Salamitaktik im Klybeck?

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«Salamitaktik führt nicht zum Ziel.» Mit diesen kritischen Worten meldet sich das Initiativkomitee «Basel baut Zukunft» in einer Medienmitteilung zu Wort. Sie beziehen sich darin auf einen Artikel in der BZ, wonach auf dem Klybeck-Areal kleinere Parzellen zeitnah umgezont werden sollen. Was steckt hinter dem Vorwurf der «Salamitaktik»? Wir haben bei der Eigentümerschaft nachgefragt.

Es soll Bewegung kommen ins Klybeck-Areal. Zumindest, wenn es nach dem Willen der Planungspartner geht. Anstatt die langwierigen Planungsprozesse, die Erarbeitung eines städtebaulichen Leitbilds und der Bebauungspläne komplett abzuwarten, soll dank Artikel 106 des kantonalen Bau- und Planungsgesetzes eine Abkürzung genommen werden. Der Artikel besagt, dass Bebauungspläne, «die weniger als 4000 m2 Grundstücksfläche umfassen und das von diesem Gesetz festgelegte Mass der baulichen Nutzung nicht vergrössern» direkt vom Regierungsrat genehmigt werden können. «Falls allerdings eine rechtsgültige Einsprache gegen geplante Umzonungen oder vorgelegte Bebauungspläne eingeht, entscheidet letztlich der Grosse Rat über die planungsrechtliche Massnahme und die Beantwortung der Einsprache.» Damit bleibt gewährleistet, dass die Legislative nicht übergangen wird. Auf Anfrage von Architektur Basel bestätigt die Eigentümerschaft die Absicht: «Die Planungspartner von klybeckplus, namentlich die Swiss Life AG, die Rhystadt AG und der Kanton BS, prüfen momentan gemeinsam, ob dieses Verfahren im Rahmen des Gesamtkonzepts klybeckplus eine Möglichkeit darstellt.» Es solle damit aber auf keinen Fall die gesamtheitliche Planung des Areals unterlaufen werden: «Ein solches Verfahren kann nicht losgelöst vom Gesamtprozess stattfinden, sondern muss sich am städtebaulichen Leitbild orientieren, welches zurzeit erarbeitet wird.»

«In den Zwischennutzungen entstehen die innovativen und kreativen Projekte, die den Planerinnen und Planern vorschweben.»

Vision Klybeck © kühne wicki + KOSMOS Architects

Es stellt sich die Frage, weshalb Bebauungspläne für einzelne, kleinere Flächen forciert werden. Macht das Sinn? Die Initianten von «Basel baut Zukunft» sind skeptisch und präsentieren einen Alternativvorschlag: «Zum §106 gibt es aus stadtentwicklerischer Sicht eine gute Alternative: die Möglichkeit der Zwischennutzung, die noch schneller als Projekte nach §106 für eine Belebung sorgen. In den Zwischennutzungen entstehen die innovativen und kreativen Projekte, die den Planerinnen und Planern vorschweben.» Die Initianten befürchten, dass durch das beschleunigte Vorgehen planungsrechtliche Tatsachen geschaffen werden könnten und dabei die Mitwirkung auf der Strecke bleibt. «Klybeck plus» schreibt dazu auf Anfrage von Architektur Basel: «Die Planungspartner prüfen momentan gemeinsam, ob ein solches Verfahren im Rahmen des Gesamtprojekts überhaupt sinnvoll ist. Der Kanton ist dafür verantwortlich, dass die öffentlichen Interessen im Rahmen des Gesamtprozesses (städtebauliches Leitbild und städtebaulicher Vertrag) gewahrt bleiben.»

Zurück zum Vorwurf der «Salamitaktik», wonach Stück für Stück kleinere Grundstückflächen umgezont werden sollen, um weniger direktdemokratische Angriffsfläche zu bieten. Die Projektpartner weisen diesen Vorwurf vehement zurück: «Davon kann überhaupt nicht die Rede sein. Mögliche Umzonungen müssen zwingend Teil des städtebaulichen Leitbildes sein. Nur wenn sie in das Gesamtkonzept des städtebaulichen Leitbildes passen und alle Bedingungen erfüllt sind, die der Kanton vorgibt, ist eine Umzonung überhaupt möglich. Das städtebauliche Leitbild und der städtebauliche Vertrag sind hier richtungsweisend und Umzonungen sowie Bebauungspläne müssen sich nach dem Gesamtkonzept und dem Gesamtprozess richten.»

«Wir sind der Auffassung, dass die Initiative etwas Unmögliches verlangt, Bundesrecht verletzt und deshalb ungültig ist.»

Vision Klybeck © kühne wicki + KOSMOS Architects

Handelt es sich um einen Sturm im Wasserglas? Dass die Situation zwischen Initianten, Quartierbevölkerung und Areal-Eigentümerschaft zunehmend angespannt ist, zeigt sich mitunter darin, das die Volksinitiative «Basel baut Zukunft», die auf dem Areal 50% gemeinnützigen Wohnraum fordert, von der Eigentümerschaft juristisch bekämpft wird. «Wir sind der Auffassung, dass die Initiative etwas Unmögliches verlangt, Bundesrecht verletzt und deshalb ungültig ist», heisst es seitens Investoren. Wenn «50% gemeinnütziger Wohnraum» etwas  «Unmögliches» sein soll, dann haben die Stimmberechtigten der Stadt Zürich mit ihrem Volksentscheid im Jahr 2011 ein kleines, demokratisches Wunder vollbracht: Bis ins Jahr 2050 muss dort der Anteil von gemeinnützigen Wohnungen an den Mietwohnungen auf einen Drittel erhöht werden. So geht das.

Text: Lukas Gruntz / Architektur Basel

 

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