«Der Versuch, das Haus glücklich zu machen» – Wettbewerbsausstellung am Aeschenplatz

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Es waren klingende Namen dabei. Herzog & de Meuron, Christ & Gantenbein, Buchner Bründler oder Sauerbruch Hutton nahmen am Wettbewerb für Transformation des ehemaligen UBS-Bürobaus am Aeschenplatz teil. Auf dem Areal sollen künftig Wohn-, Arbeits- und Freizeitflächen entstehen. Am Ende gewann ein Ostschweizer Büro: Staufer & Hasler Architekten mit Graser Troxler setzten sich dank ihrem konsequenten Umgang mit dem Bestand durch. Seit letzter Woche sind alle Projektbeiträge für die Öffentlichkeit ausgestellt. Architektur Basel war an der Ausstellungsvernissage vergangenen Donnerstagabend dabei.

Aeschenplatz 6 Visualisierung Siegerprojekt «In den Gärten»

Vernissage Aeschenplatz 6 © Laurence Ziegler / Architektur Basel

Modell Siegerprojekt «In den Gärten» © Laurence Ziegler / Architektur Basel

 

«Zur Abwechslung – das Vorhandene»

Es soll ein entscheidendes Kapitel für die Entwicklung am Aeschenplatz werden. Das markante Bankgebäude sucht eine neue Nutzung. Damit ergibt sich die Chance für neue, publikumsintensivere Nutzungen, die auch während 24 Stunden Leben an den Platzt bringen. «Für die Stadt war es wichtig, dass die Identität gestärkt wird, es eine bessere Durchwegung des Areals für die Bevölkerung gibt und das Projekt einen Beitrag zu einem verbesserten Klima, durch neue Grünräume leistet», erklärt der Kantonsbaumeister, Beat Aeberhard, die Absicht. Er war auch Mitglied der Jury.

Weiterbauen als Entwurfsstrategie

Das vorliegende Siegerprojekt schafft vieles auf eine selbstverständliche Weise: Die städtebauliche, eigenständige Figur strahlt im Modell eine Einfachheit aus ohne dass das lange Bestandsbauwerk noch mächtiger erscheint als es heute der Fall ist. Gleichzeitig bildet die Aufstockung eine neue Figur, ohne die Helvetia-Hochhäuser zu konkurrenzieren. Im Ausdruck wird das Bankengebäude von Burckhardt Architekten nicht komplett überschrieben, sondern lediglich neu bewertet, beschrieben und ergänzt. Laut den Architekten der Staufer & Hasler Architekten mit Graser Troxler Architekten stellt ihr Beitrag «den Versuch das Haus glücklich zu machen» dar. Astrid Staufer und Jürg Graser lehren und forschen schon lange Zeit zum Thema des klimabewussten Entwerfens. Ihr neustes, theoretisches Werk Architektur Klima Atlas ist demnächst im Buchhandel erhältlich. Die Aufgabe am Aeschenplatz stellte eine Möglichkeit dar, ihre Forschung und Lehre in der Praxis umzusetzen. Astrid Staufer betonte, dass das Abtragen des Bestandes rund 1’800 Lastwagenfahrten erforderlich gemacht hätte. Dank ihrem Projekt können diese vermieden werden.

Architektur Klima Atlas

Dem Jurybericht ist zu entnehmen, dass es dabei «nicht um die physische Permanenz der gebauten Umwelt, sondern auch um eine Art kulturelle, graue Energie, die identitätstiftend in unseren Städten eingelagert ist» geht. Ganz im Sinne von Lucius Burckhardts Weiterbautheorie wird dem Bankgebäude so ein zweites Leben ermöglicht, ohne die bestehende Identität zu torpedieren. An dieser Stelle wünschte man sich aber auch etwas mehr Frische, der architektonische Ausdruck und die Tiefe der Fassadengestaltung des Siegerprojektes (auch bei der Aufstockung) ist in ihrer Konsequenz etwas gar spröde ausgefallen.

Ein wesentlicher Ansatz der Architekten war das Entfernen eines Geschosses im Hof Richtung Gartenstrasse. Dies wird genutzt um einen neuen glaubhaften, grünen Gartenhof zu erstellen. Astrid Staufer betonte am Anlass, es sei kein fertiges Projekt und bedarf an vielen Stellen noch eine weitere Ausarbeitung. Dies zeigt auch der genaue Blick auf die Grundrisse: Durch den Bestand geprägt, mussten doch ein paar Abstriche gemacht werden. Beispielsweise ist die Belichtung der Wohnungen in den unteren Etagen alles andere als ideal.

