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Zeichen der Zeit – Das S AM gibt Einblick in aktuelles Masterschaffen

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Die Zeichen der Zeit? Zu sehen sind sie im Architekturmuseum. Vom 25. Mai bis 25. August 2024 zeigt das S AM die Ausstellung ‹Sign of the Times: Aktuelle Arbeiten aus dem SIA Masterpreis›. In Zusammenarbeit mit der Berufsgruppe Architektur des Schweizer Ingenieur- und Architektenvereins (SIA) und dem Architekturrat der Schweiz. Die Ausstellung wurde gemeinsam von Yuma Shinohara und Andreas Ruby kuratiert. Wir haben zur Eröffnung am Steinenberg vorbeigeschaut.

Das Wichtigste vorab
Die Ausstellung bietet einen umfangreichen Blick in die Zukunft der Schweizer Architektur: Anhand der prämierten Projekte des nationalen Wettbewerbs für Masterarbeiten ‹SIA Masterpreis› stellt die Ausstellung gewagte, ausgereifte Visionen junger Architekt:innen vor, die einen differenzierten und hochaktuellen Input in die Praxis der Architektur liefern. Darüber hinaus zeigt die Ausstellung erstmalig einen Überblick über die aktuelle Ausbildungslandschaft für Architektur in der Schweiz. Genauso, wie sich die Baubranche neuen Aufgaben stellen muss, um den drängenden sozialen und ökologischen Herausforderungen unserer Zeit zu entgegnen, verändert sich auch die Architekturlehre: neben klassischen Gebäudeentwürfen setzen sich Studierende in ihren Arbeiten heute immer mehr mit partizipativen Prozessen, landschaftlichen Transformationen und performativen Formaten auseinander. Viele nutzen einen erweiterten Architekturbegriff, der über das Gebäude hinausgeht und Landschaft, Landwirtschaft, Raumplanung, neue Techniken des Neu- und Umbaus und zeitgenössische Denkmalpflege miteinschliesst. Weit vorne mit dabei, die Zeichen des Klimawandels und welche Lösungen die Architektur diesbezüglich an den Tag bringen kann. Anhand von grossformatigen Zeichnungen, anschaulichen Modellen und anspruchsvollen Videofilmen macht die Schau den Wandel und die Vielfalt an den Architekturschulen der Schweiz für ein breites Publikum sichtbar und inspiriert dazu, über die Weiterentwicklung des Architekturberufs nachzudenken.

 

Zur Ausstellung
Seit 2022 vergeben die Berufsgruppe Architektur des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA) und der Architekturrat der Schweiz jährlich den SIA Masterpreis Architektur, um die acht besten Masterarbeiten der Schweiz aus dem vergangenen Jahr auszuzeichnen. Diese Ausstellung versammelt die Preisträger*innen der ersten beiden Ausgaben und bietet eine seltene Gelegenheit, einen Querschnitt der verschiedenen Themen zu betrachten, für die sich junge Architekt:innen in der gesamten Schweiz interessieren. Zusätzlich zu konventionellen Bauentwürfen lassen sich Studierende heute zunehmend auf partizipatorische Praktiken, territoriale Transformation und performative Formate ein. Eine Mehrheit der Projekte entscheidet sich gegen Neubauten und arbeitet stattdessen im Bestand. Viele greifen eine über das Gebäude selbst hinausgehende Definition der Architektur auf, die die Landschaft, die Landwirtschaft, die räumliche Planung, neue Technologien für den Bau und die Transformation von Bauwerken sowie den Denkmalschutz mit einbezieht.

Die Freiheit, mit der diese Arbeiten sich ihrem Gegenstand nähern, bezeugt einerseits die radikale Transformation der Architekturpädagogik an schweizerischen Hochschulen in den letzten Jahren. Da Studierende das Thema ihrer Masterarbeit zunehmend selbst wählen, anstatt auf einen vorgegebenen Auftrag zu reagieren, spiegeln die hier versammelten Werke andererseits auch ein Umdenken dieser Generation wider. Dieser jungen Generation ist klar, dass Architektur in ihrem traditionellen Verständnis nicht länger ausreicht: in Reaktion auf zunehmende soziale Ungleichheit und die drohende Klimakatastrophe erkunden sie neue Aufgaben und setzen sich mit immer grösseren und komplexeren Problemen auseinander. In einer Zeit, in der auch die architektonische Praxis unter Druck steht, sich neu zu definieren, bieten die ambitionierten Ansätze und hoffnungsvollen Visionen dieser jungen Praktizierenden eine wichtige Intervention und eine offene Einladung, über neue Wege zu reflektieren, Architektur zu machen und zu denken.

