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Lüdin-Areal in Liestal: ANNA BLUME, ZITRULLE oder FÜNF FREUNDE – alle Projekte im Detail…

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«Altstadtblick» heisst das Siegerprojekt des Wettbewerbs zur Weiterentwicklung des Lüdin-Areals in Liestal. Der Projektvorschlag stammt vom Zürcher Büro Steib Gmür Geschwentner Kyburz. Um eine grösstmögliche architektonische Diversität zu erreichen, hat sich die Jury die Option offengehalten, mehrere Teilprojekte zu realisieren. Davon hat das Preisgericht nach Sichtung der Projekte nun aber zugunsten des Siegerprojekts abgesehen. Über das Projekt «Altstadtblick» hat Architektur Basel bereits berichtet. Nun widmen wir uns den weiteren eingegangenen Projektvorschlägen im Detail:

2. Rang
«Anna Blume»

Salathé Architekten, Basel
Westpol Landschaftsarchitektur AG, Basel

«Anna Blume» im Modell, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

«Anna Blume» im Modell, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Ein im Grundriss und in der Höhe vierfach gestaffeltes Gebäude folgt der Bahnhofsstrasse bis zur Kantonalbank-Kreuzung. Der Eckbau nimmt die Flucht des bestehenden ehemaligen Verwaltungsbaus der Lüdin AG auf und begegnet ihm volumetrisch auf Augenhöhe. Das zum Bestand zurückgesetzte Attika und die horizontale Fassadengestaltung mit den jeweils festen Ecken, schaffen eine architektonische Annäherung.

Ist sie vielleicht Anna? Quelle: Salathé Architekten

Ist sie vielleicht Anna? Quelle: Salathé Architekten

Es folgt eine mittlere Zeile, aufgrund des abfallenden Terrains ebenfalls gestaffelt, dennoch etwas ruhiger als die hohen Bauten zum Bahnhof hin. Eine niedrigere Zeile schliesst das Areal zum Orisbach hin ab. Die Wohnungen im dreigeschossigen Gebäude am Orisbach werden direkt über die Gasse erschlossen, jene in der mittleren Zeile effizient und gassenseitig fassadenbestimmend über einen aussenliegenden Laubengang. Die öffentliche Gasse wächst somit räumlich in die Höhe. Die Wohnungen an der Bahnhofsstrasse sind als Zweispänner organisiert. Das Treppenhaus führt auf die obere Strasse. Wenngleich der grüne Hof zwischen den hohen Häusern als öffentlicher Durchgang funktioniert, bietet er den Erdgeschosswohnungen der mittleren Zeile private Gärten.

 

Umgebungsplan, Quelle: Salathé Architekten

Umgebungsplan, Quelle: Salathé Architekten

Querverbindungen leiten den Personenstrom auf die Gasse. Diese mündet nördlich im ebenen Lüdin-Platz – Brunnen inklusive – und schliesslich auf der Schützenstrasse. Jene haben die Architektinnen und Architekten redimensioniert und sinnigerweise, wie die Jury anmerkt, auch gleich in Schützenweg umbenannt.

 

Grundriss 1. Obergeschoss, Quelle: Salathé Architekten

Grundriss 1. Obergeschoss, Quelle: Salathé Architekten

Sicht von der Altstadt her, Quelle: Salathé Architekten

Sicht von der Altstadt her, Quelle: Salathé Architekten

Die Wohnungen sind grösstenteils zweiseitig orientiert und flächenmässig effizienter als jene des Siegerprojekts. Mehr als die Hälfte sind 2.5-Zi Wohnungen, ein weiterer Viertel 3-Zi Wohnungen. Im ehemaligen Verwaltungsbau bringen Salathé Architekten Clusterwohnungen unter.

