Holzhochhaus am Walkeweg: Der Blick auf alle sechs Wettbewerbsbeiträge

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Das Team ist komplett. Oder vielleicht sollte man besser sagen: Das Ensemble. Mit dem Wettbewerb für Baufeld E wurde das Projekt für den letzten Baustein auf dem Entwicklungsareal am Walkeweg auserkoren. Jessenvollenweider konnten den Studienauftrag für sich entscheiden. Wir blicken im heutigen Artikel auf alle sechs Beiträge – von Rahbaran Hürzeler über kollektive bis Jaeger Koechlin.

«Auf dem Baufeld E soll ein nachhaltiges Leuchtturmprojekt entstehen. Es wird ein Beitrag gesucht, welcher den drei Nachhaltigkeitsdimensionen Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft und insbesondere den Prämissen «Low-Cost» und «Low-Energy» gerecht wird», lautete die Vorgabe der Eigentümerin, der Nest Sammelstiftung. Sie hat sich dafür entschieden, auf dem Baufeld E einen hybriden Holzbau zu realisieren. Die Teams nahmen das Thema auf und entwickelten daraus ihre hohen Häuser – der Begriff Hochhaus scheint bei neun Geschossen etwas übertrieben – konsequent in Holzbauweise, wobei unterschiedliche Konstruktionssysteme und Tragwerksideen entwickelt wurden. Der Wettbewerb lieferte damit einen Beitrag zur Recherche in Sachen vertikalem Holzbau.

Alle Projekte suchten eine Verortung im Kontext zwischen Wolf und Dreispitz. Ebenso war die Grundrissrecherche beachtlich. Allzu absolute Formen hatten bei der Jury einen schwierigen Stand. Burckhardt versuchten es mit einem Kreisgrundriss – vielleicht in Selbstreferenz an den BIZ-Turm. Wir wissen es nicht. «Städtebaulich vermag der Baukörper mit dieser Form jedoch nicht zu überzeugen. Das Gebäude ist im Ausdruck behäbig und geht kaum auf den Kontext ein, wendet sich aufgrund seiner Morphologie sogar allseitig von ihm ab.“ Die Jury liess sich davon nicht überzeugen. In eine ähnliche Richtung wies der punktsymmetrische Grundriss von Rahbaran Hürzeler. „Nach wie vor ist die Grundfigur jedoch einem Kreis eingeschrieben. Aufgrund der daraus resultierenden Tonnenform mit limitierter Höhe wirkt das Gebäude in seiner Umgebung, trotz der Auffächerung in der Fassadenabwicklung und der feinen Fassadengliederung, gedrungen“, liest man im Jurybericht.

In die letzte Runde schaffte es neben dem Siegerprojekt der Beitrag von Kollektive Architekt. Sie erprobten das Thema des vertikalen Laubengangs. Die Jury war voll des Lobes: „Die städtebauliche Setzung ist bestechend. Den Verfassenden gelingt es, über die tangentiale Setzung des Längsbaus einen städtebaulichen und räumlichen Bezug zum neuen Quartier herzustellen. Die Laubengangschicht liest sich wie die vertikale Fortsetzung des neuen Quartiers mit seinen aussenliegenden Erschliessungen.“ Wenn man dem Jurybericht Glauben schenkt, scheiterte das Projekt vor allem an ökonomischen Themen: „Dennoch werden die höchsten Erstellungskosten von allen Beiträgen erwartet. Die Haustechnik, die Erdregister und der Laubengang fallen dabei besonders ins Gewicht. Auch im Betrieb des Laubengangs und des Aussenlifts zeichnen sich höhere Unterhaltskosten ab, die sich direkt auf die Nebenkosten der Wohnungen auswirken würden.“ Mit dem Projekt von jessenvollenweider setzte sich die gegenteilige Typologie durch: Der hocheffiziente Punktgrundriss mit acht Wohnungen pro Geschoss erschlossen von einem zentralen Treppenhaus. Das Resultat ist ein gestaffelter Gebäudekörper: „Die Breitseiten des länglich gedehnten Kreuzes sind in kurze vertikale Fassaden gestaffelt, die dem Baukörper eine freundliche Ausstrahlung verleihen.“ Letztlich ist es weniger ein progressives Manifest als ein präziser, gut austarierter Wohnungsbau der sich durchzusetzen vermochte. „Der präzis gesetzte, elegante Wohnturm eignet sich gut als weit sichtbare Landmarke für das Areal Walkeweg“, ist die Jury überzeugt. Wir sind gespannt auf die Umsetzung.