Sandro Hauser: Alpine Rekomposition: Über das Wiederverwenden von Stahlinfrastrukturen im Misox

Die ersten drei Ausstellungsräume präsentieren die prämierten Arbeiten der ersten beiden Jahrgänge 2022 und 2023 des SIA Masterpreises. Die sechzehn Arbeiten, die anhand von Plänen, Modellen und Videofilmen gezeigt werden, umfassen unterschiedliche Massstäbe, Repräsentationstechniken und thematische Ansätze. Zu den vielfältigen behandelten Themen zählen die Umnutzung von Gewerbegebieten in der Agglomeration, die Wasserversorgung in der Schweiz nach dem Schmelzen der Gletscher, der Küstenschutz an der deutschen Nordseeküste in Zeiten von Klimawandel, die Wiederverwendung von nicht mehr benötigten Skiinfrastrukturen im Misox, die partizipative Transformation von einem vernachlässigten Hotel in Chișinău und vieles mehr.

Leslie Majer: Nobody Is an Island

 

Alicja Prusinska: The Element of Repair

 

Im letzten Ausstellungsraum wird die Schweizer Bildungslandschaft für den Fachbereich Architektur vorgestellt. Mit einer grossen Karte und Profilen der zwölf Universitäten und Fachhochschulen, an denen man in der Schweiz Architektur studieren kann, wird die Vielfalt der hiesigen Ausbildung aufgezeigt. Dabei wird klar, dass die Idee einer einheitlichen Architekturbildung in der Schweiz genauso mythisch ist wie die einer monolithischen Schweizer Architektur. Denn die jeweiligen Schulen unterscheiden sich sowohl in der Organisation des Studiengangs Architektur als auch in den Themen, die sie für die Ausbildung setzen. Genau diese regionale und historisch bedingte Vielfalt ist ein Qualitätsmerkmal der Schweizer Architekturbildungslandschaft.

Mit einer Masterarbeit schliessen rund 500 Studierende jährlich ein Architekturstudium in der Schweiz ab. Der weltweit einzigartige SIA Masterpreis zeichnet die besten Arbeiten aller Schweizer Schulen aus, die einen Masterstudiengang anbieten. Aktuell sind dies drei Universitäten und sechs Fachhochschulen. Der SIA Masterpreis wird von der Berufsgruppe Architektur des SIA (BGA) in Zusammenarbeit mit dem Architekturrat organisiert. Der Preis bildet eine Plattform, welche die Architekturausbildung sichtbar macht, den Nachwuchs fördert und den Diskurs zwischen den Schulen anregt.

Die Hochschulen treffen eine Vorauswahl der Arbeiten, die dann durch eine unabhängige, von der BGA nominierten, Jury beurteilt werden. Ein gemeinsam festgelegter Verteilschlüssel gibt vor, wie viele Projekte pro Schule eingereicht werden dürfen. Somit bilden die insgesamt 35 nominierten Arbeiten bereits eine hochkarätige Selektion des gesamten Jahrgangs ab. Die sieben- bis neunköpfige Jury repräsentiert Qualität, Praxisbezug und Diversität im Sinne der unterschiedlichen Sprachregionen. Zudem nimmt eine Preisträgerin aus dem Vorjahr Einsitz in die Jury. Sie stellt sich der Herausforderung, aus den ganz unterschiedlichen Aufgabenstellungen und Projekten eine Auswahl zu treffen und acht Preise und Anerkennungen zu vergeben. Sämtliche Arbeiten sind nach der Jurierung öffentlich zugänglich. Somit bietet der SIA Masterpreis den Schulen und Studierenden eine Plattform, die zeigt, welche Themen den aktuellen Diskurs prägen und welche Aufgaben bearbeitet werden. Der SIA Masterpreis bildet darüber hinaus den Wandel in der Schweizerischen Architekturausbildung der letzten Jahre ab – von einer didaktischen Meister-Schüler Beziehung hin zu gemeinsamen Lernprozessen – und versteht sich als Wertschätzung des enormen Engagements, das Jahr für Jahr in die Masterarbeiten fliesst. Wer sich davon einen Eindruck machen möchte, sollte unbedingt im Architekturmuseum vorbeischauen.

Quelle: Medienmitteilung S AM Basel
Fotos: Laurence Ziegler / Architektur Basel


Weitere Informationen zur Ausstellung und dem Begleitprogramm: www.sam-basel.org

 

 

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