Unterwegs in der Gasse, Quelle: Salathé Architekten

Unterwegs in der Gasse, Quelle: Salathé Architekten

Das Preisgericht lobt die städtebauliche Anordnung in Bezug auf die klare Hierarchisierung der Aussenräume. Ebenso überzeugt die Implementierung des Langsamverkehrs in teils detaillierten Vorschlägen zur Parkierung von Fahrrädern und Kinderwagen. Nicht ganz überzeugt ist die Jury hingegen vom Lüdin-Platz. Trotz guter Lage sei er räumlich praktisch nicht wahrnehmbar. Umso augenfälliger zeigt sich dafür der Kopfbau am Ende der mittleren Zeile zur Erweiterung des Kantonsgerichts. Für die spitz herausragenden Balkone hat die Jury nicht viel Verständnis. Wir finden: Als Abschluss der Zeile durchaus denkbar, muss aber nicht unbedingt sein. Die trotz vielseitiger Gestaltung sehr entspannte Gesamtanlage kommt auch ohne gut daher. Trotz punktuellem Überarbeitungsbedarf ein sehr stimmiges Projekt. Ein bisschen Blumen für Anna Blume zumindest; ein durchaus knapper 2. Rang.


3. Rang
«Zitrulle»

ADP Architektur Design Planung AG, Zürich
Westpol Landschaftsarchitektur AG, Basel

«Zitrulle» im Modell, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

«Zitrulle» im Modell, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Der drittplatzierte Projektvorschlag kommt dem Richtplan am nächsten. Bis auf den, zugunsten eines leicht nach Westen abgedrehten Kopfbaus, ausgelassenen Punktbau vis-à-vis des Kantonsgerichts, führen die Entwerfenden von ADP den vorgeschlagenen fünfsechstel-Blockrand um einen inneren Hof. Eine Höhenstaffelung entlang des Terrains gibt es diesmal nicht. Zur maximalen Stärkung des Kopfbaus an der Kantonalbank-Kreuzung wird dieser sogar noch um ein Geschoss überhöht. Der ehemalige Verwaltungsbau und das Vorstadthaus bleiben bestehen. Letzteres wird mit einer niedrigeren Zeilenbebauung entlang des Orisbachs weitergeführt.

Sicht von der Kantonalbank-Kreuzung, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Sicht von der Kantonalbank-Kreuzung, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Der bahnhofseitige Arm des Blockrands wartet zwar mit wenigen, dafür aber nicht sehr effizienten Dreispänner-Treppenhäusern auf, der der Gasse zugewandte Arm mit klassischen Zweispännern. Alle Wohnungen sind dafür beidseitig ausgerichtet. Deren Erker lugen spöttisch in die Länge der Gasse, was der Fassade eine gewisse Tiefe verschafft. Wir finden: Die Enge und Weite der Gasse schaffen einen vielfältigen Raum, der schliesslich auf dem länglichen nördlichen Platz endet. Dieser wird nordöstlich durch den Bestandesbau gehalten und über dessen Arkaden elegant nach Osten via Fussgängerzone in Richtung Altstadt weitergeführt. Etwas aber stört hier gewaltig. Die Einfahrt der Autoeinstellhalle. Sie führt genau über diesen Platz und beraubt ihn seiner Wirkung. Etwas übertrieben indes findet die Jury den inneren Hof. Wo sich «Altstadtblick» und «Anna Blume» zurückhaltend verspielt geben, folgt die Wegführung von «Zitrulle» einer ausschliesslich geometrischen Logik, die weder wegtechnisch noch räumlich Sinn ergibt.

Umgebungsplan, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Umgebungsplan, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Auch der drittplatzierte Projektvorschlag eliminiert den im Richtprojekt vorgeschlagenen Punktbau zum Kantonsgericht. Anstatt dessen schlagen die Entwerfenden einen leicht nach Westen abgedrehten Kopfbau vor. Eine gute Idee, lässt sie die Ecke des kommenden Erweiterungsbaus auf diese Weise nicht planlos auflaufen.

Grundriss Erdgeschoss, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Grundriss Erdgeschoss, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Querschnitt, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Querschnitt, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Insgesamt ein stringenter Entwurf. Vielleicht zu pragmatisch. Die Geschlossenheit des Blockrandes erinnert einen eher an eine einheitliche Überbauung, denn an ein vielfältiges Quartier. Noch eher stellt sich dieser Effekt in der durchaus gelungenen Gasse ein, aber definitiv nicht im Hof.


