Zwischen opulent und bieder: Der Märthof ist jetzt ein Hotel

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In den letzten jahren haben Burckhardt+Partner den historischen Märthof vollumfänglich saniert und ihn zum «exklusiven BoutiqueHotel» umgebaut, wie es in einer Medienmitteilung heisst: «Die Architekten haben sich von der Vision leiten lassen, das Gefühl des Reisens und eines Hotelaufenthalts in den 1920erJahren zu vereinen mit einer zeitgenössischen ArchitekturspracheWir haben einen gwundrigen Blick in Basels neustes Hotel geworfen.

Der Märthof: Das neue Hotel am Marktplatz © Coop

«Die architektonische Idee greift eine der ursprünglichen Nutzungen des Märthof als Wirtschaft wieder auf und erweitert sie», schreiben die Architekten. Mit dem Konzept zur Umgestaltung des zuletzt als Interdiscount-Warenhaus genutzten Gebäudes in ein BoutiqueHotel mit Restaurant und Bar soll «die Basler Innenstadt neu belebt und Treffpunkt für Hotelgäste wie Bevölkerung» werden. Die Frage sei erlaubt, ob ausgerechnet der quicklebendige Marktplatz «neu belebt» werden muss? Die Architeken haben mit «dieser Vision einen vitalen Stadtbaustein entworfen und geschaffen, der auch abends den historischen Marktplatz mit Leben erfüllt». Visionen muss man haben. Die Aussenbestuhlung auf dem Trottoir schafft auf jeden Fall eine einladendende Piazza-Atmosphäre.

«Die Fassade wurde freigespielt, da alle funktionalen Räumlichkeiten für den Hotelbetrieb zentral um den Erschliessungskern des Gebäudes angeordnet sind

Durch den Bogen: Der Zugang auf die Dachterrasse ist elegant gelöst © Coop

Das 1897 von Architekt Heinrich Tamm erstellte Haus ist durch bauliche Eingriffe während verschiedener Stilepochen geprägt und verändert worden. Die Fassade referenziert hauptsächlich den Neobarock. In den 1980erJahren wurden die einst fünf unabhängigen Bauten zu einem Gebäude vereint. Nun sind im Innern des Hotels die Übergänge zwischen den einzelnen Nutzungsbereichen im Erdgeschoss Empfangsbereich, Bar, Restaurant offen gestaltet, «wodurch die Raumabfolge grosszügig und ohne Unterbrüche wahrgenommen» werden soll.

«Weshalb in einem Haus von 1897 das Lebensgefühl der 1920er aufleben soll, bleibt schleierhaft. Das wirkt  aufgesetzt und eigenartig angestrengt.»

Die Zimmer sind eigenartig bieder: Liegt es an den vielen Beige- und Brantönen? © Coop

Typologisch gingen die Architekten folgendermassen vor: Die Fassade wurde freigespielt, da alle funktionalen Räumlichkeiten für den Hotelbetrieb zentral um den Erschliessungskern des Gebäudes angeordnet sind. Das architektonische Konzept löse «damit die Grenzen von Innen und Aussen auf«, wie Burckhardt+Partner schreiben. In fast schon Copperfield’scher Manier werden hier die physikalischen Gesetz aufgelöst… Beim Augenschein vor Ort erzeugt die Lochfassade dann doch relativ konventionelle Innenräume und Zimmer. Copperfield war nicht am Werk. Schade. Exklusiv ist hingegen die Dachterrasse: Sie bietet einen einzigartigen Blick über die Stadt.

Terrace with a view: Die neue Dachterrasse bietet einen besonderen Blick über die Altstadt © Coop

Die Fassade von 1897 «stilprägendes Wahrzeichen am Marktplatz» wurde mit der Sanierung sorgfältig restauiert: Die Farbwahl sowie Details neuer oder sich veränderter Fassadenteile sind mit Rücksicht auf die historische Bausubstanz und in engem Austausch mit der Denkmalpflege entwickelt worden. Die Innenarchitektur wirkt eigenartig opulent, übefrachtet und in Anbetracht der vielen Beige- und Brauntöne irgendwie bieder: «In Zusammenarbeit mit Iria Degen Interiors und Nader Interior ist ein exklusives Gesamtkonzept entstanden, das den Aufenthalt im Hotel zum Erlebnis macht und durch eine reichhaltige Innenarchitektur mit vielfachen Farbnuancen, üppigen Texturen und ausgewählter Möblierung das pulsierende Lebensgefühl der 1920erJahre aufgreift und in zeitgenössisches Design übersetzt.» Weshalb in einem Haus von 1897 das Lebensgefühl der 1920er aufleben soll, bleibt schleierhaft. Das wirkt aufgesetzt und eigenartig angestrengt. Zu viele verschiedene Leuchtentypen, Möbel und Oberflächenmaterialien finden zu keinem stimmigen Ganzen zusammen. «Üppig» ist nicht immer gut. Oder um Mies van der Rohe zu bemühen: «Less is more.» Architekturaficionados dürfte das Hotel Nomand von Buchner Bründler oder das neue Volkshaus Hotel von Herzog & de Meuron besser gefallen. Gesegnet ist, wer die Auswahl hat.

Der Bankettraum lässt die «roaring twenties» aufleben… © Coop

Quelle: Medienmitteilung Burckhardt+Partner

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