Hier macht Innovation Schule! Newcomer gewinnt Ideenwettbewerb am Walkeweg

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Am Walkeweg soll Innovation Schule machen. Einerseits in Sachen genossenschaftlichem Wohnungsbau, Neubau einer Primarschule und andererseits punkto Wettbwerbsverfahren. Mit einem unkonventionellen, offenen Ideenwettbewerb wurden fünf Teams evaluiert, «die sich im Bereich Nachhaltiges Bauen auf innovative Art und Weise engagieren.» Damit sollte einem «möglichst grossen Feld von interessierten, auch jungen Teams, eine Teilnahme ermöglicht werden.» Der Kanton nimmt am Walkeweg also eine Pionierrolle ein. Dafür gebührt allen Beteiligten Lob. Soll noch einer sagen, der Staat könne nicht innovativ sein. Basel macht’s vor!

Im Ideenwettbwerb wurde der Fächer für innovative nachhaltige Lösungen geöffnet: «Das Schulhaus soll ein wegweisendes Beispiel für Antworten auf die aktuellen Fragen der Nachhaltigkeit in möglichst vielen Bereichen geben. Dabei soll der Fokus neben relevanten Themen wie CO2-Emissionen insbesondere auf klimagerechtes Bauen und Kreislaufwirtschaft, aber auch auf soziale Nachhaltigkeit gelegt werden.» Auf dem Areal zwischen dem Friedhof Wolfgottesacker und Walkeweg in Basel, das bisher mehrheitlich mit Freizeitgärten genutzt wurde, soll in mehreren Etappen eine neue Wohnsiedlung entstehen. Neben den Wohnbauten ist ein Primarschulhaus mit Doppelturnhalle und Kindergarten geplant. «Da auf dem Weg zur Entwicklung eines nachhaltigen Gebäudes mit seinen breiten und innovativen Themenfeldern laufend Zielkonflikte entstehen, will die Bauherrschaft sicherstellen, dass die Möglichkeit besteht, diese Konflikte zu diskutieren und schon in der ersten Entwurfsphase zu gewichten.» Der erste Schritt ist geglückt. Wir wünschen weiterhin gutes Gelingen – und allen Beteiligten für die weitere Bearbeitung im Studienauftrag eine produktiven, anregenden Umgang mit den genannten «Zielkonflikten». Oder frei nach den Reines Prochaines: «Allein denken ist kriminell.»

Im Folgenden präsentieren wir euch die fünf rangierten Projekte mit Plänen und Auszügen aus dem Jurybericht:

1. Rang / 1. Preis
YOU’LL NEVER WALK ALONE
Studio 511, Johannes Theodor Walterbusch, Zürich

«Den Projektverfassenden von «You’ll never walk alone» ist es gelungen, eine schlüssige Argumentation zur gestellten Aufgabe aufzubauen und diese mit konstant hoher Qualität in Architektur zu übersetzen. Gleichzeitig haben sie dabei ein feines Gespür für die Angemessenheit der Mittel bewiesen. Die städtebauliche Setzung ist so einfach wie klar: Gewählt wird ein kompakter, viergeschossiger Längsbau, der mit einem knappen Fussabdruck auskommt und damit eine grössere zusammenhängende Fläche als eigenen Garten freispielen kann. Dieser bildet in Kombination mit der «rue extérieure» eine attraktive räumliche Schnittstelle zu den benachbarten Wohnbauten und schafft über die gesamte Länge eine lebendige Adresse zum Quartier.»

Ideenwettbewerb Primarschule Walkeweg Basel © Studio 511

 «Zum zentralen Platz reagiert das Schulhaus im Erdgeschoss mit den öffentlichen Nutzungen, wie Tagesstruktur und einem Elterncafé. Auf der Westseite dient ein Wintergarten als Puffer zum nah angrenzenden Friedhof. Der respektvolle Abstand schafft in Kombination mit der massvollen Gebäudehöhe ein gut verträgliches Nebeneinander von Schulhausbetrieb, Stadtgärtnerei und Friedhof. Die Turnhalle wird quer in die bereits vorhandene Baugrube gestellt und ist durch den bestehenden Geländeverlauf auf einer gesamten Längsseite natürlich belichtet. Der Baukörper selbst ist als serielles Holzskelett konzipiert, das auf einem Fundament aus Recyclingbeton steht. Das Thema Re-Use wird im Wintergarten mit den gebrauchten Holzfenstern aufgenommen. Photovoltaikelemente werden formal in die Sheddächer integriert.»

