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Auf der Strecke geblieben: die Bahnwärterhäuschen | Baselbieter Baukultur #96

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Mit 108 Kilometern war die Bahnlinie von Basel bis Bern der längste Streckenabschnitt auf dem Netz der Schweizerischen Centralbahn SCB. Im Dezember 1854 wurde das Teilstück von Basel bis Liestal eröffnet. Danach führte die SCB die Strecke in mehreren Etappen zuerst bis Sissach, bis Läufelfingen und über Olten weiter, bis die Linie 1858 nach Bern fertiggestellt war. Entlang der oberen Hauensteinlinie baute die Bahn zudem zwölf Bahnwärterhäuschen. Diese dienten dazu, Signale weiterzugeben. Der Abstand der Häuschen entsprach nämlich genau der Distanz, auf der das akustische Signal mit Hörnern noch übertragen werden konnte. Dabei wurden die sich auf der Strecke befindlichen Züge einzeln von Haus zu Haus angekündigt.

Ehemaliges Bahnwärterhaus Sissach © Simon Heiniger / Architektur Basel

Ehemaliges Bahnwärterhaus Sissach © Simon Heiniger / Architektur Basel

Zwei typische Exemplare dieser Häuschen finden wir heute noch in Sissach und Itingen. Die beiden Normhäuschen orientieren sich architektonisch am Schweizer Heimatstil. Die Bauweise ähnelt dem typischen Chalet mit massivem Sockel- oder Erdgeschoss und einem hölzernen Aufbau in Blockbauweise. Im Gegensatz zum klassischen Chalet sind die massiven Sockel aber nicht verputzt, sondern in gestrichenem Sichtbackstein gehalten. Sowohl das Häuschen in Sissach, als auch jenes in Itingen verfügt über fein geschnitzte Zierbalken und ein umlaufendes Zahnfries, sowie detailliert ornamentierte Dachuntersichten und Gesimse, das Exemplar in Itingen gar noch über passend verzierte hölzerne Blumentröge.

Ehemaliges Bahnwärterhaus Itingen © Simon Heiniger / Architektur Basel

Ehemaliges Bahnwärterhaus Itingen © Simon Heiniger / Architektur Basel

Die Grundfläche beträgt 6.30 m × 7.50 m. Im Erdgeschoss gibt es eine Küche, ein Wohn- und Schlafzimmer. Das Bad und die Toilette sind in einem kleinen Anbau untergebracht. Im Obergeschoss gibt es zwei Dachkammern.

Die Entwürfe stammen vom Oberingenieur Kreis II, jener vom Häuschen in Itingen aus dem Jahr 1886. Gebaut wurden die Bahnwärterhäuschen 1904 in Itingen und 1910 in Sissach durch die Schweizerischen Bundesbahnen SBB. 1902 wurde das Netz der SCB in jenes der SBB integriert. Ein drittes ähnliches Gebäude soll in Lausen gestanden haben. Laut dem Baselbieter Heimatschutz ist jenes aber einem Strassenprojekt zum Opfer gefallen. Die beiden erhaltenen Häuschen wurden beide umgebaut; etwa sind einzelne Fenstergewände ersetzt oder gewisse Fassadenöffnungen gar ganz geschlossen worden.

Text: Simon Heiniger / Architektur Basel


Ehemaliges Bahnwärterhaus Sissach
Adresse: Hauptstrasse 127, 4450 Sissach
Architektur: Oberingenieur Kreis II
Baujahr: 1910
Funktion: Bahninfrastruktur / Bahnwärterhaus

Ehemaliges Bahnwärterhaus Itingen
Adresse: Parallelweg 31, 4452 Itingen
Architektur: Oberingenieur Kreis II
Baujahr: 1904
Funktion: Bahninfrastruktur / Bahnwärterhaus


Fotos:
– © Simon Heiniger / Architektur Basel
Quellen:
– Affolter, C. im Auftrag der Denkmalpflege BL (2003), Bauinventar Kanton Basel-Landschaft BIB, Gemeinde Sissach
– Affolter, C. im Auftrag der Denkmalpflege BL (2005), Bauinventar Kanton Basel-Landschaft BIB, Gemeinde Itingen
– Online-Archiv SGTI industriekultur.ch
– Baselbieter Heimatschutz heimatschutz-bl.ch

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