Gerne blicken wir für euch auf alle sechs Beiträge. Die nachfolgenden Projektbeschriebe stammen aus dem Jurybericht.


Jessenvollenweider architektur, Basel
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Walkeweg Baufeld E © jessenvollenweider architektur

Das Projekt Casablu zeichnet sich durch seine präzise Setzung als Solitär am Rande des Areals Walkeweg aus. Das kreuzförmige Haus liegt im Schwerpunkt des dreiecksförmigen Grundstücks. Mit seinen gegliederten vertikalen Fassaden wirkt es als Gegenpol zu der ruhigen Figur der gleichmässig verteilten, liegenden Reihenhauszeilen auf dem Areal Walkeweg. Seine Ausrichtung ist städtebaulich sorgfältig austariert. Die schmale südliche Stirnseite schafft eine gute räumliche Präsenz am Walkeweg. Hier liegt der grosszügig dimensionierte, gedeckte Eingang. Eine nach aussen gerichtete bauliche Geste würde die Adressbildung zusätzlich unterstützen. Vom nördlichen Weg der SBB aus dient der Veloraum im Untergeschoss als Nebeneingang. Die Breitseiten des länglich gedehnten Kreuzes sind in kurze vertikale Fassaden gestaffelt, die dem Baukörper eine freundliche Ausstrahlung verleihen.

Walkeweg Baufeld E © jessenvollenweider architektur

Das mittig liegende Treppenhaus erschliesst acht Wohnungen pro Geschoss. Für diese grosse Anzahl Wohnungen ist die Treppe knapp dimensioniert. Grössere Treppenpodeste würden das Treppenhaus als Ort der Begegnung stärken. Die Wohnungen profitieren von dem mehrfach gestaffelten Grundriss, der eine gute Belichtung der Innenräume gewährleistet. Acht Gebäudeecken ermöglichen eine Belichtung über Eck. Ein Entrée mit Platz für eine Garderobe und direktem Zugang zum Bad bildet den robusten Auftakt aller Wohnungen. Gut proportionierte Wohnküchen können flexibel möbliert werden. Die Zimmer sind jeweils von den Wohnküchen her zugänglich. Diese direkte Zuordnung der Räume passt gut zu den kompakten Kleinwohnungen. Es gibt keine reinen Korridorflächen. Wie bei den bewährten Gründerzeitwohnungen schafft die Enfilade von Wohnraum und Zimmern nutzungsneutrale Räume. Grosse Balkone ergänzen als Aussenzimmer die Raumfolge der Wohnungen. Fugen trennen benachbarte Balkone voneinander und stärken deren Aufenthaltsqualität. Die Wohnungen an der südlichen Stirnseite können noch optimiert werden. Die Belichtung der in die Tiefe greifenden Wohnküchen ist eingeschränkt. Die vertikale Gliederung des Baukörpers wird durch sorgfältig dimensionierte Balkone zu einem porösen, luftigen Gebilde angereichert. Geschlossene, mit dunkelblau gestrichenen Holzplatten verkleidete Wandflächen wechseln sich ab mit feingliedrigen linearen Balkonkonstruktionen. Ein ausladendes dünnes Vordach schliesst die vertikale Figur ab. Der Ausdruck des Casa blu changiert spannungsvoll zwischen monumentalem Solitär und aufgelöster Form. Die einfache Geometrie der repetitiven Grundrisse mit abgestützten Balkonen verspricht eine wirtschaftliche Erstellung.

