustelle errichtet. Weiter befand sich eine Eisenbiegestelle auf dem Bauplatz, wo die Armierungseisen in Form gebracht wurden. Insgesamt wurden 31‘500 Kubikmeter Eisenbeton verbaut – das damals grösste Betonbauwerk in Basel. Zur Beheizung wählte man das innovative System der Deckenheizung der Firma Sulzer aus Winterthur. „Das System Cristall besteht darin, dass das Heizwasser in Rohrspiralen zirkuliert, die dicht unter dem Plafond der zu beheizenden Räume einbetoniert sind.“ Der Vorteil war offensichtlich: Es konnte auf störende Radiatoren verzichtet werden.
Trotz widriger Umstände während der Bauzeit hat sich das Klinikum 1 des Unispitals bis heute bestens bewährt – und ist als eleganter Ozeandampfer aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken. Der damalige Spitaldirektor Gottfried Moser fasste die Bedeutung des Bauwerks folgendermassen zusammen: „Basel war es vergönnt, in diesen Jahren der ungeheuerlichen Zerstörung von Sachwerten ein grosses Friedens- und Aufbauwerk zu vollenden. Die Sorge für leidende Menschen ist und bleibt eine der ersten Pflichten der Öffentlichkeit.“
Text: Lukas Gruntz / Architektur Basel
Literatur: Baukommission des Bürgerspitals (Hrsg.): Das Bürgerspital Basel: 1260 – 1946, Basel, 1946.
Fotos: Paul Butscher, Bürgerspital