Als sich Stadt und Landschaft 1833 trennten, verblieb Ziefen aufgrund der wirtschaftlichen Abhängigkeit von der Basler Seidenbandindustrie zunächst städtisch, bekannte sich allerdings bald zum neu geschaffenen Landkanton. Die Posamenterei blieb als Heimarbeit aber weiterhin die Hauptbeschäftigung und prägte das Dorfbild nachhaltig: Im Dorfkern finden sich stattliche Häuser mit hohen Fenstern. Grössere Ökonomiegebäude hingegen stehen eher ausserhalb.
Auch die 2003 von Oliver Brandenberger umgebaute Landi-Scheune mit ihrem typischen Rampenverkauf gehörte zu den ersten Häusern am nördlichen Dorfeingang. Sie brach zusammen mit ähnlich genutzten Gebäuden mit der typischen Bachzeilen-Anordnung der Häuser entlang der Hinteren Frenke. Diese verläuft noch heute zwischen den beiden ehemaligen Mühlen entlang der Hauptstrasse. Das Ensemble von Verkaufs- und Lagerscheune und der dazugehörigen Schnapsbrennerei samt Werkstatt mit den Baumgärten, den sogenannte Hosteten im Hintergrund, ist typisch. Das Dorfbild von Ziefen wurde 1994 in das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz aufgenommen.
Fenster mit und ohne Durchblick
Auf den ersten Blick scheint die Scheune mit Satteldach intakt. Das Gebäude ist, mit Ausnahme von Öffnungen an den Stellen der ehemaligen Türen und Tore, mit einer offenen Lattenstruktur überzogen, die es erlaubt, neue Öffnungen dahinter einzufügen. Der im Holzbau übliche Sockel wurde schwarz gestrichen und erinnert eher an eine Schattenfuge, was dem Gebäude eine gewisse Leichtigkeit verleiht. Über vorgesetzte Betonstufen kann das Gebäude vom Garten aus betreten werden. Die ehemalige Verladerampe zur Hofeinfahrt im Osten dient als Haupteingang der Wohnung.
Abgewandt von der Strassenseite und der Öffentlichkeit, kommen die grossen Fenster und Türöffnungen ohne vorgehängte Verschalung aus. Die Anordnung der Öffnungen widersetzt sich der in der Hauptansicht angelegten Symmetrie. Die Regelmässigkeit der Fassade war bis anhin lediglich durch das funktional bedingte ausladende Dach über der Rampe unterbrochen.
Verschiedene Nutzungen
Im nördlichen, dem Hinterhof zugewandten privaten Teil des Gebäudes, findet eine Loftwohnung Platz. Die erhöhte Lage der Laderampe setzt den Eingang etwas ab vom halböffentlichen Platz. Der Eingangsbereich trennt das Öffentliche vom Privaten. Während die offene Küche erdgeschossig direkt an die Terrasse zum Hinterhof anschliesst, führt eine schmale Treppe nach oben in eine andere Welt. Ein Raum mit mehreren Niveaus für Wohnen und Schlafen tut sich auf.
Der südliche Eingang gehört zur Gesundheitspraxis. In der ehemaligen Wageneinfahrt steht heute ein Einbau, der eine Teeküche und einen Sanitärraum aufnimmt. Eine Treppe führt auf die frühere innere Verladeebene, über welche die Behandlungszimmer erschlossen werden. Eine weitere, quer zum Gebäude verlaufende Treppe endet im grosszügigen hellen Dachraum.
Der neue Betonkern ist eines der zentralen Elemente des Umbaus. Er unterteilt das Gebäude in zwei nutzungsgetrennte Einheiten und nimmt die Nebenräume auf.
Die Holzkonstruktion als räumliche Komponente
Die originalen Holzbinder der Dachkonstruktion tragen nach wie vor das nun ausgedämmte Dach und ragen wie Pfeiler aus der inneren Fassade, welche sich wie eine weisse Matte in die alte Struktur zu legen scheint. Oliver Brandenberger hat die originale Tragkonstruktion in ihrer Struktur zweckmässig weiterverwendet, weshalb zwischen Alt und Neu eine zwanglose Selbstverständlichkeit herrscht. Die alten Pfosten leisten einen Beitrag an die räumliche Organisation. Die Praxis erhält so beispielsweise anstelle der ehemaligen Laderampe in der Wageneinfahrt eine innere Loggia als Vorzone der Behandlungszimmer. Im Wohnbereich gliedern die schrägen Binder den Raum.
Als drittes Material kommt der Boden ins Spiel. Eine gelblich-fleckige Anhydrit-Oberfläche zieht sich durchs ganze Gebäude und darf als Hommage an den rauen Charakter der einstigen Nutzung als Lager und Rampenverkauf verstanden werden. Das Material erträgt allerdings keine schweren Gegenstände und zu viel Feuchtigkeit. Nichtsdestotrotz verhalten sich Boden und Wände in gutem Kontrast zu den Deckenuntersichten aus rohem Holz. Die weissen Wände enden, wo die hölzerne Dachschräge beginnt. Binder und geneigte Flächen kommen wieder als Einheit mit dem Dach zusammen.
Text: Simon Heiniger / Architektur Basel
Umgebaute Scheune Ziefen
Adresse: Hauptstrasse 48, 4417 Ziefen
Architektur: Oliver Brandenberger AG
Baujahr: 2003/04
Ehemalige Funktion: Schnapsbrennerei, Rampenverkauf
Heutige Funktion: Wohnung, Praxis
Fotos © Peter Tillessen archphot.com
Pläne © Oliver Brandenberger AG