«Am Rain»

Hildebrand Studios AG, Zürich
Ruprecht Architekten GmbH, Zürich
Hoffmann & Müller Landschaftsarchitektur, Zürich

«Am Rain» im Modell, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

«Am Rain» im Modell, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Die Zürcher Büros schlagen einen am nördlichen Ende aufgetrennten Blockrand vor. Die der Bahnhofstrasse folgende Zeile endet in einem massiv überhöhten Kopfbau. Es folgt der «Lüdin-Platz. Gehalten wird er vom Bestandesbau, dem eben erwähnten Kopfbau und dem Kopfende der mittleren Zeile. Aber auch hier führt die Einfahrt zur Autoeinstellhalle direkt über den Platz. Tatsächlich hat kein Team die Position der Einfahrt in Frage gestellt. Verkehrstechnisch befindet sie sich aber grundsätzlich an der richtigen Lage.

Sicht von der Kantonalbank-Kreuzung, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Sicht von der Kantonalbank-Kreuzung, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

In Ergänzung zum begrünten Innenhof mit öffentlichen Durchquerungen in alle Richtungen, folgt ostseitig ein mineralischer Aussenraum, den die Architektinnen und Architekten «Am Rain» nennen. Diesen und die Schützenstrasse trennen zwei Punktbauten. In Abweichung zu allen anderen Projekten schlagen die Entwerfenden an dieser Situation keine Zeilenbebauung vor. Die entstehenden Zwischenräume sind in Anlehnung an die bestehenden Wege zwar interessant, führen volumetrisch aber nicht zum Ziel. Irgendwie wirken die Punktbauten zu unentschlossen – folgt der Aussenraum tatsächlich der Gasse und nicht den Häusern – und schwächen damit die Wirkung von Rain und Schützenstrasse gleichermassen. Der Rain wäre eigentlich ganz interessant, wie die Jury ebenfalls bemerkt; die vielen Hauseingänge und Erker beleben die Gasse.

Grundriss Regelgeschoss, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Grundriss Regelgeschoss, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Wir finden: Interessante Gegenthese. Jedoch ohne grosse Vision für den Ort. Der überhohe Eckbau erschlägt den ehemaligen Lüdin-Verwaltungsbau. Die Fassaden sind eher allgemein gehalten. Das Gebäudeensemble könnte ohne Probleme auch woanders stehen. Die Offenheit des Gesamtentwurfs kommt gut daher, ebenso die aufgerissenen Blockränder.


«Bachstelze»

Vischer Architekten AG, Basel
Fahrni und Breitenfeld, Basel

«Bachstelze» im Modell, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

«Bachstelze» im Modell, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Möglichst viel Grünraum scheint hier die Devise, denn da fühlt sich die Bachstelze wohl. Drei punktartige fünf- bis siebengeschossige Wohnhäuser bilden den Mittelpunkt der vorgeschlagenen Anlage. Im Wissen um die Höhe der Gebäude, haben sie die Entwerfenden zugunsten der feingliederigen Altstadt im Osten etwas nach Westen zurückversetzt. Damit bleibt kein Platz mehr für eine mittlere Gebäudezeile, dafür ein ausgedehnter Grünraum am Orisbach.

Blick vom Orisbach, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Blick vom Orisbach, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Der fast schon parkähnliche Bereich funktioniert gut, wären da nicht die krassen Sockel, auf denen die Wohngebäude stehen. Der fehlende Bezug stört uns sehr. Öffentliche Nutzungen in den Sockeln hätten die Gebäude in ihre Umgebung eingebunden. Rückwärtig dem Bahnhof zugewandt schliesst eine breite Zeile den Park zur Bahnhofsstrasse ab. Das macht lärmtechnisch durchaus Sinn.

Grundriss Erdgeschoss, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Grundriss Erdgeschoss, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Wir finden: Einfache, aber durchaus sinnvoll geschnittene Wohnungen an der Bahnhofsstrasse. Der westseitige Laubengang bindet das Gebäude zusammen. Die Küchen könnten grösser sein. Die Türme sind sehr effizient organisiert. Die äussere Form – mag sie auch so zufällig sein – verleiht den Innenräumen spannende Winkel. Die drei Vierspänner sind jedoch sprichwörtlich abgehoben und verlieren sämtlichen Bezug zum Grund, auf dem sie stehen.