Ideenwettbewerb Primarschule Walkeweg Basel © Studio 511

«Insgesamt begeistert der Entwurf durch seine lässige Entspanntheit und die Angemessenheit der eingesetzten Mittel. Um auf den Song von Johnny Cash zurückzukommen, möchten wir diesem Team mit grosser Vorfreude zurufen: «Walk on, walk on with hope in your heart»!»


2. Rang / 2. Preis
FEUER, WASSER, STURM UND EIS
Nissen & Wentzlaff Architekten, Basel

«Das Projekt «Feuer, Wasser, Sturm und Eis» sieht einen langen, viergeschossigen Gebäudekörper mit Nord-Süd- Orientierung vor. Dieser lässt sowohl eine gebührende Distanz zu den Wohnbauten im Osten, als auch einen angemessenen Abstand zur Friedhofsmauer im Westen. Die Haupterschliessung der Schule funktioniert über den östlich angeordneten Pausenplatz. Als klare Geste zum Quartierplatz hin steht an der Stirnseite des Schulgebäudes ein Laubenturm. Er dient der Schule und dem Quartier als Zugang zu den gemeinsam genutzten Räumen und dem Dachgarten. Diese schöne Geste kommt einer vertikalen Erweiterung des öffentlichen Raumes gleich, die zum Betreten einlädt.»

Ideenwettbewerb Primarschule Walkeweg Basel © Nissen & Wentzlaff Architekten

«Die Räume sind gut angeordnet. Insbesondere die Zusammenfassung von jeweils vier Klassenzimmern zu einem Cluster überzeugt sowohl räumlich als auch im Gebrauch. Die geforderte flexible Nutzbarkeit ist hier gut vorstellbar. Einzig die Erschliessungsflächen scheinen noch zu gross. Wie bei den meisten Projekten wird die Turnhalle unterirdisch angeordnet. Dieser Entscheid ist sinnvoll und nachvollziehbar, da durch die Altlastensanierung der Aushub  bereits gemacht wurde und die vorhandene Baugrube genutzt werden kann.»

Ideenwettbewerb Primarschule Walkeweg Basel © Nissen & Wentzlaff Architekten

«Feuer, Wasser, Sturm und Eis» ist ein sehr erfrischender Entwurf mit einer interessanten Innovationsgeschichte, der es auch schafft, diese in spannende Architektur zu übersetzen.


3. Rang / 3. Preis
COME OUT AND PLAY
ARGE Manz Thüler Farquet, Basel / Zürich

«Ein völlig unerwarteter städtebaulicher Schachzug sorgt hier für ebenso überraschende, wie überzeugende Qualitäten: Das oberirdische Gebäudevolumen wird in drei einfache geometrische Baukörper gruppiert: Ein fünfgeschossiges Klassenhaus im Norden wird um zwei kleinere Bauten mit öffentlich zugänglichen Nutzungen der Schule am Quartierplatz ergänzt. Ein Dreier-Ensemble entsteht, das einen spannungsvollen Zwischenraum aufspannt – ein kleines «Quartier im Quartier». Die Schülerinnen und Schüler bewegen sich im Laufe des Tages von einem Gebäude zum anderen und die Schule gewinnt einen ihr eigenen Ort, eine innere Mitte. Dieser Aussenraum ist Ankunftsort, Pausenhof und Adresse zugleich, trägt massgeblich zur Identität der Schule bei und verschmilzt dabei ganz unverkrampft mit dem öffentlichen Raum.»

Ideenwettbewerb Primarschule Walkeweg Basel © ARGE Manz Thüler Farquet

«Die offene Mitte schafft in beide Richtungen eine maximale Durchlässigkeit: Zu den Wohnzeilen im Osten bildet der «tiny forest» einen guten Übergang zu den privaten Vorgärten und im Süden bietet die Aula samt Gastronomie der Tagesstruktur eine echte Chance, vom Quartierleben tatsächlich rege in Anspruch genommen zu werden. Auch der Dachgarten ist öffentlich zugänglich. Hier könnten Synergien entstehen, die man sich bisher vielleicht gar noch nicht vorstellen konnte. Eine maximal offene Schule entsteht, wo gleichzeitig trotzdem die Privatsphäre der Klassenzimmer gewahrt bleibt. Kritisiert wird der Vorschlag zur Erweiterung mit einem zusätzlichen Ostflügel, bei dem gerade diese städtebaulichen Qualitäten substantiell geschwächt würden. Es wäre zu prüfen, ob das Klassenhaus eine einfachere Erweiterung erfahren könnte. Auch die Nähe des fünfgeschossigen Volumens zur Friedhofsmauer wird kritisch hinterfragt.»

