Zu Besuch in der Maurerhalle – ein Erkundungsbericht

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Anfang Mai haben im Rahmen von «Open House Basel 2018» über 60 Gebäude in beiden Basel ihre Türen geöffnet. Besonderes viele Interessierte zog die Maurerhalle der Allgemeinen Gewerbeschule an. Bei bestem Wetter bot sich vom Dach der Schule für Gestaltung ein wunderbarer Blick über die Stadt. Architektur Basel war dabei. Hier ein lockerer Erkundungsbericht:

Das eindrückliche Betonfaltwerk von Hans Peter Baur © Architektur Basel

Das eindrückliche Betonfaltwerk von Hans Peter Baur © Architektur Basel

Die Führung ist zweigeteilt. Wer aufs Dach will, muss erst in die Halle. Was bei Sonnenschein wie eine Bestrafung klingt, entpuppt sich als Geheimtipp. Im Laufe des Tages verwandelt das wechselnde Licht die rohe Betonwand in eine wunderbare Kulisse; die Schatten der feinen Metallrahmen der raumhohen Verglasung werfen ein geometrisch verzogenes Muster auf das schiefe Betonfaltwerk. Die Wand ist der eigentliche Star. Mit einer scheinbaren Leichtigkeit trägt sie das ebenso gefaltete Dach. Ein statischer Trick, der die Überspannung in dieser Form überhaupt erst möglich gemacht hat. Der Name der Halle – «Maurerhalle» mag etwas komisch anmuten, ist sie doch vollständig betoniert? Doch er ist Programm. Bei ihrer Fertigstellung 1961 bot sie ausreichend Fläche – und vorallem Höhe für Maurerlehrlinge. Obschon am Rand der ganzen Anlage situiert, gibt einem die grosse Verglasung das Gefühl, praktisch auf dem Pausenplatz zu stehen. Atmosphärische Bedingungen wie draussen, nur drinnen eben. Den heutigen Bedürfnissen geschuldet, sind 2010 sämtliche Fenster ersetzt worden. Ein nicht ganz einfaches Unterfangen, sollten die Holzmetall-Profile optisch doch möglichst nahe an die originale Architektur von Hermann und Hans Peter Baur herankommen.

Das Faltdach der Maurerhalle von oben © Architektur Basel

Das Faltdach der Maurerhalle von oben © Architektur Basel

Wir schauen nach draussen. Einige Besucherinnen und Besucher haben es sich auf der Sitzpyramide gemütlich gemacht, nicht ahnend, dass sie ihre Pause gerade auf einem Kunstwerk eingelegt haben. Den Grafiker und Bildhauer Armin Hofmann dürfte es freuen, wird doch genau das seine Absicht gewesen sein. Ob die drei etwas zu aufdringlichen Abfalleimer direkt daneben ebenfalls seinem Geschmack entsprechen sei dahingestellt… Etwas augenfälliger präsentiert sich die gleich daneben stehende acht Meter hohe «Bausteinsäule» vom Künstler Hans Arp. Genauso wie seine beiden scheibenartigen Skulpturen ist die Säule als Bestandteil der gesamten architektonischen Komposition aus der Feder von Hermann Baur in Zusammenarbeit mit Franz Bräuning, Hans Leu und Arthur Dürig zu verstehen.

Blick von oben auf die Bauteilsäule von Hans Arp und die Sitzpyramide von Armin Hofmann © Architektur Basel

Blick von oben auf die Bauteilsäule von Hans Arp und die Sitzpyramide von Armin Hofmann © Architektur Basel

In der Höhe hinter der Säule bewegt sich etwas. Jemand winkt vom Dach. Der zweite Teil der Führung bringt uns genau dort hinauf. Wir nehmen die Treppe. Nicht aus Anstrengung, denn aus Interesse an den ausgestellten Arbeiten der Studierenden legen einige auf den Zwischenpodesten einen Halt ein. Vermeintlich oben angekommen finden wir uns in einem Raum mit Pultdach wieder, dem Aktzeichensaal – und erinnern uns an die augenfällig plastische Dachform des Gebäudes der Schule für Gestaltung. Hier stehen Leinwände, Pinsel und Staffeleien bereit – die Studierenden aber sind ausgeflogen an diesem schönen Sonntag. Weiter gehts eine enge Treppe hinauf in einen kleinen, aber umso schöneren Raum. Das LehrerInnenzimmer. Die Wände in rohem Beton, der Boden aus Holzdielen. Pragmatische Bestuhlung und eine Kücheninstallation, wie sie direkter nicht hätte sein können. Irgendwie stört der weisse WLAN-Router. Entweder wegen den grün blinkenden Statusleuchten oder weil er sich ein bisschen hinter dem Unterzug zu verstecken versucht. Gleichsam roh und direkt wäre ihm wohl besser gestanden. Der Stimmung im Raum tut das aber keinen Abbruch. Diese Küche hätte wohl niemand erwartet. Kein Wunder, denn der Raum ist normalerweise nur der LehrerInnenschaft vorbehalten. Ein Ehemaliger, so unser Architektur-Guide, sei ganz erstaunt gewesen, wäre er doch einige Jahre hier zur Schule gegangen, den sonderbaren Winkel hier habe er allerdings nie von innen gesehen.

Roher Beton, Holzdielen und einfache Küche: Das LehrerInnenzimmer der Schule für Gestaltung © Architektur Basel

Roher Beton, Holzdielen und einfache Küche: Das LehrerInnenzimmer der Schule für Gestaltung © Architektur Basel

Und dann gehts endlich aufs gedeckte Flachdach. Wie selbstverständlich begegnen wir auch hier wieder Armin Hofmann in Form eines Betonreliefs. Neben dem etwas versteckten Kunstwerk belohnt aber vorallem die Sicht auf das Dach der Maurerhalle, die Pyramide und die Bausteinsäule den anstrengenden Aufstieg. Jetzt winken wir nach unten…

Text und Fotos: © Simon Heiniger / Architektur Basel

 

 

Lust auf mehr? Letzten Sommer haben wir die Maurerhalle von Baur bereits filmisch anhand der unverwechselbaren Oberflächentexturen portraitiert:

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