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Wieso fällt die Stadtgärtnerei 261 Bäume?

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Es ist keine erfreuliche Nachricht: Die Stadtgärtnerei plant die Fällung von 261 Bäumen in Basel. Was sind die Gründe? Unser Redaktor Martin Zwahlen geht in seinem Artikel dieser Frage nach – und hat mit der Stadtgärtnerei gesprochen.

Bäume werden von der Bevölkerung im Stadtraum geschätzt und erfüllen vielfältige Funktionen. Sie spenden Schatten an heissen Tagen, bieten Schutz bei Regen und reinigen die Luft. Sie tragen zur Ökologie einen wichtigen Beitrag bei und sind mit ihrer unterschiedlichen typologischen Anordnung wichtig für die Orientierung im Stadtraum. Allerdings haben sich die Bäume in ihrer Entwicklung auf andere Bedingungen spezialisiert. Im Strassenraum sind sie vielen Stressfaktoren ausgesetzt: begrenzter Wurzelraum, Staunässe in der Baumgrube, längere Trockenperioden, Verschmutzung des Wassers durch Reifenabrieb, Streusalz im Winter und die Wiederholung derselben Art auf engem Raum erhöhen das Risiko von Schädlingsbefall. All dies sind Gründe, warum Stadtbäume nur noch eine durchschnittliche Lebensdauer von 50 bis 80 Jahren haben.

Überblick über den Baumkataster in Kleinbasel. Grün markiert sind bestehende Bäume, rot die zur Fällung vorgesehenen.

Es ist bemerkenswert, dass in Basel-Stadt seit 1980 Bäume mit einem Stammumfang von mehr als 90 cm, in bestimmten Baumschutzgebieten bereits ab 50 cm geschützt sind. In einer Medienmitteilung hat die Stadtgärtnerei über ihr Vorhaben, insgesamt 261 Bäume zu fällen, informiert. Infolge der gesetzlichen Lage sind für 187 dieser Bäume eine Fällbewilligung notwendig. Die Gesuche werden im Kantonsblatt öffentlich publiziert – und müssen durch das Bau- und Gastgewerbeinspektorat bewilligt werden.

Detaillierte Baumkataster-Informationen, am Beispiel einer Flatterulme bei der beliebten Dreirosenanlage

Jedes Gesuch muss begründet werden. In der Medienmitteilung sind einige Gründe genannt. Viele Argumente sind nachvollziehbar, wie Schädlingsbefall, Fehlentwicklung, Absterben von Kronenteilen oder natürlicher Altersschwäche. Auch der Begriff «fehlendes Entwicklungspotentzial» wird als Grund der Fällungen genannt. Was heisst das konkret? Wir haben bei der Stadtgärtnerei nachgefragt.

Die zur Fällung eingereichten Bäume sind rot markiert und erhalten eine detaillierte Begründung. Zu sehen ist ein Spitz-Ahorn entlang des Unteren Rheinwegs.

«Der Begriff beschreibt in der Regel einen Jungbaum, der sich aufgrund mechanischer, natürlicher oder klimatischer Einflüsse nicht zu einem grossen, gesunden und stabilen Baum entwickeln lässt. In solchen Situationen entscheiden wir [die Stadtgärtnerei]uns für einen 1 zu 1 Baumersatz oder bei klimatischen Einflüssen sogar für einen Baumartenwechsel», schreibt die Stadtgärtnerei auf unsere Anfrage. Mechanische Schäden seien Folgen von Fremdeinwirkungen wie Anfahrschäden am Stamm oder an der Krone. Nach einem Sturm könnten irreparable Schäden an der Krone oder am Mitteltrieb entstehen, was als natürlicher Grund für die Fällung gilt. Häufig sind auch lokale klimatische Veränderungen wie Hitzestau, die das Wachstum der Bäume hemmen, ein sogenannter klimatischer Fällgrund.

Augenschein vor Ort!
Eine kleine Auswahl von Bäumen, die gefällt werden sollen…

Lederweissdorn, Stammumfang 63cm (Ersatzpflanzung)
Fällgrund: Unverhältnismässige Erhaltung
Massiver schiefstand, kippgefahr. Wurzelverletzungen auf Zugseite.

Kanada-Pappel, Alter 84 Jahre, Stammumfang 247cm
Fällgrund: Gefahr, Grosse Höhlungen in der Krone. Bruchgefahr.

Simons Pappel Stammumfang 34cm (Ersatzpflanzung)
Fällgrund: Gefahr, Schwacher Austrieb. Schiefstand mit schlechter Entwicklung.

Ein Beispiel für diese klimatischen Veränderungen sind die geplanten Baumfällungen und Ersatzpflanzungen an der Flughafen- und Neudorfstrasse. Historisch gesehen wurden Baumalleen und Baumreihen mit einer einheitlichen Baumart gepflanzt. Ein bekanntes Beispiel sind die Platanenalleen, die durch Napoleon angelegt wurden. Es hat sich jedoch gezeigt, dass diese monotone Artenwahl besonders anfällig für Krankheiten, Pilze oder Schädlingsbefall ist.

Ein Beispiel hierfür ist die Flughafenstrasse und Neudorfstrasse: Seit rund 24 Jahren säumen Spitzahorne die beiden Strassen. Leider hat sich gezeigt, dass sich diese einheimische Baumart trotz ihrer früher bekannten Widerstandsfähigkeit an diesen Standorten nicht wie erwünscht entwickelt. Im Gegenteil: Die Bäume sterben in der Krone ab, am Stamm bilden sich starke Risse, Pilzbefall ist die Folge und es besteht Bruchgefahr. Daher hat sich die Stadtgärtnerei für einen Baumartenwechsel entschieden. Im Januar 2025 müssen neunzehn der verbleibenden Spitzahorne aufgrund der genannten Schädigung entfernt werden. Im Herbst 2025 werden an gleicher Stelle junge, gesunde und widerstandsfähige Erlen, Zerreichen und Hopfenbuchen gepflanzt. Mit diesem Baumartenwechsel ist die Stadtgärtnerei überzeugt, innerhalb der kommenden fünf Jahren das Kronenvolumen wieder ausgeglichen zu haben.

Kommt es in meiner Nachbarschaft zu Fällungen? Die 187 Bäume mit bewilligungspflichtigen Fällgesuche können im Internet unter MapBS und unter dem Begriff «Städtischer Baumbestand» eingesehen werden. Für jeden Baum sind die Baumart, der Stammumfang, der Fällgrund sowie Angaben zur Ersatzpflanzung abrufbar. Auf der öffentlichen Karte von MapBS sind die Standorte der Bäume ersichtlich. Die informative Transparenz  der Stadtgärtnerei ist vorbildlich – auch wenn das Einzelschicksal jedes gefällten Baums ein kleiner Wertmutstropfen ist.

Artikel: Martin Zwahlen / Architektur Basel
Quelle: Medienmitteilung – Bau- und Verkehrsdepartement

 

 

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