Save the Block! Vision für den Erhalt des Lysbüchel-Parkhauses

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Es steht wie ein Fels in der Brandung. Rundherum wird fleissig abgebrochen und neu gebaut. Die Rede ist vom Parkhaus auf dem Lysbüchel-Areal. Es ist ein besonderer Zeitzeuge, der einiges von der industriellen Geschichte des Quartiers erzählt. Die Gruppe «Save the Block» macht sich für dessen Umnutzung stark. Möglich wäre es. Sie legen eine radikale Vision zum Erhalt und Transformation des Parkhauses vor – und zeigen auf, wieso diese Variante dem Reuse von Bauteilen vorzuziehen ist.

Rationelle Betonstruktur mit Potenzial © Atelier Neume

Reuse versus Erhalt
Das Parkhaus aus den 1970er-Jahren ist ein Stück industrieller Baukultur. Es besteht aus einem System vorfabrizierter und vorgespannter Rippenplatten der Firma Stahlton. Die Elemente wurden vor Ort mit einem Überbeton vergossen. Die Fugen verfüllte man mit Feinbeton.  Das System ist bei geringem Materialverbrauch äusserst robust und leistungsfähig. Je nach Typ kann es Spannweiten bis 16 Meter überbrücken und Nutzlasten bis 1500 Kilogramm pro Quadratmeter aufnehmen. Es ist also ein Alleskönner. Aktuell finden sich die Betonelemente im Bauteilkatalog von Immobilien Basel-Stadt wieder. Sie sollen demontiert und wiederverwendet werden. Dazu werden die Bauteile voneinander losgeschnitten und die Bewehrung so weit wie nötig freigelegt, damit sie bei einer Wiederverwendung erneut vergossen werden kann. Stereo Architektur haben zusammen mit Bauingenieur Giotto Messi von Schnetzer Puskas und Zirkular bei ihrem Wettbewerbsbeitrag für einen Wohnungsbau auf dem benachbarten Baufeld 5 das Reuse erprobt und bilanziert. Im Vergleich zum Neubau könnten dadurch rund 75% der CO2-Emmissionen – fast 800 Tonnen CO2 – eingespart werden. Das ist nicht schlecht. Die Wiederverwendung hat jedoch auch Nachteile: Das Schneiden vor Ort ist aufwändig und verursacht über mehrere Monate hohe Lärmemissionen. Demgegenüber steht der Erhalt der Struktur, die aus insgesamt 7’000 Kubikmeter Beton besteht. Würde man den Rohbau heute neu erstellen, würden fast 3’000 Tonnen CO2 emittiert. Zum Vergleich: Das entspricht der Klimakompensation von über 15’500 Flugreisen einer Person von Basel nach Barcelona. Wenn die politische Priorität auf der Senkung der Treibhausgasemissionen liegt, sollte der Erhalt des Parkhauses dem Reuse unbedingt vorgezogen werden.

Wettbewerbsbeitrag Baufeld 5: Wohnung in der Betonstruktur des Parkhauses © Stereo Architektur

Vision Transformation
Das Parkhaus hat Potenzial in jeder Hinsicht: Ökologie, Charakter, Ortsbezug. Der Kanton Basel-Stadt könnte hier ein Vorzeigeprojekt des klimaneutralen Bauens realisieren. Die Vision von «Save the Block» sieht ein Mixed-Use-Gebäude vor, das von der rationellen, nutzungsoffenen Struktur des Bestandes profitiert. Gewerbe, Bildung, Sport oder Büro finden im Parkhaus Platz. Die Obergeschosse sind befahrbar und durch Autorampen effizient erschlossen. Sie eignen sich dadurch ideal für Kleingewerbe, das aus der Stadt mehr und mehr verdrängt wird. Die darüberliegenden offenen Grundrisse mit grosser Raumhöhe sind für Büros perfekt zugeschnitten. Sie können flexibel ausgebaut und unterteilt werden. Zuoberst gibt es neuen Wohnraum: Die Struktur ist ausreichend stabil, womit eine Aufstockung in leichter Holzbauweise gut machbar ist. Eine weitere Nutzungsmöglichkeit sind zusätzliche Flächen für die benachbarte Primarschule, die bereits heute zu klein für die zukünftige Entwicklung des Quartiers ist. Das transformierte Parkhaus bietet zudem einen Mehrwert für das ganze Quartier: Dort, wo sich künftig der Quartiersplatz befindet, wird das Parkhaus zum dreidimensionalen Grünraum. Ein Park mit verschiedenen Ebenen leistet mehr als die aktuell geplante Freifläche. Es wird ein vertikaler, öffentlicher Freiraum. Das Gute daran: Er muss nicht gebaut, sondern nur aktiviert werden.

Grundriss 2. Obergeschoss Parkhaus © Save the Block

Axonometrie einer möglichen Nutzungsverteilung © Save the Block

Städtebau in der Klimkrise
In Anbetracht der Klimakrise sind 3’000 Tonnen CO2 mehr als nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Es geht auch um die Frage der Verhältnismässigkeit: Anstelle des Parkhauses mit seinen rund 23’000 Quadratmetern Geschossfläche sieht der Bebauungsplan einen Neubau mit 26’600 Quadratmetern vor. Das sind lediglich 15 Prozent Mehrnutzung. Das transformierte Parkhaus könnte als Vorbild einer klimagerechten Bauweise zum Aushängeschild des neuen Quartiers werden. Der vertikale Grünraum schafft einen Mehrwert für das ganze Lysbüchel. Der aktuelle Städtebau, der den Abbruch vorsieht, ist bereits drei Jahre alt. Die Vorzeichen haben sich geändert. Einen runden Tisch aller Beteiligten würde die Gruppe «Save the Block» sehr begrüssen. Wir freuen uns darauf, unsere Vision im Dialog weiterzuentwickeln. Es ist an der Zeit, das Parkhaus neu zu denken.

Text: Lukas Gruntz (Architektur Basel) und Martin Risch (Stereo Architektur)

 

Zur Gruppe «Save the Block»
«Save the Block» heisst ein loser Zusammenschluss von ArchitektInnen und AktivistInnen, die sich für den Erhalt des Parkhauses auf dem Lysbüchel stark machen. Dabei sind Julia Büchel, Natalia Wespi, Ivo Balmer, Lukas Gruntz, Jonathan Hermann, Claudio Meletta und Martin Risch.

© Save the Block

 

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