«Irrenanstalt» und «Pfrund» – die psychiatrische Klinik Liestal | Baselbieter Baukultur #48

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Bis zur Kantonstrennung 1834 gab es in Liestal zwei Spitäler. Bald wurden die Patienten aber alle in das untere Spital verlegt, das obere im Städtli aufgegeben. Trotz verschiedenen Um- und Aufbauten blieb das Krankenhaus aber chronisch zu klein, weshalb man um 1842 die Planung einer Erweiterung des Spitals mit neuen «Irrenzellen» in Angriff nahm. Dies zog sich fast zehn Jahre hin; 1852 schliesslich präsentierte der kantonale Bauinspektor Benedikt Stehle selbst ein Projekt, das schliesslich bis 1854 umgesetzt wurde.

Birmann-Spital (1875) und «Pfrund» (1854), Liestal STABL_PA_6412_02_01_231, Fotoarchiv Firma Lüdin AG, Liestal, Staatsarchiv Basel-Landschaft

Birmann-Spital (1875) und «Pfrund» (1854), Liestal STABL_PA_6412_02_01_231, Fotoarchiv Firma Lüdin AG, Liestal, Staatsarchiv Basel-Landschaft

Aufgrund der verfügbaren Grundstücke wurde das neue Spital gleich neben dem alten gebaut. Das Gebäude steht oberhalb der Rheinstrasse an ziemlich prominenter Stelle. Das «Pfrundhaus» hatte die Form eines Hufeisens und beinhaltete neben der Krankenstation im Hauptbau Abteilungen für geistig beeinträchtigte und ältere Menschen in den beiden Flügelbauten. 1888 wurde die Anlage erweitert, in dem man die beiden Flügel bis fast zum Bahndamm verlängerte. Abgeschlossen wurde die Anlage mit einem neuen Ökonomiegebäude parallel zur Bahn. Zu diesem Zeitpunkt fanden um die 470 Patienten Platz.

Hufeisenförmiger Bau von Benedikt Stehle, 1. Obergeschoss

Hufeisenförmiger Bau von Benedikt Stehle, 1. Obergeschoss

Nach dem Neubau des Birmann-Spitals 1875-1877 als Ersatzneubau für das erste Spital gegenüber wurde der Bau von Stehle nunmehr als Altersheim und «Irrenanstalt» genutzt. 1934 wurde letztere Abteilung in den Neubau der Heil- und Pflegeanstalt Hasenbühl weiter die Strasse hoch auf der anderen Seite des Bahndamms verlegt. Heute befindet sich im Bau von 1854 ein Altersheim und ein Heim für schwerbehinderte Menschen.

Eingangsfassade mit Mittelrisalit, Ehemaliges Kantonsspital, Liestal © Architektur Basel

Eingangsfassade mit Mittelrisalit, Ehemaliges Kantonsspital, Liestal © Architektur Basel

Trotz der Erweiterungen und Anbauten hat Stehles Gebäudekomplex nicht an Wirkung eingebüsst. Der originale Sockel, bestehend aus dem ganzen Erdgeschoss wurde jeweils fortgesetzt. Am imposantesten gibt sich die streng gegliederte spätklassizistische Fassade in ihrer Front zur Rheinstrasse. Ganze 21 Fensterachsen bilden eine eindrückliche Eingangsfassade mit fünfachsigem Mittelrisalit und Dreiecksgiebel. Auf dem Walmdach thront ein Firstreiter mit Glocke.

Text: Simon Heiniger / Architektur Basel


Ehemaliges Kantonsspital (Psychiatrische Klinik)
Adresse: Rheinstrasse 43, 4410 Liestal
Architektur: Benedikt Stehle
Bauzeit: 1852-1854
Funktion: Krankenhaus, Psychiatrische Klinik, Altersheim


Fotos:
– Simon Heiniger / Architektur Basel
– Staatsarchiv Baselland Online-Archivkatalog
Quellen:
– Hasche, K. & Hanak, M. (2010), Bauten im Baselbiet: eine Architekturgeschichte mit 12 Spaziergängen, Schwabe AG, Basel. ISBN: 978-3-7965-2664-0

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