Walkeweg Baufeld E © jessenvollenweider architektur

Die vorgeschlagene Holzbaukonstruktion ist auf einem holzbaugerechten Raster aufgebaut. Diese führt zu einem kompakten Deckenaufbau. Die gewählten Brettstapeldecken mit der zusätzlichen Holzwerkstoffplatte zur Scheibenausbildung sind wirtschaftlich und robust. Die (vertikale) Aussteifung erfolgt über den zentralen Treppenkern aus Stahlbeton. Zur Erhöhung der Steifigkeit des langgestreckten Gebäudes in Querrichtung sollten weitere Aussteifungselemente an den Flanken (Schmalseiten) in Betracht gezogen werden. Die vorhandenen, geschlossenen Aussenwände und die schalltechnisch perfekt getrennten Trennwände könnten hier zusätzlich einen wirkungsvollen Beitrag leisten. Die hinterlüftete Aussenbekleidung aus sägerauem Vollholz ist, trotz Farbbeschichtung, bei einem Gebäude dieser Höhe hinsichtlich des Wartungsaufwandes zu hinterfragen. Die Holzfassade an sich wird hinsichtlich der Aufgabe, ein nachhaltiges Leuchtturmprojekt zu schaffen, allerdings nicht infrage gestellt.

Walkeweg Baufeld E © jessenvollenweider architektur

Beim Projekt Casablu handelt es sich um ein sorgfältig ausgearbeitetes Haus, das eine hohe Wohnqualität verspricht. Der präzis gesetzte, elegante Wohnturm eignet sich gut als weit sichtbare Landmarke für das Areal Walkeweg.

 

Rahbaran Hürzeler Architekten, Basel

Walkeweg Baufeld E © Rahbaran Hürzeler Architekten

Beim Projekt ‹Girasole› handelt es sich um einen Solitär im Park, der mit seinem Sockel zwischen den verschiedenen Terrainanschlüssen vermittelt. Über das grosszügige Treppenhaus schafft er eine gelungene Verbindung zwischen dem oberen und unteren Zugang. Auf die Kritik am punktsymmetrischen Baukörper der Zwischenabgabe und auf den Wunsch des Beurteilungsgremiums nach mehr Verankerung im städtebaulichen Kontext wurde leider nur zaghaft reagiert. Es erfolgte eine stärkere Rücksichtnahme auf die Himmelsrichtungen bei der Grundrissorganisation und eine deutlichere Ausbildung des Haupteingangs und somit eine bessere Zugänglichkeit und Adressbildung des nun achssymmetrischen Baukörpers.

Walkeweg Baufeld E © Rahbaran Hürzeler Architekten

Nach wie vor ist die Grundfigur jedoch einem Kreis eingeschrieben. Aufgrund der daraus resultierenden Tonnenform mit limitierter Höhe wirkt das Gebäude in seiner Umgebung, trotz der Auffächerung in der Fassadenabwicklung und der feinen Fassadengliederung, gedrungen. Das Beurteilungsgremium hätte sich eine freiere Form des Baukörpers analog zu der von den Verfassenden selbst genannten Referenz des Wohnhauses von Mangiarotti & Morassutti erhofft. Die Problematik des mit der Volumetrie zusammenhängenden, mangelnden Lichteinfalls in die Nordwohnungen wurde seit der Zwischenbesprechung zwar verringert, jedoch nicht aufgehoben. Die Wohnungsgrundrisse leiden zudem an der grossen Gebäudetiefe und vermögen nur teilweise zu überzeugen.

Walkeweg Baufeld E © Rahbaran Hürzeler Architekten

Auch verhindert die Gebäudeaussteifung über die Aussenfassade eine grosszügige Befensterung aller Wohnzimmerüber deren Aussenecke. Dieser Umstand schmälert die an sich reizvoll modulierte Ausweitung der Wohnung von der Eingangstür hin zur Fassade. Die Aussenräume sind teilweise etwas knapp bemessen und aufgrund ihres Zuschnitts nicht ideal nutzbar.

