«Eine Grotte, ein Nest oder ein Ameisenhaufen» – Planungspartner präsentieren das neue städtebauliche Leitbild fürs Klybeck

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«Die Stadt ist ein Naturgebilde wie eine Grotte, ein Nest oder ein Ameisenhaufen. Aber sie ist zugleich ein seiner selbst bewusstes Kunstwerk, das in seiner Kollektivstruktur viele einfachere und individuellere Kunstwerke enthält.» Das einprägsame Zitat des amerikanischen Architekturtheoretikers, Lewis Mumford, regt die Fantasie an. Es steht prominent auf Seite sechs des städtebaulichen Leitbilds für das Klybeck-Areal. Tatsächlich beginnt im Norden Basels für eine «grosse Grotte, ein Nest oder ein Ameisenhaufen» ein neues Kapitel: Die Planungspartner Kanton Basel-Stadt, Swiss Life und Rhystadt haben heute gemeinsam mit Regierungspräsident Beat Jans und Regierungsrätin Esther Keller das neue Leitbild klybeckplus präsentiert. Es soll zeigen, wie sich bisher abgetrennte Stadtteile verbinden, zusätzliche Wohn-, Arbeits- und Lebensräume entstehen und wo neue Grünflächen und Freiräume vorgesehen sind. Kernelemente der Transformation des Klybeck-Areals zu «einem offenen, grünen und durchmischten Stadtteil» sind gemäss Medienmitteilung der «nachhaltige Umgang mit Ressourcen, eine stadtverträgliche Mobilität sowie die Erfordernisse einer klimaangepassten Stadt.»

Situationsplan © Kanton Basel-Stadt, Rhystadt AG, Swiss Life AG

Es ist ein eindrückliches Areal mit enormem Potential. Das Klybeck-Areal ist mit knapp 30 Hektaren das grösste Transformationsareal in Basel. Es soll zusammen mit der Hafen- und Stadtentwicklung am Klybeck- und Westquai «einen grossen Beitrag an das Freiraum- und Wohnangebot und für das Gedeihen des ganzen Kantons» leisten. Das neu erarbeitete Städtebauliche Leitbild ist der Orientierungsrahmen für den Bebauungsplan, der in den nächsten Jahren erarbeitet wird. «Mit diesem Leitbild wird die Transformation des Klybeck-Areals zu einem durchmischten und grünen Stadtteil gelingen – einem Stadtteil der kurzen Wege für die Bevölkerung, wo sich Wohnen, Arbeit, Bildung, Kultur, Erholung und Sport gegenseitig ergänzen», sagt Regierungsrätin Esther Keller, die Vorsteherin des Bau- und Verkehrsdepartements bei der Präsentation des umfassenden, rund 140-seitigen Berichts.

Das Leitbild beschreibt die Eckpunkte der Entwicklung in Themen wie Frei- und Grünräume, Wohnen und Arbeiten, Mobilität, Städtebau sowie Nachhaltigkeit und Umwelt. Es zeigt auf, wie ein «lebenswerter Stadtteil für die Baslerinnen und Basler» zustande kommen kann. So entsteht mit der Klybeckmatte ein neuer Park an der Wiese und auch am Rhein ist mit der Rheinterrasse ein neuer Park eingeplant. Die Grün- und Freiflächen würden durch verdichtetes Bauen bei den Wohn- und Gewerbebauten erreicht. «Der neue Stadtteil soll ein Leuchtturm der Innovation, des Klimaschutzes und ein Vorbild in der Energiegewinnung werden. Ziel ist es, dass der Grossteil der benötigten Energie im Stadtteil selbst produziert wird. Die Sonne und der nahe Rhein sollen unter anderem als Energiequellen genutzt werden», erklärt Regierungspräsident Beat Jans. Ein Vorzeigequartier also. Mit der Transformation wird das Gebiet zwischen Rhein und Wiese geöffnet und die beiden Flussläufe verbunden. Zu den rund 300 heutigen Bäumen kommen rund 1800 neue dazu. Im zukünftigen Stadtteil wird es Wohnungen für 8’500 Einwohnerinnen und Einwohner und Platz für 7’500 Arbeitsplätze haben. Ein Drittel der Wohnungen wird preisgünstig sein. Was heisst das? Die genaue Definition von preisgünstig wird wohl noch für politische Diskussionen sorgen. Im Raum steht die Idee von Mietpreisen nach dem Modell der Kostenmiete.

