Kollhoff, Caruso, Lampugnani und Co: Breiter Widerstand gegen Pläne der Roche

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Es regt sich Widerstand. Nachdem der kantonale Denkmalrat den Plänen der Roche auf dem Südareal zwischen Grenzacherstrasse und Rhein mit Ablehnung begegnet ist, formiert sich nun in Form einer Petition eine breite Front gegen den Abbruch der bedeutenden Baudenkmäler auf dem Firmenareal. Die Liste der Erstunterzeichnenden ist eindrücklich. Es finden sich zahlreiche prominente Namen wie die Architekten Hans Kollhoff, Adam Caruso, Andreas Hild, Vittorio Magnago Lampugnani oder die Kunsthistoriker Philip Ursprung, Dorothee Huber und Stanislaus von Moos. 

Firmengeländer der F. Hoffmann-La Roche AG im Jahre 1964 © Swissair Photo AG, Basel

Sie alle fordern von der Pharmafirma einen verantwortungsvollen Umgang mit ihrem baukulturellen Erbe. Die Petition verstehe sich als «Appell zu einer nachhaltigen und verantwortungsvollen Baukultur». Auch die Frage der Ökologie sprechen die Initianten an: «In einer Zeit, die zukunftsweisende Nachhaltigkeitskonzepte und umweltverträgliches Bauen erfordert, plant F. Hoffmann-La Roche den Abriss aller historischer Bauten auf dem Basler Südareal», heisst es in der Einleitung kritisch. Die einzige Ausnahme sei die repräsentative Hauptverwaltung von Otto Rudolf Salvisberg (1935-36), die gemäss aktuellen Plänen erhalten bleiben soll.

Axonometrie Bürohochhaus, Roche Bau 52, 1957–1960 © Roland Rohn

Abgebrochen soll das «elegante, an amerikanischen Vorbildern orientierte» Hochhaus (1958-60) von Roland Rohn. Für die ExpertInnen ist klar: «Diese Bauwerke der damaligen Roche-Chefarchitekten Salvisberg und Rohn haben nationale und internationale Bedeutung und sind im Schweizerischen Inventar der Kulturgüter der höchsten Kategorie gelistet.» Sie spiegeln ein Stück der Erfolgsgeschichte von F. Hoffmann-La Roche und sind «wegweisende Industrie- und Bürobauten» der dreissiger bis sechziger Jahre.

Roche Südareal © Architektur Basel

Ausserdem wird der geplante Abbruch von Salvisbergs Fabrikbau (Bau 27, 1936-37) mit seiner aus der Betonkonstruktion entwickelten Gestaltung – charakteristischen Pilzstützen und flexiblen Grundrissen – scharf kritisiert. Er gehöre zu den international rezipierten Ikonen der Industriearchitektur und des Neuen Bauens in einer Reihe mit der Van Nelle Fabrik in Rotterdam oder den Konstruktionen von Robert Maillart. «Hier wurde eine architektonische Corporate Identity entwickelt, die bis heute das architektonische Gesicht des Weltkonzerns prägt. Das alles soll nun einem weiteren Hochhausturm von Herzog & de Meuron weichen. Deshalb: Weiternutzen-Weiterbauen statt Tabula Rasa». Die Petition mündet in den folgenden vier Forderungen:  

  • Appell zu einer nachhaltigen und verantwortungsvollen Baukultur durch F. Hoffmann-La Roche
  • Respekt vor den historischen Bauten von nationaler und internationaler Bedeutung
  • ernsthafte Prüfung von Alternativkonzepten
  • ergebnisoffener internationaler Architekturwettbewerb

Visualisierung Roche_Südareal © F. Hoffmann-La Roche Ltd

Insbesondere die Forderung nach einem Architekturwettbewerb trifft tatsächlich einen wunden Punkt, da sie sich mit der Forderung des offiziellen Basler Hochhauskonzepts deckt, wonach bei Hochhausprojekten ein Wettbewerb oder Studienauftrag erforderlich sei. Bei der Roche kam dieser Passus bisher nicht zur Anwendung – was letztlich die Glaubwürdigkeit des Hochhauskonzepts untergräbt. Der breite Widerstand zahlreicher renommierter Persönlichkeiten aus Architektur und Kunstgeschichte setzt auf jeden Fall ein Zeichen. Ob das genügt? Wenig überraschend fehlen die lokalen Grössen. Die Bereitschaft sich in dieser Frage zu exponieren, scheint gering zu sein. Zu heiss ist das Eisen. Auf jeden Fall macht die Petition deutlich, dass die Roche bei ihrem Bauvorhaben mit bisher nie dagewesenem Widerstand zu rechnen hat.

Text: Lukas Gruntz / Architektur Basel

Link zur Online-Petition > https://www.change.org/p/f-hoffmann-la-roche-weiternutzen-weiterbauen-statt-tabula-rasa-rettet-die-basler-roche-bauten


VERANSTALTUNGSHINWEIS
Morgen Mittwoch 4. November 2020 um 19:00 findet ein Onlinegespräch zum Thema statt. Organisiert wird der Anlass von Architektur Dialoge.
Livestream auf Youtube > https://youtu.be/-j0Z8iogjDc
 
auf dem Podium:
• Jürg Erismann, Leiter Roche Standort Basel/Kaiseraugst
• Dorothee Huber, Kunsthistorikerin, Mitglied Denkmalrat
• Pierre de Meuron, Architekt, Herzog & de Meuron
• Bernd Nicolai, Architekturgesch. & Denkmalpfl. Univ. Bern, Initiator der Petition
• Moderation: Dieter Kohler, SRF-Regionalredaktion Basel

• Einführung: Sarah Barth, Architektur Dialoge

 

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