Walkeweg Baufeld E © Rahbaran Hürzeler Architekten

Das vorgeschlagene Tragwerkskonzept ist statisch-konstruktiv schlüssig. Das gewählte Raster mit holzbaugerechten Spannweiten lässt eine wirtschaftliche Umsetzung erwarten. Das vorgeschlagene Holzbausystem, Brettsperrholzdecken und -wände in Kombination mit den Stützen und leistungsfähigen (deckengleichen) Trägern, ist der Bauaufgabe angemessen. Weshalb die um den Treppenkern umlaufenden, geschlossenen Wandscheiben nicht auch zur Aussteifung (direkter Lastanteil) herangezogen werden, bleibt unklar. Durchlaufende Decken über die Nutzungseinheiten hinweg erschweren die schalltechnische Entkoppelung der Einheiten. Der gewählte Aufbau der Decken mit 60 mm Schüttung überzeugt hinsichtlich eines ausreichenden Trittschallschutzes noch nicht. Die Ausbildung des Treppenhauses als vorgefertigte Stahlbeton-Skelett-Struktur ist ein interessanter Ansatz und löst einfach und wirtschaftlich die brandschutztechnischen Anforderungen. Der Anschluss der Kragplatten der Balkone an die Geschossdecken bleibt unklar und scheint nicht gelöst.

Walkeweg Baufeld E © Rahbaran Hürzeler Architekten

Die vorgeschlagene Fassade mit (mehrheitlich) PV-Elementen ist ein guter Wetterschutz für das Gebäude. Die brandschutztechnischen und konstruktiven Herausforderungen sind jedoch noch nicht gelöst. Das Projekt verfügt über ein gutes Verhältnis von Nutzfläche zu Geschossfläche und auch über ein gutes Verhältnis von Fassadenfläche zu oberirdischer Geschossfläche. Es lässt eher niedrige Erstellungskosten erwarten, was das Anbieten preisgünstiger Wohnungen ermöglicht. Das Projekt ‹Girasole› schneidet bei den quantitativen Richtwerten gut ab, konnte das Beurteilungsgremium jedoch auf der qualitativen Ebene -städtebaulich und was die Wohnqualität betrifft – nicht überzeugen.

 

Hauenstein La Roche Schedler Architekten, Zürich

Walkeweg Baufeld E © Hauenstein La Roche Schedler Architekten

Das Projekt besteht aus drei Baukörpern, die nach Osten, Süden und Westen ausgerichtet sind und sich um eine zentrale Achse gliedern. Auf dieser Achse liegt der klar formulierte Eingang und in dessen Mitte die grosszügige Erschliessung. Von aussen erscheint das Gebäude wie ein Solitär im Park, dessen offene Gebäudeecken elegante, vertikale Proportionen erzeugen. Das Beurteilungsgremium hinterfragt jedoch den Grundriss des Projekts, dessen Symmetrieachse in den gegenüberliegenden Duggingerhof hineinreicht und städtebaulich nicht überzeugend erscheint. Vielmehr ist es die alleinige Ausrichtung an der Sonne, welche die städtebauliche Setzung bestimmt. Diese an sich nachvollziehbare Absicht, keine nach Norden ausgerichteten Wohnungen zu haben, führt jedoch in der dargestellten Form zu einem Gebäude ohne expressive Nordseite. Die beiden Wohntypen Nord-Ost und Nord-West werden nicht anders behandelt, als die übrigen in den Flügeln und bilden keine überzeugende Fassade. Das Beurteilungsgremium liest diese Nordfassade als eine Rückfassade, was schade für den dortigen Park wäre, denn der Ausdruck des Gebäudes in Richtung der zukünftigen Bebauung des SBB-Areals sollte lebendig sein.