Ideenwettbewerb Primarschule Walkeweg Basel © ARGE Manz Thüler Farquet

«Das Projekt «come out and play» überzeugt mit einem intelligenten Entwurf, der bereits auf städtebaulicher Ebene die Frage der sozialen Nachhaltigkeit beantwortet. Dem Team gelingt es, nicht nur ein Schulhaus zu entwerfen, sondern einen Ort zu schaffen.»

4. Rang / 4. Preis
WENIGER MACHT SCHULE
Nord GmbH Architekten BSA SIA, Basel

«Das Projekt «Weniger macht Schule» sieht ein dreigeschossiges, kompaktes Volumen vor. Dieses wird mit Selbstverständlichkeit gesetzt und behält dabei die nötige Distanz zum Wohnquartier und zumindest in der zweizügigen Variante auch einen würdigen Abstand zur Friedhofsmauer im Norden. Die Haupterschliessung erfolgt über den östlichen Pausenplatz. Das Volumen bietet gegenüber dem Quartierplatz eine angemessen dimensionierte Gebäudebreite. Hier wird die Aula angeordnet, welche direkt vom Quartierplatz her zugänglich ist. Es werden gute Überlegungen zur Erweiterungsmöglichkeit angestellt. Das Hauptthema der Ideengeschichte, die Flächensuffizienz und -effizienz, wird im Entwurf sehr konsequent umgesetzt und hat daher einen direkten Einfluss auf die Grundrisse und den Ausdruck des Schulhauses. Das kritische Hinterfragen der notwendigen Energiebezugsfläche, aus dem ein sehr kompaktes Gebäude resultiert, wird in diesem Beitrag besonders geschätzt.»

Ideenwettbewerb Primarschule Walkeweg Basel © Nord GmbH Architekten

«Die von aussen, über Lauben zugänglichen Klassenzimmer und privateren Nebenräume im Inneren sind interessant und einleuchtend. Als Ergänzung werden Shortcuts vorgeschlagen, welche die Material- und Gruppenräume geschickt erschliessen. Eventuell sind die Dimensionen dieser Sekundärerschliessungen aber doch ein wenig zu knapp geraten. Die Gruppenräume in der Mitte des obersten Geschosses und deren Belichtung über hohe, liegende Fensterbänder überzeugen räumlich und geben dem sehr kompakten Schulhaus eine punktuelle Grosszügigkeit. Im Ausdruck ist das Gebäude etwas zu sehr auf sich selbst bezogen, ein Bezug zum Quartier ist kaum vorhanden.»

Ideenwettbewerb Primarschule Walkeweg Basel © Nord GmbH Architekten

«Weniger macht Schule» ist ein gelungener und sehr intelligent konzeptionierter Beitrag, der sich intensiv mit dem Thema der Suffizienz auseinandersetzt.

5. Rang / 5. Preis
NACHHALTIGKEIT MACHT SCHULE
rdmr architects vof., Amerfoort (Niederlande)

«Das Projekt «Nachhaltigkeit macht Schule» setzt das Schulhaus als kompakten Baukörper längs zur Friedhofmauer. Er ist vom Quartierplatz zurückversetzt und schafft somit Raum für einen Pausenplatz, der mit dem Quartierplatz verbunden ist. Das Projekt reagiert auf das Richtung Norden abfallende Terrain mit einem Geländesprung zwischen Quartierplatz und Schule. Dadurch entsteht gegenüber dem Quartierplatz eine Hochparterre-Situation. Die Verbindung zur Platzebene wird mit zwei grosszügigen Treppen-Brücken hergestellt. Mittig führt eine geschwungene, zweiläufige Treppe hinunter auf die untere Ebene zum Kindergarten und zur Turnhalle und ermöglicht Sichtverbindungen. Die Attraktivität dieses versenkten Aussenraumbereiches muss kritisch geprüft werden.»

Ideenwettbewerb Primarschule Walkeweg Basel © rdmr architects vof.

