Bei der Fertigstellung 1931 war der Bau der Buchdruckerei Farnsburg in Gelterkinden das modernste Geschäftshaus im ganzen Kanton. Das mehrstöckige Haus mit hell verputztem Mauerwerk und Flachdach steht nicht nur an prominenter Stelle, sondern vor allem in grossem Kontrast zum historischen Dorfkern.
Während sich der dreigeschossige Bau zur Poststrasse in seiner ganzen Grösse zeigt, ist er rückseitig nach Südwesten abgetreppt. So wurden von der Öffentlichkeit abgewandte private Sonnenterrassen für die Wohnungen in den oberen Stockwerken möglich. Diese werden über einen nordseitigen Treppenhausturm mit haushoher Übereck-Befensterung erschlossen. Der Turm überragt die anderen Geschosse und stellt von Norden betrachtet die letzte Abtreppung in der Fassade dar.
Die von der Roseneck-Kreuzung abgehende Poststrasse schneidet die Parzelle nach dem Überqueren der Ergolz schräg an. Das Erdgeschoss reagiert darauf, indem der Geschäftstrakt in Form eines polygonalen Anbaus vorspringt. Während die Wohnungen über nah aneinander gefügte Lochfenster belichtet werden, orientiert sich das Ladengeschäft der ehemaligen Buchdruckerei Farnsburg über grosse Schaufenster und eine ebenso transparente Eingangstür am Strassenraum.
Die Architekten Karl Baumgartner und Ernst Bühler verpassten dem Mauerwerk einen hellen Verputz. Dieser fasst die Loch- und Bandfenster gleichermassen. Bemerkenswert ist der abgerundete Übergang vom Wohn- zum Treppenhausteil. Alle Gebäudeteile werden mit einem einheitlich überstehenden Dachrand abgeschlossen.
Zwei Jahre zuvor probierten sich dieselben Architekten auch in Basel an dieser Thematik. Mit einer polygonalen Parzelle war die Ausgangslage für das ehemalige Kino Corso am Burgfelderplatz ähnlich. Baumgartner und Bühler reagierten mit runden Formen, kubisch gehaltenen Vor- und Rücksprüngen und einer vollflächig verputzten Fassade, wiederum mit Band- und Lochfenstern. Im direkten Verglich mit der ehemaligen Buchdruckerei Farnsburg wirkt das ehemalige Kino Corso beinahe massig. Dieser Effekt entsteht vermutlich auch durch die horizontalen Einschnitte der runden Balkone. Mit seinen wesentlich feineren Kuben, den Klappläden und gelben Fenstergewänden, kommt die ehemalige Buchdruckerei sehr viel feingliedriger daher. Umso bedauernswerter sind die inzwischen eingefügten Kunststofffenster. Besonders im hohen Fenster im Treppenhausturm wirken die breiten Rahmenprofile sehr gewaltig.
Obschon sich das Gebäude an der Poststrasse 9 auf der B-Liste des Inventars der Kulturgüter von nationaler und regionaler Bedeutung (KGS-Inventar) befindet, geniesst es auf kantonaler Ebene noch keinen Schutz. Lediglich im nicht rechtsverbindlichen Bauinventar des Kantons Basel-Landschaft BIB wird es zur Unterschutzstellung in kantonalem Interesse empfohlen. Dieser Bericht ist nun aber auch schon vierzehn Jahre alt. Ein Blick auf die Karte zeigt: bis auf das nebenanliegende Pümpin-Haus beschränkt sich die Denkmalpflege grösstenteils auf den historischen Dorfkern, im Falle der ehemaligen Buchdruckerei wäre etwas mehr Effort wünschenswert!
Text: Simon Heiniger / Architektur Basel
Ehemalige Buchdruckerei Farnsburg, Gelterkinden
Adresse: Poststrasse 9, 4460 Gelterkinden
Architektur: Karl Baumgartner und Ernst Bühler
Baujahr: 1931
Funktion: Wohn- und Geschäftshaus (Buchdruckerei, heute: Apotheke)
Fotos:
– © Simon Heiniger / Architektur Basel
Quellen:
– Affolter, C. im Auftrag der Denkmalpflege BL (2006), Bauinventar Kanton Basel-Landschaft BIB, Gemeinde Gelterkinden
– Online-Archiv SGTI industriekultur.ch