PETITION GAV ARCHITEKTUR

Dort, wo die Linden wachsen.

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„Eine grün umrahmte Insel inmitten der Stadt“ – so wird das Areal rund um das ikonografische Lonza-Hochhaus beschrieben. Während wir in unserem ersten Artikel die architektonischen Aspekte der geplanten Hochhäuser beleuchtet haben, legen wir im zweiten Beitrag den Fokus auf die Landschaftsarchitektur. Der Siegerentwurf zeichnet sich durch die Verbindung von Topografie, Bestand und neuer Bebauung aus – doch wie tragfähig ist diese Vision?

Das Siegerprojekt Lindenhof von Miller & Maranta und August + Margrith Künzel folgt bei der Freiraumgestaltung einem stringenten Konzept: Die geologische Niederterrassenkante, ein markantes Landschaftsrelief aus der letzten Eiszeit, welches sich durch Basel zieht –  beispielsweise beim Spalentor zum botanischen Garten oder im Kannenfeldpark –  wird nicht nur bewahrt, sondern konsequent in das Konzept eingebunden.

Die Ikone der Nachrkriegsmoderne © Laurence Ziegler

Der Fussgängerübergang von der Nauenstrasse sowie eine Treppenanlage schaffen Verbindungen zwischen den Höhenniveaus und sorgen für eine zugängliche und harmonische Integration der Topografie. Dennoch bleibt die Frage, ob die geplante Nutzungsvielfalt im Freiraum tatsächlich alle Erwartungen erfüllen kann. Die Verfasser:innen des Projekts üben sich in gestalterischer Zurückhaltung, die den Bestand respektiert, darin aber auch Kompromisse birgt: Kann das zukünftige Lindenhofareal wirklich zum Treffpunkt des Quartiers avancieren, insbesondere mit den beiden Geschwistern Rosenfeldpark und Christoph Merian Park, oder bleibt sie eine gut gemeinte, aber kaum genutzte Kulisse? Als Negativbeispiel dient das City Gate, das sich wenige hundert Meter ostwärts befindet.

Blick auf Rosenfeldpark © Laurence Ziegler

Christoph Merian Parkanlage © Laurence Ziegler

Das Konzept sieht vor, die Hälfte des Baumbestandes zu erhalten und durch zusätzliche einheimische Laubbäume zu ergänzen. Hier wird jedoch die Tragfähigkeit der Idee der verkehrsfreien grünen Mitte auf die Probe gestellt: Die geplanten grossen Bäume müssen auf einer Tiefgarage gedeihen, wobei der Wurzelraum trotz einer vorgeschriebenen Substratschicht von 1,5 Metern als kritisch betrachtet werden muss. Langfristig stellt sich die Frage, ob ein Kompromiss zwischen Funktionalität und Ästhetik Bestand haben kann – eine Frage, die nicht nur Lonza sondern auch andere Projekte in Basel begleitet.

Querschnitt © Miller & Maranta

© Miller & Maranta

Die vertiefte Auseinandersetzung mit dem Ort wurde von der Jury gelobt. Gemäss Abgabeplänen bildeten  die Werke des brasilianischen Landschaftsarchitekten und Künstler Roberto Burle Marx eine wichtige Inspirationsquelle beim Entwurfsprozess. Burle Marx war bekannt dafür, dass er die Landschaft als eine Bühne für die visuelle Darstellung von Kultur und Identität nutzte. Seine Werke stellen eine Mischung aus Avantgarde und Tradition dar, was ihn zu einem Pionier im Bereich der modernen Landschaftsarchitektur des 20. Jahrhunderts machte. Das Gestaltungskonzept der Landschaft sieht drei differenzierte Grünräume vor: ein grüner voluminöser Rahmen, der Sichtachsen vom umliegenden Strassenraum anbietet, eine offene Zwischenschicht aus Scherrasen, Blumenwiese und Sickermulden und eine Mitte aus niedrigen Pflanzeninseln ergänzt mit Blütenstauden und Gräsern.

© Miller & Maranta

Der Freiraum, der sich zwischen den neuen Hochhäusern, der bestehenden Topografie und dem städtischen Umfeld entfaltet, wird durch eine präzise Vegetationsgestaltung charakterisiert. Unterschiedliche Pflanzenschichten, robuste Hecken und baumbestandene Flächen fügen sich zu einem ökologisch und visuell durchdachten Ganzen. Gleichzeitig bleibt der Eindruck bestehen, dass die „grün umrahmte Insel“ vor allem durch ihre isolierte Lage zwischen stark befahrenen Verkehrsadern definiert wird. Ob der Freiraum eine neue urbane Identität schafft, hängt von seiner tatsächlichen Nutzung durch die Quartierbevölkerung ab.

Lindenhof-Areal © Laurence Ziegler

Tennismatches werden auf dem Areal künftig nicht mehr ausgetragen. So viel ist klar. Für die Zukunft des Lindenhofareals steht viel auf dem Spiel: Das Projekt hat das Potenzial, nicht nur eine architektonische, sondern auch eine soziale und ökologische Bereicherung für das Quartier zu werden. Gleichzeitig hängt der Erfolg davon ab, ob die ambitionierten Ideen im Spannungsfeld von architektonischer Ambition und wirtschaftlicher Realität Bestand haben werden. Ein sensibel gestalteter Freiraum, der sowohl die Topografie als auch die urbane Nachbarschaft respektiert, ist dabei eine wichtige Grundlage. Die Zukunft wird zeigen, ob die „grün umrahmte Insel“ ihrem Versprechen gerecht wird.

Text: Laurence Ziegler / Architektur Basel


Artikel zum Siegerprojekt:
Game, Set and Match: Vom Tennisplatz zu Wohnhochhäusern

 

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