«Der Hauptzugang zum Schulhaus ist zentral auf den Quartierplatz orientiert. Vom leicht erhöhten Erdgeschoss tritt man in das Herzstück der Schule, das Forum. Über eine offene Halle wird ein von oben belichteter, anregender zentraler Begegnungs- und Lernort geschaffen. Im Erdgeschoss ist hier zugleich Foyer und Aula. In den Obergeschossen werden Gruppenarbeitsbereiche und Begegnungszonen angeboten. Über eine zentrale, grosse Treppe, welche auch als Tribüne für die Aula dient, gelangt man ins 1. Obergeschoss. Auf dem Dach stehen unter einer solaraktiven Pergola zusätzliche Pausenflächen zur Verfügung, welche z. B. auch als Pflanzgarten genutzt werden können. Weitere Pausenflächen werden auf jedem Geschoss auf den umlaufenden Balkonen angeboten. Diese sind Richtung Quartierplatz deutlich tiefer ausgebildet und mit diesem über eine grosszügige Aussentreppe und eine Rutschbahn verbunden. Diese schöne Idee hat leider zur Folge, dass der Tageslichteinfall in die dahinterliegenden Gruppenarbeitsbereiche stark reduziert wird.»

Ideenwettbewerb Primarschule Walkeweg Basel © rdmr architects vof.

«Das Verfasserteam von «Nachhaltigkeit macht Schule» erzählt eine fundierte Innovationsgeschichte, die anregend vermittelt wird. Es setzt die Themen in einem schlüssigen Entwurf um. Die Angemessenheit des monumentalen Ausdrucks für eine Primarschule wird in Frage gestellt.»

5. Rang / 5. Preis
LUFTWERK
LYRA / Lara Yves Reinacher Architekten AG /
ETH SIA, Zürich

«Das Verfasserteam entwickelt sein Projekt bewusst aus den unterschiedlichen Strategien der Nachhaltigkeit und dem lokalen Kontext. Dadurch entsteht ein anregender und eigenwilliger Gebäudetypus, der sich den spezifischen Bedingungen des Orts anpasst. Es ist klar erkennbar, dass bei diesem Gebäude andere gestaltgebende Themen bestimmend waren, als bei einem «normalen» Schulhaus. Damit besitzt das Gebäude ein Potential für die Vermittlung von Nachhaltigkeits-Themen, ein «Lernen im und am Gebäude». Der kompakte Baukörper schliesst stirnseitig an den Quartierplatz an und richtet sich längs der Friedhofsmauer aus. Zur Friedhofsmauer hin liegt der schmalere Aussenraum des Kindergartens, auf der Rückseite entsteht eine grüne Spielwiese und auf der Längsseite zum Quartier wird ein neuer Platz aufgespannt, von dem aus das Schulhaus erschlossen wird. Dieser Hauptzugang liegt zwischen zwei markanten, aussenliegenden Erschliessungstürmen, welche auch der Kanalisierung und Umwandlung der Luftströme um und im Gebäude dienen.»

Ideenwettbewerb Primarschule Walkeweg Basel © LYRA / Lara Yves Reinacher Architekten

«Die Tagesstrukturen sind zum Quartierplatz hin orientiert und können grosszügig geöffnet werden. Die Setzung eines sechsgeschossigen Gebäudes als markanter Punkt im Quartier ist gut vorstellbar. Die genaue Höhe, der Abstand zum Friedhof und der Umgang mit dem gegen Nordosten abfallenden Terrain muss jedoch bei der weiteren Überarbeitung im Modell genauer geprüft werden. Die Nutzungen werden vertikal geschichtet. Der Kindergarten sowie die gemeinschaftlichen und vom Quartier mitbenutzten Räume sind im EG und 1. OG angeordnet. Sie werden über eine zweigeschossige, unbeheizte Halle mit dem Quartier verwoben. Darüber liegen die Unterrichtszimmer und zuoberst, als stadtbildprägende «Quartierskrone», die Turnhalle.»

Ideenwettbewerb Primarschule Walkeweg Basel © LYRA / Lara Yves Reinacher Architekten

«Mit dem Projekt «LUFTWERK» zeigt das Verfasserteam ein grosses Engagement und eine fundierte Auseinandersetzung mit wichtigen Nachhaltigkeitsthemen und entwickelt daraus einen innovativen und anregenden Vorschlag für ein neues Schulhaus.»

Lukas Gruntz / Architektur Basel


Ausstellung Ideenwettbewerb
Neubau Primarschulhaus Walkeweg
Ein innovativ nachhaltiges Schulhaus

Wann? 2. bis 15. Juli 2021 / Montag bis Freitag / 17-20h
Wo? Uferstrasse 90, 4057 Basel / Eingang Süd, OG1

 

 

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