Walkeweg Baufeld E © Hauenstein La Roche Schedler Architekten

Die Machbarkeitsstudie befürwortet die solitäre Typologie, betont aber, dass das Gebäude in der Lage sein muss, auf alle Seiten zu reagieren. Die Erschliessungszone ist ein natürlich belichteter Verbindungsraum zwischen den drei Flügeln. Dieser Bereich scheint als Begegnungsort für die Bewohner vorstellbar zu sein und ist auch gross genug, um acht Wohngruppen pro Etage zu empfangen. Das Beurteilungsgremium schätzt die Proportionen, die sich aus dieser volumetrischen Anordnung ergeben. Es erkennt jedoch keine Logik oder Regel in der Organisation der Wohnungen. Die Rationalität der drei Volumina entbehrt einer konstruktiven Systematik und scheint sich zu sehr aus einem Nebeneinander von Wohnungen zu ergeben. Die Wohnungen sind einfach, wohlproportioniert und bieten mit gut positionierten Balkonen Wohnraumqualität. Das Projekt erfüllt die Kriterien für preisgünstigen und energiesparenden Wohnraum. Auch erlaubt die stützenfreie Struktur eine hohe Flexibilität. Die Einfachheit der Grundrisse und die Flexibilität der Nutzung in den 1.5-Zimmer-Wohnungen ist clever, so dass sie sich trotz des begrenzten Platzangebots ideal für die Nutzung als Home-Office eignen. Die schwenkbaren Trennwandregale sind eine intelligente Lösung für kleine Wohnungen.

Walkeweg Baufeld E © Hauenstein La Roche Schedler Architekten

Das Gebäude ist statisch-konstruktiv sehr strukturiert aufgebaut. Der gewählte Lastabtrag über die Treppenhauswände und den tragenden Aussenwänden ist nachvollziehbar. Beeindruckende Spannweiten der Decken ergeben grosse Freiräume und Flexibilität in den Grundrissen (Raumaufteilung). Die für die geforderte Gebrauchstauglichkeit (insbesondere Schwingunsverhalten) notwendige Steifigkeit ist jedoch nur wenig materialsparend mit grossen Plattendicken zu erreichen. Die Aussteifung in Querrichtung scheint insbesondere im Eingangsbereich des Erdgeschosses eher schwach. Gegebenenfalls müssten hier teilweise die vorhandenen Zwischenwände mit herangezogen werden. Die geplante Herstellung der hybriden Treppenhäuser mit dem nachträglichen Einbau der Stahlbetonschicht und die Verwendung von vorgefertigten Nasszellen- und Küchenmodulen ist sehr innovativ. Die geschossweise Aufhängung der Balkone über dreiecksförmige Stahlwangen ist konstruktiv richtig. Als sehr (gestaltungs-)prägendes Element wird dieser Ansatz jedoch hinterfragt. Die vorgeschlagene hinterlüftete Aussenwandbekleidung aus gewellten Faserzement- bzw. Stahlblechplatten ist wirtschaftlich und robust. Die Brandschutzanforderungen werden problemlos erfüllt.

Walkeweg Baufeld E © Hauenstein La Roche Schedler Architekten

Im Allgemeinen überzeugt das Projekt durch die Grosszügigkeit seiner Erschliessungsflächen und die Einfachheit seiner gut ausgerichteten Typologien. Die Form folgt jedoch zu sehr der Funktion, was eine wenig überzeugende städtebauliche Umsetzung zur Folge hat.

 

Kollektive Architekt, Basel

Walkeweg Baufeld E © kollektive architekt

Die Verfassenden schlagen einen Längsbau vor, der tangential zum Gleisbogen steht und sich fast über die ganze Länge der Parzelle ausdehnt. Die Haupterschliessung sowie die Laubengangschicht befinden sich auf der Westseite, dem neuen Quartier zugewandt. Die städtebauliche Setzung ist bestechend. Den Verfassenden gelingt es, über die tangentiale Setzung des Längsbaus einen städtebaulichen und räumlichen Bezug zum neuen Quartier herzustellen. Die Laubengangschicht liest sich wie die vertikale Fortsetzung des neuen Quartiers mit seinen aussenliegenden Erschliessungen. Auch die volumetrische Ausarbeitung des Baukörpers zeugt von einer tiefen Auseinandersetzung mit dem Ort und einem feinen Gespür für Gestaltung. Die Abwinkelung der Stirnfassaden trägt zu einer einprägsamen Gestalt bei und schafft städtebauliche Bezüge. Die Schmalseite am Walkeweg ist ein gelungener Auftakt. Ostseitig wird dem Längsbau eine starke Fernwirkung in Richtung Brüglinger Ebene attestiert.