«Fünf Freunde»

Atelier Abraha Achermann, Zürich
Lorenz Eugster Landschaftsarchitektur, Zürich

«Fünf Freunde» im Modell, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

«Fünf Freunde» im Modell, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Das ist ja mal was anderes! Die Entwerfenden haben den Richtplan völlig neu interpretiert. Das Projekt sieht eine der Bahnhofsstrasse folgende, in der Höhe leicht verspringende Zeile vor. Die Kantonalbank-Kreuzung binden sie mit einem kleinen Platz in der Ecke ein. Mit dieser Geste stellen sie den Bestandesbau an der Rheinstrasse freier als die anderen Projekte. Dafür wird das Vorstadthaus an der Schützenstrasse eliminiert. Aber das hätte auch gar nicht ins neue Konzept gepasst. Anstatt dessen zieht sich eine etwas niedrigere Zeile entlang des Orisbachs. Ein von der Zeile abgetrennter und abgedrehter Eckbau bildet den Abschluss zum neuen Kantonsgericht.

Das fünfeckige Sternhaus im Hof, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Das fünfeckige Sternhaus im Hof, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Alle Gebäude bilden einen Innenhof – und darin steht ein fünfeckiges, sternförmiges Turmgebäude mit frech ausgerissenen Ecken. Cool! Ob die Idee aber hierhin passt? Die Jury sieht im Hof einen «lebendigen Binnenraum», zudem die Wohnungen über die Treppenhäuser einen gleichwertigen Zugang haben. Gross genug ist er und dank abwechslungsreicher Terrassierungen definitiv sehr kurzweilig. Der Sternturm und die feingliedrig gestalteten Fassaden in den Farben fastweiss, türkisgrün, blutorange und orange sind architektonisch ansprechend und mindestens so interessant und vielseitig wie die gleichnamige Kinderbuchserie von Enid Blyton.

 

Grundriss Erdgeschoss, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Grundriss Erdgeschoss, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Wir finden: Ein sehr spannender Ansatz. Pragmatische, interessante Wohnungen. Ein Turm mit gewaltigem inneren Treppenhaus. Was die Gesamtwirkung anbelangt, sind wir uns mit der Jury einig: toller, stimmiger Vorschlag. Aber eben auch: Als Vorstadtquartier und Bindeglied zwischen Altstadt und Bahnhof funktioniert diese Idee eher weniger.


«Gewoben»

Karpf Khalili Architects LLP, New York
Blaser Architekten AG, Basel
CZ Studio Associati, Venedig

«Gewoben» im Modell, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

«Gewoben» im Modell, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Vorgeschlagen werden drei mehrgeschossige, leicht mäandrierende neue Zeilenbauten. Diese sitzen auf einem gemeinsamen Sockel, indem sich das zweigeschossige Parkhaus befindet. Die sich zwischen den Zeilen befindlichen Aussenräume dienen hauptsächlich der Erschliessung der einzelnen Treppenhäuser. Aber sehen die Entwerfenden überhaupt vor, dass man sich hier zu Fuss bewegt? Irgendwie beschleicht einen das Gefühl, dass jeder und jede ohnehin mit dem eigenen Auto via Tiefgarage anfährt.

Sicht nach Südwesten, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Sicht nach Südwesten, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Die Zwischenräume weisen wenig Qualitäten auf. Weder als eigener Zugang und noch weniger als Durchgangsraum vom Bahnhof zur Altstadt. Alle Bestandesbauten fallen dem neuen Konzept zum Opfer. Die Wohnungen beurteilt die Jury als eher einfallslos; bis auf eine Maisonette zum Orisbach hin sind alle Grundrisse etwas eintönig und langweilig.