Die Mehrheit der Bestandesbauten werden bis 2040 abgerissen © Kanton Basel-Stadt, Rhystadt AG, Swiss Life AG

In Blau die Neubauten, in Violett der Bestand © Kanton Basel-Stadt, Rhystadt AG, Swiss Life AG

Die Transformation folge städtebaulich einer Weiterentwicklung der bestehenden Quartiere. Leider bleiben nur wenige der eindrücklichen Industriebauten erhalten. Ein Grossteil der bestehenden Bausubstanz wird der Abrissbirne zum Opfer fallen. Aktuell lernen wir dank Countdown 2030 im S AM wie wichtig das Vermeiden von Abriss ist. Auf dem Klybeck scheint die Botschaft noch nicht ganz angekommen zu sein. «Mit den vielen Grünflächen, dem Umgang mit den Oberflächen im Sinne der Schwammstadt, einem innovativen Wassermanagement und einer Energieversorgung ohne fossile Brennstoffe soll der Stadtteil, der das heutige Klybeck-Quartier erweitert, in Sachen Klimaschutz vorbildlich sein» und soll damit einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Leider gilt das nur bedingt für die graue Energie der Bestandesbauten. «Wir sind überzeugt, dass mit diesem Städtebaulichen Leitbild eine tragfähige und qualitativ hochwertige Grundlage für die nächsten Schritte bereitsteht. Von der Entwicklung im Klybeck-Areal sollen nämlich nicht nur die künftigen Bewohnerinnen und Bewohner, sondern auch die angrenzenden Quartiere und die ganze Stadt profitieren», fasst Beat Aeberhard, Kantonsbaumeister des Kantons Basel-Stadt, den Inhalt des Leitbilds zusammen. Beteiligung werde auch in Zukunft grossgeschrieben Die drei Planungspartner Kanton Basel-Stadt, Swiss Life und Rhystadt haben das Leitbild zusammen mit dem interdisziplinären Planungsteam Diener & Diener Architekten, Vogt Landschaftsarchitekten, den Verkehrsfachleuten von Gruner und dem Kurator Martin Heller sowie unter Beizug eines fachlichen Begleitgremiums erarbeitet.

Blick von der Wiese auf das Areal © Kanton Basel-Stadt, Rhystadt AG, Swiss Life AG

Auch die Mitsprache der Bevölkerung habe einen hohen Stellenwert. Beispiele dafür, welche Anregungen aus der Bevölkerung in das Leitbild eingeflossen sind, seien die Vergrösserung der Klybeckmatte und der Rheinterrasse sowie der vorgesehene Nutzungsmix von Wohnen und Arbeiten, der sich den Bedürfnissen der Bevölkerung anpassen kann, aber auch die Parkierung von Velos und Autos in unterirdischen Sammelgaragen. Auch im weiteren Prozess wird die Bevölkerung einbezogen, sei es über die Mitsprache bei der Nutzungsplanung und beim Bebauungsplan oder beim durch die Kantons- und Stadtentwicklung geleiteten Prozess des Quartierentwicklungskonzepts.

Wie geht es weiter? Das Leitbild ist die Grundlage für die weitere Transformation des Klybeck-Areals – es ist die Basis für die Nutzungsplanung sowie für den angestrebten Städtebaulichen Vertrag zwischen dem Kanton Basel-Stadt und den Grundeigentümerinnen. Die Nutzungsplanung vertieft Freiraum, Mobilität, Umwelt und Städtebau. Sie wird in Form von Zonenänderungen und eines oder mehrerer Bebauungspläne öffentlich aufgelegt und vom Grossen Rat beschlossen werden. Ein Elefant steht weiterhin im Raum: Die Intiative «Basel baut Zukunft», die auf dem Areal 50 Prozent gemeinnützigen Wohnungen und eine klimaneutrale Entwicklung fordert, wird in der Medienmitteilung mit keinem Wort erwähnt. Nachdem die Projektentwickler bei der Bekämpfung der Initiative auf juristischem Weg gescheitert sind, dürften aktuell im Hintergrund weitere Verhandlungen geführt werden. «Ein weiteres Kapitel für die zukunftsweisende Stadt- und Arealentwicklung im Klybeck ist geschrieben», heisst es im Vorwort des Leitbilds. Weitere Kapitel werden erst geschrieben. Forsetzung folgt. Oder mit den Worten von Lewis Mumford: «Die Stadt ist zugleich ein materielles Instrument des Kollektivlebens und ein Symbol der Ziele und Vorstellungen jener Gemeinschaft, die unter so günstigen Bedingungen leicht entsteht. Mit einem Wort: Vielleicht ist die Stadt das grösste Kunstwerk des Menschen.»

Quelle: www.klybeckplus.ch

weitere Infos zum städtebaulichen Leitbilds > LINK

 

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