Walkeweg Baufeld E © kollektive architekt

Praktisch alle Wohnungen im Gebäude würden direkt von der unverbaubaren Aussicht in Richtung Brüglinger Ebene profitieren. Die Anordnung des Laubengangs auf der Quartierseite fordert allerdings Kompromisse bei der Adressierung und beim Zugang. Der Zugangsweg hat einige Höhendifferenzen zu überwinden und überzeugt in seiner kompliziert anmutenden Ausformulierung nicht. Die Adressierung mit den Briefkästen liegt zu weit vom Gebäude entfernt. Der ostseitige Aussenraum wird durch die Gebäudesetzung etwas abgetrennt vom Gleispark. Die Aufenthaltsqualität und die Möglichkeit zum sozialen Austausch auf den Laubengängen sowie in der Rue Souterraine werden kontrovers diskutiert. Einerseits verkörpern die gemeinschaftlichen Lauben den gewünschten Ort des Austauschs unter den Bewohnenden, andererseits schränkt die aus brandschutztechnischen Gründen verbotene Möblierung und Bepflanzung die Nutzbarkeit ein. Die Problematik der Einsichten in die Wohnungen wurde zielführend überarbeitet und insgesamt gut gelöst. Einerseits durch die Anordnung der Räume – es sind nur wenige Individualräume überhaupt betroffen – andererseits durch die Möglichkeit der flexiblen Anordnung der Nutzungen innerhalb der Wohnungen. Der grosse Vorteil der Laubengangtypologie liegt vor allem darin, dass alle Wohnungen durchgehend sind und von einer guten Belichtung sowie der Aussicht auf zwei Seiten profitieren.

Walkeweg Baufeld E © kollektive architekt

Die Grundrisse überzeugen durch die Wählbarkeit der Wohnsituation und durch den Raumversatz, welcher spannende Diagonalbezüge generiert. Bei den beiden Wohnungen an den Stirnseiten stellen sich Fragen bezüglich der Möblierbarkeit der Zimmer. Das Gebäude ist konstruktiv sehr strukturiert aufgebaut. Die gewählte Holz-Skelett-Bauweise mit holzbaugerechten Spannweiten ermöglicht einen kompakten Deckenaufbau und lässt eine wirtschaftliche Umsetzung erwarten. Die Aussteifungsverbände sind gut platziert und in Querrichtung schlüssig in die Primärkonstruktion integriert. Ausreichend steife Deckenscheiben zwischen den Verbänden werden jedoch vermisst. Zur Vermeidung von Schallnebenwegen wäre der schalltechnischen Trennung, insbesondere an den das Raster übergreifenden Nutzungseinheiten, besondere Beachtung zu schenken. Der Deckenaufbau der Brettstapeldecke mit 60 mm Schüttung ist schalltechnisch auf einem eher niedrigen Niveau und nicht überzeugend. Das konsequent weiterverfolgte Aussteifungskonzept mit Fachwerkverbänden, deren Diagonalen über drei Geschosse und Nutzungseinheiten durchgehen, macht zwar die Holzkonstruktion «erlebbar», wird aber weiterhin infolge seiner vielfachen Abhängigkeiten kritisch hinterfragt. Die vorgeschlagene Aussenbekleidung aus Vollholz (Profilschalung) ist weitgehend durch die vorgestellten Laubengänge und Balkone geschützt.

Walkeweg Baufeld E © kollektive architekt

Das Projekt bietet insgesamt die höchste Anzahl an Wohnungen und weist gute Flächenkennwerte auf. Dennoch werden die höchsten Erstellungskosten von allen Beiträgen erwartet. Die Haustechnik, die Erdregister und der Laubengang fallen dabei besonders ins Gewicht. Auch im Betrieb des Laubengangs und des Aussenlifts zeichnen sich höhere Unterhaltskosten ab, die sich direkt auf die Nebenkosten der Wohnungen auswirken würden.

Insgesamt liegt ein städtebaulich überraschender und bereichernder Beitrag vor, der interessante Ansätze einbringt und konsequent erarbeitet wird. Die Verbindung mit dem neuen Quartier wird geschätzt. Leider werden durch die Typologie des Laubengangs verschiedene Kompromisse in Kauf genommen, die in ihrer Summe zu schwer wiegen.

