Der Basel Pavillon steht für ein neues Zeitalter. Linear war gestern. Ausgehend von einer zirkulären Bauweise wird er mit wiederverwendeten Bauteilen erstellt. Nach dem Open Call, wo sich 182 Teams aus aller Welt beworben hatten, wurde der Wettbewerb lanciert. Ein konventionelles Programm gibt es nicht. Lediglich einen konkreten Bauplatz – und einen Bauteilkatalog, der es in sich hat.
Es ist ein kalter Herbstmorgen, als sich eine illustre Gruppe im «Smart City Lab» auf dem Güterbahnhof Wolf versammelt. «Is this here for Basel Pavillon?» Jäwoll, hier findet der Workshop als Auftakt zum Architekturwettbewerb statt. Der Pavillon tritt mit dem Anspruch an, eine neue zirkuläre Architektursprache zu etablieren. In Anbetracht der Klimakrise ist dies auch höchste Zeit. Dual durchgeführt, werden die Teilnehmenden aus Übersee – Argentinien und Brasilien – per Livestream zugeschaltet. Nach einem Intro von Chrissie Muhr zur Architekturwoche Basel 2022, in deren Rahmen der Pavillon eröffnet wird, erklärt Kerstin Müller von Zirkular mit eindrücklichen Worten und Fakten, wie dringend unsere Bauwirtschaft zirkulär werden muss. «Better today than tomorrow.» Heute besteht ein Hauptproblem in den Unmengen Abfall, die wir beim Bauen «produzieren». Recycling ist dabei nur die zweitbeste Lösung, da dabei zu viel Energie verloren geht. Umnutzen und Wiederverwenden sind die einzig sinnvollen Optionen, wenn wir die Klimaziele – und damit einen weiterhin bewohnbaren Planeten – erreichen wollen. «We architects are in charge.»
Der Bauteilkatalog ist das Kernstück des Wettbewerbs. Die BauteiljägerInnen von Zirkular haben ganze Arbeit geleistet: Als Webshop organisiert, können die Teams per Login ihre Bauteile individuell im Warenkorb zusammenstellen und herunterladen. «This is Lego for the advanced.» Dank 3D-Files können die Bauteile direkt ins CAD importiert werden. Die Webseite des Bauteilkatalogs ist offen zugänglich. Der Blick darauf lohnt sich auch für alle nicht Teilnehmenden. Bei jedem Bauteil wird die Menge CO2 angegeben, die durch die Wiederverwendung – im Unterschied zur Neuanfertigung – eingespart wird. Ein Stahlträger spart beispielsweise 36 kg CO2. Das mag wenig sein. In der Summe wird es dennoch relevant. Es wäre wünschenswert, dass auch «konventionelle» Architekturwettbewerbe künftig ähnlich funktionieren. Wir müssen (wieder-)lernen, konsequent mit gebrauchten Bauteilen zu entwerfen und zu bauen. Der Basel Pavillon zeigt, wie es gehen könnte. Eine Auswahl der Bauteile liegen in der Halle des Güterbahnhofs Wolf bereit. «What would this clay piece be used for?” Seien es Trapezbleche, Metallgewebe, Tonröhren, Segel – und sogar Pflanzen. “Tradescantia Pallida”.
“Which tram do we take?” Nach der Mittagspause geht der Workshop auf dem Bauplatz weiter. Er liegt auf dem südlichen Dreispitz. Wenige Schritte vom Freilager-Platz dem Gleisbogen entlang kommt auf den stillgelegten Schienen der Basel Pavillon zu stehen. In Blickdistanz zum Schaulager. Im Idealfall können die Geleise als bereits vorhandene Fundation wiederverwendet werden. Zusätzlicher Einsatz von Beton oder Zement soll vermieden werden. Grundsätzliche architektonische Fragen wurden gestellt: “Does the pavilion need to be a fixed structure or can be modified over the time?”
Es war ein intensiver Tag in Basel. Jetzt folgt die eigentliche Arbeit der Teams. Aus dem Bauteilkatalog entstehen konkrete Entwürfe für den Pavillon. Die Jurierung findet im Dezember statt. Das Siegerprojekt dann wird im Januar 2022 bekanntgegeben. Man darf gespannt sein, wie die Teams mit der Herausforderung der materiellen Einschränkung umgehen. Im besten Fall mit umso mehr Kreativität und Leidenschaft. Wir wagen zu behaupten: Die architektonische Avantgarde findet 2022 auf dem Dreispitz Süd statt. Wobei eine grundlegende Frage immer mitschwingt: “Can we architects really change the world?”
Text: Lukas Gruntz / Architektur Basel
Webseite Bauteilkatalog > www.baselpavillon.store