Jürg Graser vom Siegerteam erklärte, dass ein Mehrwert entstehen könne durch die Nutzung der vorhandenen Skurrilitäten die der Postmoderne Bau biete. Neu könne man nie einen solchen Glastrichter entwerfen, aber hier ist er bereits gratis da – dieser soll künftig zu einem Palmengarten und Begegnungsraum für das ganze Haus werden. Das vorliegende Projekt habe mit seiner Weiterbaustrategie das Potential eine Referenz zu schaffen, zeigte sich Beat Aeberhard überzeugt.

Zum Verfahren

Der Einladung zum Studienauftrag im Dialogverfahren folgten sieben hochkarätige Büros. In einer zweitägigen Zwischenbesprechung wurden die Ansätze der Teams in der Halbzeit des Wettbewerbs mit einer grossen, namhaften Jury und vielen zusätzlichen Fachexperten diskutiert. Es war für alle Beteiligten ein grosser Lernprozess mit einer intensiven Dialogkultur, welche zu einer kollektiven Autorenschaft führe. Daraufhin erhielten alle Büros eine individuelle Rückmeldung zur Weiterarbeit. Astrid Staufer vom Siegesteam erklärte, das bereits der Zwischenbericht sehr gut ausgefallen sei. Dies führte dazu, dass sie in der weiteren Arbeit die Balance finden mussten, nicht zu viel und nicht zu wenig zu verändern.

Die Grundeigentümerin Seraina Investment Foundation hat die Firma Steiner AG mit der Arealentwicklung beauftragt, eine der bekannten Total- und Generalunternehmungen der Schweiz. Dies lässt einen auch etwas nervös werden. Denn so viele TU- und GU-Projekte, die wesentlich einfacher, nämlich als simple Neubauten erstellt wurden, leiden aus architektonischer Sicht. Hier sind zudem erschwerte Bedingungen voraussehbar, weil das Arbeiten mit der bestehenden Substanz viel Feingefühl benötigt und späte Entscheidungen, die teilweise erst während des Bauvorschrittes gefällt werden können, unabdingbar machen. Dem Siegerteam wünschen wir auf diesem Weg viel Kraft und Durchsetzungswillen. Für die Qualitätssicherung soll die Weiterentwicklung des Projektes zudem vom Beurteilungsgremium oder einem Ausschuss begleitet werden – diesen Entscheid begrüssen wir sehr.

Der Wettbewerb wurde in dieser Konsequenz auch mit einer BIM-Modellabgabe gekoppelt. Die fixe Entschädigung aller Teilnehmer ist mit CHF 85’000 entsprechend der grossen Aufgabenstellung und der geforderten BIM-Modellabgabe zu gering. Der effektive Aufwand dürfte sich für die Büros mit der Zwischenabgabe auf etwa das dreifache summieren. Dafür wuede aus den ersten BIM-Wettbewerben dazu gelernt: Für die Abgabe des digitalen Modells hatten die Büros nach Planabgabe noch einen weiteren Monat Zeit.

Siegerprojekt «In den Gärten» © Laurence Ziegler / Architektur Basel

«In den Gärten»

Aus landschaftsarchitektonischer Sicht überzeugt das Projekt und setzt die Aufgabenstellung raffiniert um. Das angedachte Palmhaus im verglasten Foyer, welches noch auf Machbarkeit geprüft werden muss, wäre eine interessante Ergänzung welche eine starke Verbindung vom Aussenraum nach Innen schaffen würde. Auch die kiemenartigen Gartenhöfe auf dem Dach sind ein willkommenes Supplement zu den Eigentumswohnungen. Diese privaten Grünräume versprechen nebst den öffentlichen eine hohe Wohnqualität. Die funktionale Gliederung an verschiedenen Öffentlichkeitsgraden des Freiraumentwurfs ist überzeugend. In Richtung Gartenstrasse wird der Freiraum grosszügig aufgeweitet und es entsteht ein öffentlicher Platz welcher stimmig in das Wegesystem eingebunden wird.

Vernissage Aeschenplatz 6 © Laurence Ziegler / Architektur Basel

Vernissage Aeschenplatz 6 © Laurence Ziegler / Architektur Basel

Vernissage Aeschenplatz 6 © Laurence Ziegler / Architektur Basel

Und zum Schluss: Wir werden an dieser Stelle demnächst ausführlicher über die weiteren Projekte berichten. Der Blick darauf lohnt sich.

Artikel: Laurence Ziegler und Christina Leibundgut, Architektur Basel


Info Ausstellung

Modell, Pläne und Visualisierungen von „In den Gärten“ und allen anderen am Studienauftrag beteiligten Projekte können noch bis diesen Donnerstag, 7. Dezember am Aeschenplatz 6 besichtigt werden. Zugang zur Ausstellung erhält man innerhalb der Geschäftszeiten (Mo.- Fr. 09:00-12:00 und 13:00-17:00). Im Glaseingang muss an der Klingelanlage bei der Firma Steiner AG angeklopft werden, damit sich die Türe öffnet.

 

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