 

Jaeger Koechlin, Basel

Walkeweg Baufeld E © Jaeger Koechlin

Das Projekt ‹In den Walken› basiert auf einer dreieckigen Grundfigur. Es richtet sich mit einer Flanke parallel zum Walkeweg aus, steht mit einer zweiten Flanke nahezu tangential zur Grete-Bollinger-Promenade, während die dritte Flanke gegenüber den benachbarten Zeilenbauten minim abgedreht ist. Der Hauptzugang richtet sich auf selbstverständliche Weise zum Walkeweg hin. Der Nebeneingang für Velos wird an der südlichen Gebäudeecke vorgesehen. Diese städtebauliche Setzung zwischen solitärem Haus im Park› und ‹im Kontext verankertem Haus› wirkt auf den ersten Blick überzeugend, wirft aber bei genauerer Betrachtung der inneren Organisation Fragen auf.Die Eingangslobby im überhohen Erdgeschoss überzeugt. Das grosszügige, dreieckige Treppenhaus scheint räumlich attraktiv zu sein, jedoch erhält es aufgrund des darüberliegenden Dachpavillons mit PV-Anlage keinerlei Licht von oben. Sehr kritisch beurteilt wird der Umstand der drei gleich tiefen Gebäudeflügel ohne Reaktion auf die Himmelsrichtung.

Walkeweg Baufeld E © Jaeger Koechlin

Nahezu identische Wohnungen für den West- und Südostflügel werden auch für den Nordflügel vorgeschlagen, was bei Letzterem zu Belichtungsproblemen führt und die Wohnqualität schmälert: Denn der Grundrisstyp legt fest, dass das gut belichtete Eckzimmer als Schlafzimmer genutzt werden muss, während das Wohn-Esszimmer, durch die Balkonschicht auch noch zurückversetzt, sehr dunkel zu werden droht. Lobend sei jedoch erwähnt, dass die Überarbeitung sämtlicher Wohnungen nach der Zwischenkritik zu einer deutlichen Verbesserung geführt hat. Es handelt sich mehrheitlich um wohlproportionierte, gut geschnittene Kammergrundrisse mit zwar aufwändigen inneren Verglasungen und einer Vielzahl von Türen. Dies verspricht eine hohe Wohnqualität für die zwei gut belichteten Gebäudeflügel. Umso bedauerlicher ist die mechanische Übertragung deren Grundrisse auf den Nordflügel. Auf die Nachteile in der inneren Organisation hätte durch Verkürzung der nördlichen Flanke mit der Gebäudefigur reagiert werden sollen, indem die Flügeltiefe oder aber der Grundrisstyp im Norden verändert worden wäre.

Walkeweg Baufeld E © Jaeger Koechlin

Die von den Verfassenden vorgeschlagene Holz-Hybridbauweise ist statisch-konstruktivsolide. Durch eine gute holzbaugerechte Rasterung und der konsequenten Elementierung der industriell vorgefertigten Holz-Beton-Verbunddecke ist eine wirtschaftliche Umsetzung durch den Skaleneffekt zu erwarten. Die dargestellten Überlegungen zur Montage und den Anschlüssen der Decken bzw. Deckenscheiben sind sehr schlüssig. Die thermische Trennung der HBV-Verbunddecke am Übergang zur Loggia ist notwendig, jedoch auch in dieser Form neuartig und stellt ggf. das Prinzip HBV in Frage. Die vorgeschlagene hinterlüftete Aussenwandbekleidung aus gewellten-Faserzementplatten ist wirtschaftlich und robust. Die brandschutztechnischen und konstruktiven Herausforderungen der in die Fassade integrierten PV-Elemente sind jedoch noch nicht gelöst.