Grundriss Erdgeschoss, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Grundriss Erdgeschoss, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Wir meinen: Die Architektur erinnert in ihrem Brutalismus und der mäandrierenden Form an die italienische Wohnsiedlung Biscione. Was am Hang in Genua gut funktioniert, geht als Vorstadt in Liestal aber überhaupt nicht. Der Fokus liegt hier im Effekthaften. Die Visualisierung verspricht das Auto als Mittel der Wahl. Das mag anderswo so sein, hier aber steht ein Bahnhof zwei Gehminuten entfernt. Vielleicht ist es der einzige Vorschlag, der das Parkhaus und dessen Zufahrt wirklich ernst nimmt, dafür aber alles andere nicht so… Die Jury geht mit dem Projekt entsprechend hart ins Gericht. Dem schliessen wir uns an.


«Lüdin Gasse»

Baumann Roserens Architekten, Zürich
felberfendt Architekten, Zürich
antón Landschaft, Zürich

«Lüdin Gasse» im Modell, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

«Lüdin Gasse» im Modell, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Der Projektvorschlag übernimmt die Ideen des Richtplans und setzt auf einen U-förmigen Blockrand mit Zeile entlang des Orisbachs. Der Blockrand ist in der Höhe leicht gestaffelt und folgt so dem abfallenden Terrain bis zur Kantonalbank-Kreuzung. Parallel zur Schützenstrasse am Orisbach führt eine beidseitig mit Hauseingängen bespielte breite Gasse mit Bäumen. Sie endet mit einem grossen südlichen Platz zum Kantonsgericht und einem nördlichen Platz zur Rheinstrasse. Dieser ist in seiner Materialität differenziert und verfügt über einen Brunnen. Die Jury spricht ihm aufgrund der Rheinstrasse die Aufenthaltsqualität ab. Das glauben wir allerdings nicht. Zudem führt die Einfahrt zur Autoeinstellhalle für einmal nicht über den Platz. Der Gasse entgegen steht ein begrünter Zwischenraum im Hof. Diesen finden wir aber nicht überzeugend, ist er doch eben nur ein gleichförmiger Aussenraum mit Deadend ohne Aufenthaltsqualität.

Sicht vom Orisbach nach Nordwesten, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Sicht vom Orisbach nach Nordwesten, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Was aber am meisten stört: Die Architektinnen und Architekten stufen die Bestandesbauten offenbar als nicht erhaltenswert ein, weil eine Umnutzung zu kompliziert sei, wie die Jury schreibt. Das kann durchaus das Ergebnis ihrer Analyse sein. Dann aber genau dieselbe Architektur wieder hin zu stellen, verwundert und enttäuscht zugleich. Ein Eckhaus mit Arkade und öffentlich nutzbarem Erdgeschoss gab es vorher – ein ebensolches wird wieder geplant. Ebenfalls etwas einfallslos sind die Wohnungen. Eine grosse Auswahl gibt es leider nicht. Die beidseitige Orientierung funktioniert allerdings gut.

Grundriss Erdgeschoss, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Grundriss Erdgeschoss, Quelle: Jurybericht «Lüdin-Areal»

Wir finden: Die grosse mittlere Gasse überzeugt, ebenso der öffentliche Durchgang über den südlichen Platz, wenngleich die oberste Treppe etwas sehr klein geraten ist. Ansonsten aber fehlt die gewünschte Durchwegung und die Einbindung ins Quartier. Die Investoren werden diesen Vorschlag lieben: Was nicht passt, wird einfach abgerissen. Ein Ersatzneubau aber muss in jedem Fall besser sein. Das ist er hier allerdings bei Weitem nicht. Nachhaltigkeit sieht anders aus.

Text und Kritik: Simon Heiniger / Architektur Basel


Quellen:
– Modellfotografie / Planmaterial / Visualisierungen: raumplan wirz gmbh, (Dezember 2020), Jurybericht: «Lüdin Aral, Liestal / Anonymer Projektwettbewerb im Einladungsverfahren» (Die Inhalte wurden von raumplan wirz gmbh zur Verfügung gestellt. Wenn nicht anders beschriftet, liegen keine näheren Angaben zu den Verfassenden vor).
– Planmaterial zum zweitplatzierten Projekt: Salathé Architekten

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