Wunsch-Stadt Basel: «Meine Idee ist es, den Abriss zu stoppen. Generell!»

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Bei spätsommerlichen Temperaturen fand im Foyer Public des Theaters der grosse Auftakt zu den Dialogtagen 2023 statt. Die breite Bevölkerung war eingeladen, sich über die städtebauliche Weiterentwicklung Basels auszutauschen und gemeinsam Lösungsansätze zu formulieren. Mit Tanja Soland, Esther Keller und Beat Jans nahmen gleich drei Regierungsräte an der Diskussion teil, die sich um die Klimakrise, Wohnungsnot, hohe Baukultur und eine Hündin drehte.

Dialogtage 2023 © Bau- und Verkehrsdepartement Kanton Basel-Stadt

Fangen wir vorne an: Worum geht es bei den Dialogtagen? Kantonsbaumeister Beat Aeberhard fasste sein Verständnis von Dialog folgendermassen zusammen: «Wir können alle voneinander lernen.» In Anbetracht der grossen Herausforderungen – sei es die Klimakrise oder die Wohnungsnot – scheint dies besonders wichtig. «Wir sind in einer Situation, wo wir handeln müssen.» Dass sich dabei durchaus Widersprüche auftun, gab Stadtentwickler Lukas Ott zu bedenken: «Es gibt auch Zielkonflikte. Die wichtige Qualität des Dialogs ist es, dass wir uns über die Zielkonflikte bewusst werden.» Widersprüche sollen adressiert werden. Ohne Angst vor einer kontroversen Debatte. Die Geschäftsleiterin vom Immobilien Basel-Stadt, Barbara Rentsch, bleib zurückhaltend: «Dialog heisst zwar zuhören, aber nicht alle Erwartungen zu erfüllen.»

Dialogtage 2023 © Bau- und Verkehrsdepartement Kanton Basel-Stadt

Da kam die offene Frage des umsichtig-umtriebigen Moderators Dieter Kohler gerade rechtzeitig: «Haben Sie eine Idee, die sie hier an den Dialogtagen lancieren möchten?» Henning Weiss, Architekt und Mitglied des Jungen Rats fasste sich ein Herz und warf schlagfertig in die Runde: «Meine Idee ist es, den Abriss zu stoppen. Generell. Wir bauen nur noch dort, wo heute schon gebaut ist.» «Sind Sie dann auch offen für Dialog?» «Ja, aber wir brauchen eine neue Herangehensweise bei Bauvorhaben. Wir sollten bei den Entwicklungsarealen zuerst immer vom Nicht-Abbruch ausgehen – und dann sehr gut begründen, wenn wir dennoch abbrechen.» Er stiess damit auf offene Ohren. Zumindest beim Kantonsbaumeister: «Radikale Vorschläge wie ein Abbriss-Moratorium sind wichtig. Die Geschichte lehrt uns, dass wir nur mit radikalen Forderungen als Gesellschaft Fortschritte machen.» Dem pflichtete Regierungsratspräsident Beat Jans bei: «Das Votum zum Abrissstopp fand ich sehr erfrischend. Damit kann ich etwas anfangen.»

Dialogtage 2023 © Bau- und Verkehrsdepartement Kanton Basel-Stadt

«Schalten wir einen Gang höher», sagte Moderator Kohler zum Schluss und verwies auf das übergeordnete Thema der «Wunsch-Stadt». Alle drei anwesenden Regierungsräte waren aufgefordert einen Gegenstand mitzubringen, der ihre Wunschstadt symbolisiert. «Ich habe mir überlegt eine Topfpflanze mitzunehmen», sagte Esther Keller augenzwinkernd: «Das wäre etwas absehbar gewesen. Deshalb habe ich eine kleine Eule dabei.» Sie symbolisiere Biodiversität, Nachtkultur und einen Rundumblick. Dies sei für eine lebendige Stadt wichtig. Beat Jans brachte zwei Schlagzeugschläger mit. «Ich habe mir überlegt, dass es in der Stadt der Zukunft den Leuten gut geht. Und wann geht es ihnen gut? Wenn sie tanzen.» Der rhetorische Konter aus den Reihen des Jungen Rats folgte umgehend: «Den Leuten geht es besser, wenn sie sich den Wohnraum leisten können – als wenn sie tanzen.» Das liess Jans nicht auf sich sitzen und entgegnete: «Ein Mietskaserne, in der ich billig wohne, aber nicht tanze, da stimmt etwas auch nicht.» Für ein bisschen, erheiternden Klamauk sorgte Regierungsrätin Tanja Soland. «Wir sind heute etwas experimentell unterwegs», sagte sie und liess kurzerhand Ihre Hündin Canela auf dem grossen Tisch in der Mitte des Foyers spazieren. Sie stehe symbolisch für Leben in der Stadt. «Nicht nur für Zweibeiner, auch für Vierbeiner.» Ihr sei es wichtig, dass die Expertinnen und Experten vor allem auch die Laien mitnehmen. Nach kurzer Zeit hatte Canela genug vom Rampenlicht und sprang beherzt von der Tischplatte.

Dialogtage 2023 © Bau- und Verkehrsdepartement Kanton Basel-Stadt

Ganz am Ende fragte Dieter Kohler ein Mitglied des Jungen Rats: «Haben Sie vertrauen? Kommt es gut?» Die Antwort fiel überraschend pessimistisch aus: «Ich bin eher skeptisch, um ehrlich zu sein. Wir werden viel reden, aber ich bin unsicher, ob es zu Massnahmen kommt.» Es bleibt zu hoffen, dass die Dialogtage für viel Optimismus sorgen – für eine zukunftsfähige, lebenswerte, vielfältige, klimaneutrale, tanzende, hundefreundliche Wunschstadt Basel. Der Anfang ist gemacht.

Text: Lukas Gruntz / Architektur Basel


Programm und Anmeldung
Website www.basel2050.ch

Die ‹Dialogtage 2023› sind offen für alle Interessierten und frei zugänglich.

 

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