Lysbüchel: Esch Sintzel gewinnen Wettbewerb für Umnutzung des Weinlagers

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Nach ihrem fulminanten, vielbeachteten Auftritt in Basel mit dem Bau der Wohnungen an der Maiengasse planen Esch Sintzel Architekten bereits ihren zweiten Streich in der Stadt am Rheinknie. Sie gewinnen den Studienauftrag für die Umnutzung des ehemaligen Coop-Weinlagers auf dem Lysbüchel Areal. Die Eigentümerin Stiftung Habitat hatte neben den Zürchern Luca Selva Architekten, Bachelard Wagner und pool Architekten zur Konkurrenz eingeladen.

Umbau Weinlager Lysbüchel Süd © Esch Sintzel Architekten

Ein ziemlicher «Mocken»: Das ehemalige Coop-Weinlager auf dem Lysbüchel © Esch Sintzel Architekten

Es ist das grösste Gebäude auf dem Areal Lysbüchel Süd: das ehemalige Weinlager des Coop erbaut im Jahr 1955. Nach mehreren Um- und Anbauten ist es heute «kein architektonisches Schmuckstück mehr», wie die Habitat schreibt, «aber dennoch eine Erinnerung an die Geschichte des Areals». Die Lösung heisst Transformation. Das Gebäude soll bis auf den Rohbau rückgebaut werden und dann zu Wohnraum umgebaut und -genutzt werden.

Esch Sintzel Architekten haben dafür im Studienauftrag mit insgesamt vier Architekturbüros die überzeugendste Lösung erarbeitet. Ihre Recherche gründete auf der Frage nach den gemeinschaftlichen Qualitäten des Hauses: «Der gemeinschaftliche Charakter eines Hauses ist keine innere Angelegenheit, sondern zunächst einmal eine Frage der Vernetzung von städtischer und häuslicher Sphäre. Hier erreicht man von der Strasse und vom Hof über Treppen und Rampen zwei Querhallen im Hochparterre – und von dort die innere Strasse. Weil die Gewerberäume viel mehr zur Stadt adressiert sind als die Wohnungen, liegen sie ebenerdig und an den Gebäudeköpfen», schreiben Esch Sintzel Architekten.

Umbau Weinlager Lysbüchel Süd © Esch Sintzel Architekten

Grundriss Umbau Weinlager Lysbüchel Süd © Esch Sintzel Architekten

Dank dem Umbau des Weinlagers in ein Wohnhaus werden voraussichtlich 65 Wohnungen für über 150 Menschen entstehen. Es wird dabei eine Vielzahl unterschiedlicher Wohnungen entstehen, «damit Menschen in jedem Alter und in jeder Lebenssituation einziehen können», wie die Stiftung Habitat schreibt.  Wie bei allen Projekten auf Lybüchel Süd wird die Energiebezugsfläche pro Person auf 45m² begrenzt. Eine ambitionierte Vorgabe. Das Haus wird zudem für ältere oder behinderte Menschen hindernisfrei gebaut. Die Architekten legten ausserdem ein besonderes Augenmerk auf den sozialen Austausch unter den Bewohnern: «Viel wirksamer als alle Angebote an gemeinschaftlicher Aktivität ist im Innern des Gebäudes die Attraktivität der Räume, in denen wir uns Tag für Tag begegnen, ihre Zugänglichkeit, Grosszügigkeit, Adressierung, Lichtstimmung. Diese Eigenschaften bestimmen die drei inneren Strassen, die das Gebäude in seiner Länge durchziehen.»

Umbau Weinlager Lysbüchel Süd © Esch Sintzel Architekten

Links: Foto im Bestand. Rechts: Modellbild nach dem Umbau © Esch Sintzel Architekten

Stichwort Nutzungsmischung: Im Erdgeschoss sind neben den Wohnungen Gewerberäume geplant, zum Beispiel für einen Laden mit Artikeln des täglichen Bedarfs, eine Velowerkstatt oder Büros und Praxisräume. Im Untergeschoss des Gebäudes wird eine Einstellhalle für Velos und Autos entstehen. Esch Sintzel erklären ihr Nutzungskonzept folgendermassen: «Im Erdgeschoss werden von die Treppenhäuser erschlossen, die Eingangshallen, die Waschküchen und die Läden an den Stirnseiten. Seitliche Verglasungen führen im Erdgeschoss ebenso wie im 3. Obergeschoss Licht bis in die Tiefe der beiden ‚Rue intérieures’. Zuoberst gewährt eine offene Laube den Zugang zu den Attikawohnungen, zum kollektiven Dachgarten und zum Gemeinschaftsraum.»

Umbau Weinlager Lysbüchel Süd © Esch Sintzel Architekten

Ausschnitt Grundriss Umbau Weinlager Lysbüchel Süd © Esch Sintzel Architekten

Die Grundrisse wirken elaboriert, ohne verkrampft zu sein. Den Architekten gelang ein cleverer Umgang mit der bestehenden Struktur. Die markanten Pilz-Stützen werden in den Wohnungen zum zentralen, identitätsstiftenden Element und verweisen auf die industrielle Geschichte des Hauses. Die sehenswerten Modellbilder liefern dafür den Beweis. Auch die statischen Fragen, allen voran die Erdbebensicherheit, werden klug gelöst. An beiden Stirnseiten des Lagers wird je ein massiver Gebäuderiegel angebaut. Diese halten – ähnlich einer Buchstütze – das in Längsrichtung schlecht ausgesteifte Weinlager.

In Zeiten der sich wiederholenden Reproduktion von Standards im Wohnungsbau ist das unkonventionelle Vorhaben der Stiftung Habitat wohltuend – und im besten Fall sogar wegweisend. Der Zeitplan ist sportlich: Ab sofort beginnt die Planung des Bauvorhabens. Baubeginn ist voraussichtlich 2020. Auf den Bezug der ersten Wohnungen im ehemaligen Weinlager darf im 2022 angestossen werden. Ob mit Wein, Champagner oder Schnaps wird sich zeigen. Wir hoffen auf einen guten Jahrgang.


Teilnehmende
Die folgenden Büros nahmen am Studienauftrag teil (in alphabetischer Reihenfolge):

  • Bachelard Wagner, Architekten SIA BSA, Kirschgartenstrasse 7, 4051 Basel
  • Esch.Sintzel GmbH, Architekten ETH BSA SIA, Badenerstrasse 156, 8004 Zürich
  • Luca Selva AG, Architekten ETH BSA SIA, Viaduktstrasse 12-14, 4051 Basel
  • Pool Architekten, Bremgartnerstrasse 7, 8003 Zürich

 

Beurteilungsgremium
Die folgenden Personen bildeten das Beurteilungsgremium (in alphabetischer Reihenfolge, je eine Stimme):

  • Jochen Brodbeck, Stiftung Habitat, Leitung Bau und Unterhalt
  • Andreas Galli, Dipl. Architekt ETH BSA SIA, Galli Rudolf Architekten AG, Zürich
  • Jenny Jenisch, Stiftung Habitat, Bau und Unterhalt/Projekte
  • Raphael Schicker, Stiftung Habitat, Leitung Projektentwicklung
  • Dr. Heinrich Schnetzer, Schnetzer Puskas Ingenieure AG, Basel
  • Nicole Wagner, Stiftungsrätin Stiftung Habitat

 

Quellen: https://www.stiftung-habitat.ch und https://www.eschsintzel.ch

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