Walkeweg Baufeld E © Jaeger Koechlin

Das Verhältnis von Fassadenfläche zu oberirdischer Grundfläche ist etwas ungünstig. Die Erstellungskosten wurden als eher hoch eingeschätzt, was das Anbieten preisgünstiger Wohnungen erschweren würde. Das Projekt ‹In den Walken› stellt einen interessanten städtebaulichen Ansatz dar, überzeugt in der Ausbildung des überhohen Erdgeschosses und einigen vielversprechenden Wohnungsgrundrissen, hätte aber aufgrund einer nicht unbeträchtlichen Anzahl unvorteilhaft belichteter Wohnungen einer Überarbeitung bedurft, deren Folgen für das Gesamtprojekt nicht absehbar waren.

 

Burckhardt Architektur, Basel

Walkeweg Baufeld E © Burckhardt Architektur

Wie der Name schon andeutet, handelt es sich beim Projekt ‹Circularis› um einen kreisrunden Solitärbau im Park. Die Grundform wurde aus Gründen der Nachhaltigkeit und der Flächenoptimierung gewählt und mit einem Bezug auf andere runde oder abgerundete Bauten in Basel begründet. Städtebaulich vermag der Baukörper mit dieser Form jedoch nicht zu überzeugen. Das Gebäude ist im Ausdruck behäbig und geht kaum auf den Kontext ein, wendet sich aufgrund seiner Morphologie sogar allseitig von ihm ab. Der obere Haupteingang wird kaum architektonisch artikuliert, wirkt dadurch beliebig und lässt keine gute Adressbildung zu.

Walkeweg Baufeld E © Burckhardt Architektur

Die direkt benachbarten privaten Aussenräume finden keinen guten Umgang mit dem Terrain und wirken befremdlich. Die Volumetrie bringt, in Kombination mit einer radialen Verteilung der Wohnungen in unterschiedlich breite Kreissegmente, Belichtungsprobleme mit sich. Diese sind nordseitig massiv. Die ostinate Raumspreizung, die alle Grundrisse dominiert, wirkt eher beklemmend als befreiend. Die nahezu einseitige Ausrichtung aller Wohnungen aufgrund der fehlenden Ecksituationen schmälert die Wohnqualität empfindlich. Daran vermögen letztlich auch die weit auskragenden Balkone nichts zu ändern. Die Modellbilder der Innenräume zeugen von einem starken Willen, sich um die Wohnlichkeit zu kümmern und die unvorteilhafte Grunddisposition zu relativieren.

Walkeweg Baufeld E © Burckhardt Architektur

Die Sorgfalt und Tiefe der Detailausarbeitung sind sehr löblich. Die Verfassenden schlagen für das punktsymmetrische Gebäude ein statisch-konstruktiv schlüssiges Konzept vor. Durch wenige aussteifende Wandscheiben in den Aussenwänden wird die durch die radiale Anordnung der Wände auftretende Torsion in der Gebäudestruktur vermieden. Die mit Zangen ausgebildeten Träger der radial verlaufenden Primärkonstruktion ermöglichen durchgehende Stützen und schaffen Raum für die vertikale Installationsführung. Die infolge des Gebäudeentwurfs sehr unterschiedlichen Spannweiten der tangential gespannten Brettstapeldecken erfordern jedoch abgestufte Dicken oder sind, da für die maximale Spannweite bemessen, nicht materialeffizient. Eine alternative Tragstruktur «innerhalb des Kreises» ist bereits aufgezeigt. Die Balkone sind konsequent abgelöst und durch ein Stahlskelett gestützt. Die hinterlüftete Aussenbekleidung aus Vollholz ist trotz Kesseldruckimprägnierung bei einem Gebäude dieser Höhe hinsichtlich des Aufwands für Pflege und Unterhalt zu hinterfragen.

Walkeweg Baufeld E © Burckhardt Architektur

Die Vorteile des kreisförmigen Gebäudetyps liegen in seiner Effizienz. Alle Richtwerte sind gut und der modulare Aufbau lässt eine schnelle Realisierbarkeit vermuten. Die damit einhergehenden wirtschaftlichen Vorzüge liegen auf der Hand. Diese vermögen jedoch die Nachteile auf städtebaulicher und architektonischer Ebene nicht aufzuwiegen. Vermutlich liegt gerade in der rechnerischen Herangehensweise der Grund für ein eher mechanisch daherkommendes Wohnhaus, das dem Quartier wenig zu bieten vermag.

 

 

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